Neben der Rohstoffversorgung selbst spielen Wechselkurse und Währungsstabilität der jeweiligen Landeswährungen eine entscheidende Rolle für die Preisentwicklungen. Getreide und Ölsaaten sind im internationalen Wettbewerb umso interessanter, je vorteilhafter sich die Währung des Exportlandes zu jener des Importlandes verhält. Ein im Vergleich zum US-Dollar abgeschwächter Euro verschaffte europäischem Weizen im Vermarktungsjahr 2015/16 einen deutlichen Exportvorteil. Die US-Ausfuhren sanken mangels kontinuierlicher, guter Buchungen auf ein Mehrjahrestief von 21,09 Millionen (Mio.) Tonnen (t). EU-Weizen verzeichnete hingegen mit 34,68 Mio. t (Schätzungen USDA 03/2017) eine sehr solide Exportsaison – deutlich über den Vorjahren und über dem Fünfjahresdurchschnitt. Anhand der Verfügbarkeiten wird der währungstechnisch attraktivste Importursprung ausgewählt. Größere Importlieferungen – etwa in den arabischen Raum, oder nach Ägypten werden meist global ausgeschrieben – Staaten mit den attraktivsten Währungs-Kursverhältnissen sind klar im Vorteil. Zinspolitische Veränderungen und ihre Effekte auf die Landeswährungen zeigen meist auch ihre unmittelbare Wirkung innerhalb den Volkswirtschaften, und können die Verkaufsbereitschaft bremsen oder beschleunigen.
Rohöl und andere Rohstoffe
Grundsätzlich kann kein statistischer Zusammenhang zwischen den Bewegungen der Rohöl- und Getreidepreise abgeleitet werden. Öfters ist der Rohölpreis aber ein Vorreiter oder Impuls für Preisbewegungen anderer Rohstoffe. Seine Bewegungen bilden sich auch immer wieder an den Getreidemärkten ab. Insbesondere die Ölsaaten (Sojabohne und Raps) setzen durch ihre Verwendung in der Treibstoff-Produktion die Impulse am schnellsten um. Ein Blick auf andere Rohstoffe ermöglicht keine direkten Ableitungen auf Getreidepreise. Die Gesamtstimmung auf den Rohstoffmärkten erlaubt aber bedachte Überleitungen auf mögliche, bevorstehende Bewegungen bei Getreiden und Ölsaaten. Besonders bei witterungsabhängigen Produkten kommt der momentanen Verfügbarkeit die größte Bedeutung zu. Mit anderen Worten: gibt es nach guten Ernten Weizen im Überfluss, so kann eine nachweisliche Rohöl-Knappheit wohl trotzdem nicht helfen, die Preisdecke bei Weizen zu sprengen. Sind Agrarrohstoffe hin-gegen akut knapp, kann positive Stimmung zum Beispiel am Energiemarkt eine Preis-Bergfahrt noch beschleunigen.
Marktmeinung von Investoren
Schon lange sind neben den Aktien- und Devisenmärkten auch die Rohstoffmärkte ein wichtiger Anlagebereich für Finanzinvestoren (Hedge-Fonds, große Privatinvestoren, Banken, Pensionsfonds). Getreideproduzenten oder Verarbeiter sind auf den Warenterminmärkten mit dem Fokus der Risikoreduktion unterwegs. Sie wollen ihr Risiko eingrenzen (Englisch: Hedging = sich abgrenzen). Sie haben Lagerbestände oder zukünftige Einkäufe, die gegen ungünstige Preisentwicklungen abgesichert werden sollen. Dazu nutzen sie die Rohstoff-Terminmarktgeschäfte. Sie wissen aus ihrem Arbeitsalltag mit der Ware sehr gut und genau um das am Warenterminmarkt abgesicherte Gut Bescheid. Ihnen gegenüber stehen die Finanz-investoren. Sie nehmen am Markt mit genau einem Ziel teil: Gewinne aus ihren Investments zu lukrieren.
Unruhe am Markt: Auslöser für Preisbewegungen
Neue Erkenntnisse zur Versorgunglage oder zum Wettergeschehen werden sehr genau verfolgt. Manchmal sind Folgen von Großwetterereignis-sen sehr schwer abschätzbar. Genau diese Unsicherheit kann starke Kaufs- oder Verkaufsaktivitäten ableiten. Auch andere Investoren werden von solchen Bewegungen mitgerissen – daraus können
sich Preisschwankungen ergeben. Ähnlich einem Herdendenken treten gewichtige, große Marktteilnehmer eine Bewegung los, die dann von kleineren Anlegern nachgezogen wird. Manche Marktbewegungen stellen sich im Nachhinein als überzeichnet heraus. Zum Beispiel kann sich nach einer Rekord-Erntemeldung die Wissenslage verfeinern und den Preis nachträglich zu niedrig erscheinen lassen. Aufkeimende Kauflaune kann die Kurse aus ihrem Preistal heben, bis das Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage wieder gefunden ist.
Zusammengefasst beeinflussen nicht nur die agrarische Produktion und Versorgung alleine die Preisbewegungen auf den globalen Getreidemärkten. Unzählige klimatische, politische, wirtschaftliche und soziale Faktoren greifen wie Zahnräder im Uhrwerk ineinander. Verändern einzelne Zahnräder ihre Geschwindigkeit, sind im gesamten Uhrwerk Veränderungen zu erwarten.
Hier geht’s zum ersten Teil der Artikelserie
http://www.bauernzeitung.at/was-treibt-die-globalen-agrarmaerkte-teil-1/
Hier geht’s zum zweiten Teil der Artikelserie
http://www.bauernzeitung.at/was-treibt-die-globalen-maerkte-teil-2/
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