Der Pakt für den neuen Finanzausgleich bis 2021 ist fixiert. Das teilte Finanzminister Hans Jörg Schelling Anfang der Woche in Wien mit. Dabei wurden vor allem strukturelle Neuerungen, wie die Aufgaben- und Ausgabenanalyse sowie der Einstieg in die Aufgabenorientierung beschlossen. Auf diese Maßnahmen hatte Finanzminister Hans Jörg Schelling gedrängt. Außerdem gestand Schelling den Ländern und Gemeinden 300 Mio. Euro mehr pro Jahr zu. Dies resultiere aus gestiegenen Kosten für Pflege und Gesundheit. Von den 300 Mio. Euro erhalten 106 Mio. Euro die Gemeinden. Davon wiederum werden 60 Mio. Euro in einen eigenen Fonds für strukturschwache Abwanderungsgemeinden gehen.
Auch der Flüchtlingswelle aus dem Jahr 2015 soll Rechnung getragen werden: Eine einmalige Zahlung von 125 Mio. Euro für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen soll die Belastungen abgelten, erklärte der Finanz-minister.
Bundesländer vergleichen ihre Leistungen
Der Finanzausgleich regelt, wie die aktuell 81 Mrd. Euro an Steuereinnahmen auf die unterschiedlichen Gebietskörperschaften – Bund, Länder und Gemeinden – aufgeteilt werden. “Wir verteilen nicht das Geld des Bundes, sondern das der Bürger”, betonte Schelling in diesem Zusammenhang.
Um diese Aufgabe so verantwortungsvoll und effizient wie möglich erledigen zu können, sollen die Leistungen der Länder vergleichbar gemacht werden. Eine Aufgaben- und eine Ausgabenanalyse, sogenannte Benchmarks, sollen Auskunft darüber liefern, wer wo welchen Handlungsbedarf hat, um seine Ziele zu erreichen, erklärte der Minister.
ÖVP-Chefverhandler, OÖ Landeshauptmann Josef Pühringer, nannte die Zustimmung der Länder, sich miteinander “benchzumarken”, also zu vergleichen, “sensationell”. So könne künftig beispielsweise verglichen werden, wie viel ein Bett in einem Regionalspital kostet und warum die Kosten möglicherweise unterschiedlich ausfallen. Laut Pühringer zeige das, “dass die Länder keine Verhinderer sind” und: “Das beweist, dass etwas weitergeht, wenn man vernünftig und auf Augenhöhe verhandelt.”
Schlüssel bleibt ident
Nichts “weitergegangen” ist beim Verteilungsschlüssel. “Der Grundschlüssel bleibt ident”, erklärte Schelling. Der sogenannte abgestufte Bevölkerungsschlüssel bleibt also bestehen. Dessen Abschaffung war u. a. von einer Gruppe von ÖVP-Abgeordneten gefordert worden, da er kleine und sehr kleine Gemeinden benachteilige, größere Kommunen bei der Zuteilung der Mittel bevorzuge. Dem soll u. a. mit dem Einstieg in die Aufgabenorientierung im Bereich der Kinderbetreuung entgegengewirkt werden.
Aufgabenorientierung heißt in diesem Zusammenhang, dass sich die Ausschüttung der Gelder an bestimmten Leistungen orientieren soll. Die dafür benötigten Kriterien werden nun von Arbeitsgruppen nachverhandelt.
Für die Betreuung von Kindern von null bis sechs Jahren sollen diese Kriterien bis 1. September 2017 feststehen, um mit 1. Jänner 2018 mit der Umsetzung beginnen zu können. Diese Kriterien werden beispielsweise die Anzahl der Kinder in Kindergärten, den Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund oder die Öffnungszeiten einzelner Kinderbetreuungseinrichtungen betreffen. Für Kinder von sechs bis 15 Jahren sollen die Kriterien für die Mittelverteilung bis 2019 fixiert sein.
