Blattläuse, Schmierläuse, Spinnmilben oder Thripse sind Plagegeister, die Landwirte oder Erwerbsgärtner zum Verzweifeln bringen. Viel zu oft ist die Ernte am Feld oder in Glashäusern beim Auftreten solcher Schädlinge in Gefahr, der Einsatz chemischer Insektizide wird dann meist als einziger Ausweg betrachtet.
Dem möchte ein junges Unternehmen aus Alland im Bezirk Baden mithilfe natürlicher Methoden entgegentreten. Konkret züchten Geschäftsführer Florian Mayer und sein Team der „Insect Laboratory Research GmbH“ (ILR) Grüne Florfliegen. Ziel ist es, Landwirten damit eine nachhaltige und effiziente Alternative zum Schutz ihrer Kulturen bieten zu können.
Technik wird am Standort entwickelt
Während sich anderswo bereits einige Firmen der Zucht des Nützlings im Labor angenommen haben, ist in Österreich die ILR Pionier in diesem Bereich. „Die effiziente Zucht erfolgt im Allgemeinen über eigens entwickelte Technik in Form von vollautomatischen Apparaturen“, erzählt Jan-Luca Bina, der im Allander Insektenlabor unter anderem für Aufzucht und Fütterung der Tiere verantwortlich ist.
Auch die dazu benötigten technischen Geräte werden am Standort gebaut, dank umfangreicher Kenntnisse und technischem Know-how der insgesamt sechs Mitarbeiter, die alle jahrelange (Forschungs-) Erfahrung auf diesem Gebiet mitbringen. Zum Team gehören außer Mayer und Bina auch René Steiner als Leiter der Werkstätte, Andreas Grabos, zuständig für Technik und Entwicklung, die Entomologin (Insektenkundlerin) Hanna Olovsson sowie die Agrarwissenschaftlerin Barbara Lehner.
Insektenzucht erfordert viel Wissen und Erfahrung
Wichtig bei der Zucht sei, so die sechs Experten, die Separation der einzelnen Entwicklungsstadien der Netzflügler vom Ei über die Larve und den Kokon bis zum adulten Insekt und die automatisierte Fütterung. Außerdem dürfe man dabei nie die drei wesentlichen Faktoren Temperatur, Luftfeuchtigkeit und die Tag-Nacht-Zyklen außer Acht lassen. Zu guter Letzt spiele die regelmäßige Reinigung und Hygiene zur Vorbeugung eines Krankheitsbefalls in den gezüchteten Kolonien eine große Rolle.
Am Ende werden die grasgrünen Fliegen oder ihre Larven am Markt angeboten. Landwirte, Gärtner, aber auch Privatpersonen können die Nützlinge in unterschiedlich großen Paketen von 500 bis 5.000 Exemplaren ab 17,50 Euro für das kleinste erwerben. Ausgebracht werden dieselben bei Bedarf auch vom ILR-Team mittels Drohne aus der Luft. Dadurch würden auch die Pflanzen nicht beschädigt, betont Mayer.
Die Larve der Florfliege, die auch als „Blattlauslöwe“ bekannt ist, gilt als „biologische Wunderwaffe“, frisst sie doch bis zu 200 Schädlinge pro Woche. Dadurch könne man, so Mayer, die meisten relevanten Schädlinge am Acker oder in Gewächshäusern, egal ob fressend oder saugend, wesentlich dezimieren – und das völlig ohne Einsatz von Chemie.
„Die Florfliege an sich birgt keinerlei Gefahr für die Umwelt, da hier ein Nachteil bei der Aufzucht als Vorteil genommen werden kann. Gibt es für sie nämlich einmal zu wenig Futter am Feld, sprich zu wenig Schädlinge, fangen die Larven an, sich gegenseitig aufzufressen. Damit ist eine natürliche Regulierung gegeben“, schildert Bina.
Seitens der heimischen Landwirte werden die Zucht- und Forschungsaktivitäten der ILR mittlerweile mit Spannung verfolgt, nicht zuletzt auch deshalb, weil in Alland auch auf die Erforschung und Züchtung eines weiteren Nützlings gesetzt wird.
Hoffnung auf Lösung für Borkenkäferproblem
Konkret handelt es sich dabei um den Ameisenbuntkäfer. Seine Larven gelten als größter Gegner des Borkenkäfers, der die massive Zerstörung der heimischen Wälder verursacht. Bisher gibt es kein effizientes Mittel gegen den Schädling. Die Bestrebungen der ILR, den Ameisenbuntkäfer im Kampf gegen die Borkenkäferproblematik einzusetzen, sind für betroffene Waldbesitzer daher ein großer Hoffnungsschimmer.
Trotz Corona-Krise wendete das sechsköpfige Team in den vergangenen Monaten alle Energien für die Forschung auf. So befindet sich etwa auch die Züchtung der Schlupfwespe zum Einsatz gegen den Maiszünsler in Entwicklung. In erster Linie wurde aber vorerst die Aufzucht der Florfliegen vorangetrieben, damit zum Start der kommenden Saison potenzielle Kunden flexibler bedient werden können.
Wobei: Hauptsaison für die Florfliege ist dann, wenn präventiv oder aktiv Schädlinge auf den Feldern bekämpft werden müssen. „Der immense Vorteil bei der biologischen Schädlingsbekämpfung ist, dass man nicht an Spritzzeiten wie bei vergleichbaren Pestiziden gebunden ist. Das heißt, sollte man auch kurz vor der Ernte Schädlinge am Feld erkennen, kann rasch reagiert werden“, sagt Mayer.
Möglichst umweltschonend beim Pflanzenschutz
Sorge, dass seine Insektenzucht einmal „außer Kontrolle“ geraten könnte, hat der Geschäftsfüher übrigens nicht: „Unsere Zucht betrifft auf jeden Fall immer heimische Insekten, die auch in der Natur zu finden sind.“ Im Falle der Florfliege etwa würde auch nur ein kleiner Teil der Tiere den Winter überleben. Die erwachsene Florfliege ernähre sich zudem nur noch von Blütenstaub und Honigtau. Damit seien sie auch eine gute Ergänzung zu Bienen und anderen Bestäubern.
Allgemein ist dem ILR-Team ein möglichst naturnaher, umweltschonender Pflanzenschutz ein großes Anliegen, und zwar mithilfe modernster Technik. Dazu gehört für Mayer auch das Serviceangebot von Drohenendienstleistungen, die über die Ausbringung der Nützlinge hinaus geht. So bietet die ILR auch die Befallsanalyse, etwa im Fall von massivem Auftreten von Borkenkäfern oder auch die Rehkitzfindung aus der Luft mittels Wärmebildverfahren.
Zwei Nützlinge mit Potenzial
Die Grüne Florfliege, auch Goldauge genannt, weil ihre Augen goldfarben glänzen, hat einen circa 1,5 cm langen, schlanken Körper. Ihre Flügel können bis zu 3 cm lang sein und werden im Ruhezustand dachartig nach hinten gelegt. Ihre Larven fressen viele Schädlinge, darunter auch die Weißfliege.
Der Ameisenbuntkäfer zählt zu den wichtigsten Prädatoren der Borkenkäfer. Er wird 7 bis 10 mm lang, Kopf und Beine sind schwarz, die Deckflügel auffällig schwarz-weiß-rot gebändert. Der Käfer ist sehr flach und stark behaart. Sie vertilgen vorwiegend Borkenkäferweibchen, auch die Larven sind eifrige Jäger.
(Victoria Schmidt)
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- 3538A856 F84A 43FC 8101 F66FCE118B4D: ILR
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