LHStv. Geisler im Neujahrsinterview: „Im Großen und Ganzen zufrieden“

Zu Beginn des Jahres 2022 gibt Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler einen Rückblick auf das vergangene und einen Ausblick auf das neue Jahr.

Die GAP 2023-2027 bringt eine Umverteilung der Fördergelder von Großbetrieben hin zu Kleinbetrieben. Außerdem wird die Almwirtschaft künftig zusätzlich unterstützt.

Kurz vor Jahreswechsel wurde der nationale Strategieplan für die GAP 2023 bis 2027 nach Brüssel zur Genehmigung übermittelt. Wie schaut die Bewertung des Programms für die neue Förderperiode aus Sicht der Tiroler Landwirtschaft aus?

Quelle: Land Tirol
Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler

GEISLER: Wir können im Großen und Ganzen zufrieden sein – vor allem wenn man weiß, dass am Beginn der Verhandlungen in Brüssel eine Kürzung des Agrarbudgets stand. Jetzt verzeichnen wir in Österreich ein leichtes Plus. Weil die zweite Säule der ländlichen Entwicklung neuerlich gestärkt wurde und eine Förderobergrenze eingezogen wurde, steigt die kleinstrukturierte Landwirtschaft in Tirol etwas besser aus. Es gibt aber auch viele Neuerungen. Die bäuerlichen Familien und auch die Kammer in der Beratung werden in den nächsten Monaten sehr gefordert sein, für jeden Betrieb das beste Maßnahmenpaket zu schnüren.

Die GAP 2023-2027 bringt viele Neuerungen. Welche sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten?

GEISLER: Die Umverteilung von groß zu klein ist begrüßenswert. Mehr als ein Signal ist auch die zusätzliche Unterstützung für die Almwirtschaft. Davon werden die Tiroler Almbauern überproportional profitieren. Die ökologische Ausrichtung der Leistungsabgeltungen ist an sich nichts Neues, wurde aber noch einmal verstärkt. Wir müssen aber schon auch aufpassen, dass wir in Österreich weiterhin in ausreichendem Maße Lebensmittel für die Versorgung unserer Bevölkerung produzieren. Wenn sich Klimaschützer leere Ställe wünschen, weil Rinder Methan ausstoßen, und wir dann Lebensmittel im großen Stil importieren, hilft das dem Klima auch nicht. Gerade in Tirol müssen wir alles daransetzen, die Viehhaltung und damit die Bewirtschaftung des Grünlandes und die Bestoßung der Almen aufrechtzuerhalten.

Stichwort Almen – der Almsommer war geprägt vom Thema Wolf. Wie geht es hier weiter?

GEISLER: Wir haben neue gesetzliche Regelungen erlassen und ich habe einen Abschussbescheid unterschrieben, der aber vom Landesverwaltungsgericht nach einer Beschwerde des WWF aufgehoben wurde. Die Begründung war, dass nicht gewährleistet werden kann, dass wir den richtigen Wolf erwischen und genauere Erhebungen gemacht werden müssen. Das war bitter, zumal wir meiner Meinung nach österreichweit das beste Monitoring und die beste Datenlage haben. Ob die Höchstgerichte über unsere Revisionen entscheiden, weiß ich noch nicht. Ich werde hier jedenfalls weiterkämpfen.

Das Landesverwaltungsgericht hat nicht darüber entschieden, ob der Abschuss EU-konform wäre.

GEISLER: Leider ist diese Frage nicht behandelt worden. Wir müssen die EU-Ebene aber auf jeden Fall weiterbearbeiten. Alle Experten sagen, dass die Herabsetzung des Schutzstatus der Wölfe in Brüssel nahezu aussichtslos ist. Gemeinsam mit unseren Verbündeten wollen wir zumindest eine alpenweite Betrachtung des Erhaltungszustands erreichen. Wölfe sind ja auch im Alpenraum schon lange nicht mehr vom Aussterben bedroht. Um das auch dem EU-Umweltkommissar deutlich zu machen, brauchen wir ein einheitliches Monitoring im Alpenraum. Das haben wir auch in der Landes-agrarreferentenkonferenz und im Dreierlandtag beschlossen. Auch in der Arge Alp gibt es solche Beschlüsse, die wir jetzt mit konkreten Maßnahmen umsetzen wollen.

