Die Hälfte des Waldbestandes am Betrieb von Familie Kellner im Waldviertel im
Norden Niederösterreichs ist in den vergangenen Katastrophenjahren dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Auch wenn es daher momentan viel Arbeit und kaum Ertrag gibt, sehen die Kellners die Zukunft ihrer Waldwirtschaft positiv.
Hart an der Grenze zu Tschechien liegt Oberndorf, eine Katastralgemeinde der Stadtgemeinde Raabs an der Thaya, wo Familie Kellner ihre Land- und Forstwirtschaft führt. „Ich war immer ein leidenschaftlicher Waldarbeiter, darum haben wir in diese Bertriebssparte besonders investiert“, erzählt Reinhard Kellner. Als er den Betrieb von seinen Eltern übernommen hat, gehörten gerade einmal sechs Hektar Wald dazu. Doch mit Fleiß und seiner Leidenschaft für die Forstwirtschaft hat er im Laufe der Jahre mehr und mehr Wald zugekauft. So bewirtschaften er, seine Frau Leopoldine und Sohn Harald heute neben rund 100 Hektar Ackerflächen auch 65 Hektar Forstflächen. Vor 15 Jahren, 2004, wurde die Tierhaltung aufgrund der beengten Hoflage mitten im Dorf aufgegeben.
Die neu erworbenen Waldflächen hatten eine Gemeinsamkeit: Meist waren diese über längere Zeit ungenutzt und entsprechend wenig gepflegt. Mit Ausdauer und Geschick nahmen Kellner und seine Frau die Herausforderungen an, arbeiteten Hektar für Hektar die Durchforstungsrückstände ab. Doch lange sollte die Freude nicht dauern: Drei aufeinanderfolgende, besonders niederschlagsarme Jahre und das Auftreten des Borkenkäfers setzten den Bäumen arg zu. Mit der kräftigen Vermehrung des Schädlings nahm eine bis dato kaum vorstellbare Katastrophe ihren Anfang. Insgesamt rund 20.000 Hektar Kahlschlagsflächen blieben in den Jahre 2017 bis 2019 alleine im Waldviertel zurück.
„Über Nacht hat der Käfer die nächsten Bäume befallen“
Auch Reinhard, Leopoldine und Harald Kellner waren gefordert. Der Käfer habe sich binnen eines Monats rasant vermehrt, sei „in schwarzen Wolken über unsere Bäume hergefallen“. Es galt, die betroffenen Bäume möglichst rasch aus dem Wald zu entfernen. „An einem Tag hatten wir in einem Waldstück sämtliche Käferbäume geschlägert. Über Nacht hat der Borkenkäfer weitergewütet. Am nächsten Tag ist aus den nächsten Bäumen das Bohrmehl herausgerieselt“, erinnert sich Reinhard Kellner mit Schrecken an diese Zeit. Arbeitskräfte oder schlagkräftige Forstmaschinen für die Arbeit zu bekommen, war unmöglich. Die Kellners entschlossen sich daher, selbst einen gebrauchten Harvester anzukaufen. Diese Investition habe sich gelohnt, ist Harald Kellner überzeugt. So sei es gelungen, zumindest kleinere Teilflächen zu retten.
Die Käferkalamität zog letztlich große finanzielle Einbußen nach sich. „Der Holzpreis ist über Nacht in den Keller gefallen. Für Faserholz, das beim Blochholz mitgeliefert wurde, mussten wir teilweise zwei Euro Manipulationsgebühr draufzahlen“, berichtet Reinhard Kellner heute noch enttäuscht vom unfairen Verhalten der Sägeindustrie. Immerhin: Die Familie hält einige Anteile am Nahwärmewerk in Raabs an der Thaya, mit dem insgesamt zehn Bauern der Region alle öffentlichen sowie 25 private Gebäude in der Stadtgemeinde mit umweltfreundlicher Wärme versorgen. „Aber alles Schadholz konnten wir leider nicht unterbringen“, sagt Harald Kellner. Einiges Holz sei im Wald liegen geblieben, riesige Mengen an Hackschnitzeln mussten kompostiert werden.
„Wichtig wären für uns jetzt einige möglichst feuchte Jahre“, hofft der Waldbauer auf Unterstützung des Wetters für die Mammutaufgabe, vor der der Betrieb nun steht: 30 Hektar Waldflächen müssen neu aufgeforstet werden. Teilflächen wurden gemulcht. Nicht alles kann innerhalb eines Jahres bewältigt werden. Manche Stellen müsse zwei bis dreimal nachgesetzt werden, weil die jungen Bäume vertrocknen. Dazu kommt regelmäßiges Mähen des Unkrauts. Auch das Wild verursache große Schäden. „Wir haben es mit Einzelbaumschutz versucht. Aber die Rehe fegen das ganz einfach weg“, berichtet Reinhard Kellner aus der Praxis. Daher werden nun alle Flächen mit Wildzäunen abgesichert. Binnen fünf Jahren will man so 30 Hektar Waldfläche wieder aufforsten.
Mischwald als Wald der Zukunft
Dabei möchten die Kellners weiterhin auf Mischwälder setzen. Als Nadelhölzer hätten sich die Lärche und die Tanne bewährt. Wenig überzeugt habe hingegen die Douglasie, die ebenfalls vom Käfer befallen worden sei. Insgesamt sollen fünf bis zehn Baumarten gemischt werden, darunter auch Eichen und Exoten wie Schwarznuss, Baumhasel oder Edelkastanie. Diese seien zwar im Waldviertel nicht heimisch, würden dafür aber gut mit der zunehmenden Trockenheit eher klarkommen. Verwendet wird vor allem Pflanzmaterial aus regionalen Baumschulen, mit Ballen, auch wurzelnackt.
Laut Harald Kellner brauche es für die Wirtschaftlichkeit seiner Waldflächen aber auch künftig das Nadelholz. Das Laubholz dagegen brauche neben längeren Umtriebszeiten auch konsequente Wertastung, um Ertrag zu bringen. Und nur Brennholz zu produzieren, halte der Betrieb „auf Dauer nicht aus“. Er werde die Aufforstungsflächen weiterhin genau beobachten, um daraus zu lernen. „Ich habe die Liebe zum Wald von meinem Vater geerbt“, sieht der Hofübernehmer, der derzeit noch außerbetrieblich tätig ist, seine berufliche Zukunft am Betrieb. „Weil es Freude macht, mit meiner Arbeit Werte auch für meine Kinder zu schaffen.“
- Bildquellen -
- Borkenkäfer: Leopoldine Kellner
- Maschinen und Arbeitskräfte: Leopoldine Kellner