Kommentar von Thomas Weber,
Herausgeber von Biorama und Buchautor.
Jetzt oder nie: Die absehbare Getreideknappheit macht es unvermeidbar, die ohnehin viel zu hohen Tierbestände zu reduzieren. Angesichts drohender Hungersnöte ist es obszön und durch nichts mehr zu rechtfertigen, dass wir im großen Stil Getreide an Nutztiere verfüttern, welches auch gleich direkt und effizienter auf unseren Tellern landen könnte. Ja, auch im Bio-Bereich kommt viel zu viel Kraftfutter zum Einsatz. Und ja, das gilt auch für Fleisch aus Österreich. Vermutlich müssen wir auch unsere Ansprüche an Backgetreide herunterschrauben. Und unkonventionelle Versuche wagen, den Food Waste drastisch zu reduzieren. Zwar ist anzunehmen, dass die Verschwendung in den Haushalten (52 %) schnell abnimmt, wenn Lebensmittel nicht mehr zu Dumping- und Dauertiefpreisen verschleudert werden. Doch wenn der Handel weiterhin Gemüse und Obst aus optischen Gründen ablehnt, muss das Konsequenzen haben. Richtige Konsequenzen. Auch Rabattaktionen auf Billigfleisch lassen sich unterbinden. Die Politik sollte steuern – und Prämien für reduzierte Tierbestände auszahlen.
Es wird ohnehin alles teurer werden, auch durch Diesel- und Düngerpreise: Bier, Brot, Grundnahrungsmittel. Da wird sich auch völlig verblendeten Verwöhnten vermitteln lassen, dass die Karotten am Feld nicht alle gleich aussehen und dass es nie ein Menschenrecht aufs tägliche Schnitzel gab. Es lässt allerdings das Schlimmste befürchten, wie sofort reflexartig eine Abkehr vom Green Deal der EU gefordert wurde, die in ihrer Farm-to-Fork-Strategie Versorgungssicherheit, Artenschutz und den Kampf gegen die Klimakrise zusammenbringt. Eine reaktionäre Klientelpolitik des Weiter-wie- Bisher können wir uns nicht mehr leisten. Sie wäre verantwortungslos – und wider besseres Wissen.
- Bildquellen -
- Weber Thomas: Michael Mickl