Wie geht es beim Herdenschutz weiter?

GEISLER: Was mich absolut ärgert, sind so lapidare Aussagen wie: „Macht’s Herdenschutz, dann gibt es kein Problem.“ Alle, die das behaupten, sind Schreibtischtäter. Wer Maßnahmen setzen will, erfährt jedenfalls die volle Unterstützung des Landes.

2022 ist das dritte Jahr in der Pandemie. Welche Auswirkungen hat Corona auf die Tiroler Landwirtschaft?

GEISLER: Die Tiroler Landwirtschaft ist ganz gut durch diese Gesundheits- und Wirtschaftskrise gekommen. Wir haben mit unseren Maßnahmen auf Landesebene – Stichwort Ausmerzprämie, Beihilfen zur Verwertung von Lagerbeständen bei Kartoffeln und Gemüse und Tiroler Forstpaket – vieles abfedern können. Und auch der Bund mit Ministerin Köstinger hat hochwirksame Hilfspakete geschnürt. Allein aus dem Härtefallfonds sind vier Millionen Euro an Tiroler Urlaub-am-Bauernhof-Betriebe geflossen. Die Tiroler Landwirtschaft hat zwei Millionen Euro an Investitionsprämien abgeholt.

Nach einer hervorragenden Sommersaison schaut es so aus, als würde die heurige Wintersaison wieder sehr, sehr schwierig.

GEISLER: Für den Wintertourismus ist die Situation wirklich unglaublich hart. Die neue Virusvariante hat Planbarkeit zu einem Fremdwort gemacht. Und die Landwirtschaft hängt da in vielen Bereichen mit dran. Wir werden die Situation sehr genau beobachten und wenn notwendig wieder eingreifen.

Kommen wir noch zu den Schwerpunkten, die das Land Tirol 2022 im Agrarbudget setzt.

GEISLER: Die budgetäre Situation des Landes ist nach Jahren des Nulldefizits nicht rosig. Aber es gibt keine Kürzungen beim Agrarbudget. Alle kofinanzierten Maßnahmen wie die Ausgleichzulage und das ÖPUL und auch im Forst werden wieder vollumfänglich finanziert. Wir werden die Landesschwerpunkte in der Investitionsförderung im Bereich Tierwohl, aber auch in der Direktvermarktung weiterführen. Im April wird die Landesförderung für die Milchkuhalpung für das vergangene Jahr ausbezahlt. Wir überweisen 2,7 Millionen Euro an rund 1.000 Berechtigte. Die 2020 neu eingeführte Landesförderung für die Milchkuhalpung läuft genauso weiter wie die Förderung der Inlandsvermarktung von Kälbern. Dieses Projekt hat sich gut entwickelt und entschärft auch die Diskussion um die Kälbertransporte. Die Landwirtschaft hat mit LH Günther Platter einen verlässlichen Partner, der weiß, was die bäuerlichen Familien tagtäglich leisten.

Erwähnen möchte ich noch die neue Landesförderung für den Netzzutritt. Der Errichtung größerer PV-Anlagen in der Landwirtschaft ist bislang oft an den Kosten für den Netzzutritt gescheitert. Mit dieser Förderung wollen wir die landwirtschaftlichen Betriebe angesichts steigender Energiepreise stärken. Es soll nicht nur der eigene Betrieb mit Strom versorgt werden. Die Energieernte auf den Dächern soll ein weiteres wirtschaftliches Standbein werden.

Man hat den Eindruck, als würde die Stimmung in der Bevölkerung aggressiver, die Fronten verhärten sich.

GEISLER: Es ist tatsächlich so, dass sich nicht nur in der Gesellschaft, sondern selbst innerhalb von Familien wegen Corona Gräben auftun. Dabei haben wir doch alle gemeinsam ein Ziel: Wir wollen dieser Pandemie so schnell wie möglich ein Ende bereiten. Dieses gemeinsame Ziel sollten wir genauso wenig aus den Augen verlieren wie die Belastung für das Gesundheitspersonal oder die Polizei. Der Feind, den es zu bekämpfen gilt, ist das Virus.

- Bildquellen -

  • LandTirolGeislerAlm 1: Land Tirol
  • Baeuerin Stallarbeit 55 ID87462: agrarfoto.com
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AUTORred. HP
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