Einheitliche Bauordnung
Eine weitere Neuerung betrifft den Wohnbau. Der Wohnbauförderungsbeitrag wird von der Bundeskompetenz an die Länder übertragen. Diese sollen genau festlegen, wie viel Wohnraum in den kommenden Jahren entstehen soll. Danach werden die Mittel verteilt. Pühringer erklärte: “Die Bauwirtschaft muss sich auf das Volumen verlassen können.” Deshalb werden die Länder genau planen. Außerdem soll eine bundeseinheitliche technische Bauordnung forciert werden.
Pflegefonds verlängert
Neben dem Wohnbauförderungsbeitrag gibt es auch Neuerungen in den Bereichen Pflege und Gesundheit. So wird der Pflegefonds, der die gemeinsame Finanzierung der Pflegekosten regelt, verlängert und ab 2018 mit 4,5 Prozent valorisiert, also an die Teuerungen angepasst. Die Gesundheitskosten sollen künftig nur um 3,2 Prozent steigen dürfen, nicht wie bisher um 3,6 Prozent.
Auch auf einheitliche Haftungsobergrenzen und ein Spekulationsverbot konnten sich die Verhandler einigen. Für Gemeinden liegt die Haftungsobergrenze bei 75 Prozent der Ertragsanteile und gemeindeeigenen Abgaben, für Bund und Länder liegen diese Obergrenzen bei 175 Prozent.
Arbeitsgruppen für mehrere Bereiche
Einige Bereiche sollen in den nächsten Jahren zusätzlich geprüft werden. Mehrere Arbeitsgruppen werden sich mit den Themen Steuerautonomie der Bundesländer, Grundsteuer-Reform, bundeseinheitliche Bauordnung und einfachere Einhebungsmodelle der Kommunalsteuer befassen. Der unterzeichnete Pakt für den Finanzausgleich wird nun vom Ministerrat begutachtet. Erfolgen danach die nötigen Parlamentsbeschlüsse, erlangt der Pakt ab 1. Jänner 2017 bis 2021 seine Gültigkeit.
Für den Finanzminister ist der vereinbarte Finanzausgleich geprägt vom gemeinsamen Willen und ein “Einstieg in den Umstieg”. Den Einstieg in die Aufgabenorientierung werteten auch Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung positiv. Kritik an zu wenig Reformwille kam von der Opposition.
Eva Zitz
Der Pakt im Überblick: Finanzausgleich von 2017 bis 2021
• Länder und Gemeinden erhalten jährlich 300 Mio. Euro zusätzlich.
• 106 Mio. Euro davon erhalten die Gemeinden. Davon wandern 60 Mio. Euro in einen Fonds für strukturschwache Abwanderungsgemeinden.
• Eine einmalige Zahlung von 125 Mio. Euro erfolgt an Länder und Gemeinden, um die Belastungen durch die Flüchtlingswelle von 2015 abzugelten.
• Der Wohnbauförderungsbeitrag wird “verländert”.
• Für die Bereiche Gesundheit und Pflege wurden Kostendämpfungspfade beschlossen.
• Einheitliche Haftungsobergrenzen und ein Spekulationsverbot wurden festgelegt.
• Die Mittel für Kindergärten und Kinderbetreuung werden ab 2018 bzw. 2019 aufgabenorientiert (zweckgebunden) ausbezahlt. Die Kriterien dafür legen Arbeitsgruppen zeitgerecht fest.
• Weitere Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit der Grundsteuer-Reform und einer einheitlichen Bauordnung.
Aufteilen: So geht der Finanzausgleich:
Über den Finanzausgleich werden jene Steuereinnahmen, die der Bund einhebt, zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt. Dabei geht es aktuell um rund 81 Mrd. Euro pro Jahr. Der Finanzausgleich ist eine Vereinbarung, die einvernehmlich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verhandelt und beschlossen werden muss. Das geschieht alle vier bis sechs Jahre.
Quelle: Gemeindebund