Mit der Kreissäge passieren jedes Jahr viele, teils schwere Unfälle. Im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts (IKA) hat das Institut für Landtechnik an der Universität für Bodenkultur Unfälle mit stationären Kreissägen, also mit nicht handgeführten Holzbearbeitungsmaschinen, analysiert und technische Maßnahmen zur Vermeidung entwickelt. Gesetzlichen Vorgaben zur sicherheitstechnischen Konstruktion der Geräte machen die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG sowie Norm EN 1870-6.
Unfallsituation mit der Kreissäge
Die häufigsten Verletzungsarten bei Unfällen mit Kreissägen sind Wunden, Amputationen, Mehrfachverletzungen, Frakturen, Quetschungen und Prellungen, die vorwiegend auf den oberen und unteren Extremitäten vorkommen. Typische Unfallhergänge stellen das Erfasstwerden von der Maschine, der Zusammenstoß mit ihr und das Getroffenwerden von einem Werkstück dar.
Die Unfallursachen sind überwiegend menschbedingt (Unachtsamkeit, ins Sägeblatt gegriffen, Holzstück entfernt, mit Handschuh hängen geblieben) betriebsmittelbedingt (vom Holzstück abgerutscht, Verklemmung, Verdrehung) und maschinenbedingt (Rückschlag, Nachlauf, Keilriemen, Umkippen).
Unfallverschärfende Faktoren im Hinblick auf das Erfasstwerden von der Maschine sind Fehlbewegungen bei schneller, unkonzentrierter Handhabung, beim Wegschieben, Hinbewegen und Anschieben von Holz- und Werkstücken, bei Ausholbewegungen sowie beim Abrutschen von Holz- und Werkstücken. Als weitere nachteilige Faktoren gelten das Entfernen von Schutzeinrichtungen, Tragen von nicht passender Arbeitskleidung (Handschuhe) sowie physische Beeinträchtigungen. Als abschwächender Faktor wirkt die Anwesenheit einer zweiten Person (rasche Hilfeleistung).
Ursachen für das Erfasstwerden
Personen werden von der Maschine durch Abrutschen von Holzstücken beim Schneiden von Brennholz und Bearbeiten von Werkstücken erfasst. Zum Griff ins Sägeblatt kommt es beim Schneiden von Brennholz und der Werkstückbearbeitung sowie durch das Hängenbleiben mit dem Handschuh beim Schneiden von Brennholz und bei der Reinigung der Säge. Gefährliche Kontakte mit dem Messer sind auch durch nachlaufende Sägeblätter beim Brennholzschneiden und beim Reinigen der Säge sowie durch Rückschläge bei Brennholzarbeiten und der Bearbeitung von Werkstücken bedingt.
Unachtsamkeit beim Schneiden von Brennholz und bei der Werkstückbearbeitung, Verklemmungen und Verdrehungen, das Abschneiden eines Astes, abmontierte Schutzabdeckungen, der Verlust des Gleichgewichts beim Schneiden von Brennholz sowie in einen Keilriemen bei Wartungsarbeiten geraten sind weitere Ursachen für das Erfasstwerden von der Maschine.
Verhinderung dieser Unfälle
Präventionsvorschläge müssen bei gebrauchten Kreissägen an Landwirte und Dienstnehmer, die mit den vorhandenen Altmaschinen arbeiten, gerichtet sein. Über aufklärende Informationsbereitstellung (verhaltensbezogene und konstruktive Verbesserungsanweisungen) und finanzielle Unterstützung in Form von Aktionen für Nutzer durch die Sozialversicherungsträger, Händler oder Hersteller können sicherheitstechnisch unzureichend ausgestattete alte Kreissägen in der Praxis eliminiert und durch neue ersetzt werden.
Bei neuen Kreissägen (verschiedener Bauarten) kommen unterschiedlich integrierte Schutzverkleidungen als Standard- oder Zusatzausstattung zum Einsatz, welche bei sachgemäßer Anwendung den Kontakt mit dem Sägeblatt verhindern. Sicherheitstechnische Ausstattungen sollten jedoch als Standard- anstatt als Zusatzausstattung mit Aufpreis angeboten werden. Neue Kreissägen benötigen eine Bremseinrichtung, welche das Sägeblatt nach dem Abschalten des Elektromotors innerhalb weniger Sekunden zum Stillstand bringt. Der Unterspannungsauslöser verhindert nach einem Stromausfall das selbsttätige Wiederanlaufen des eingeschalteten Elektromotors. Es gibt auch bereits Systeme, die mithilfe von Sensoren vor Schnittverletzungen schützen (siehe Infokasten “Sensoren”).
Zur Arbeitskleidung beim Bedienen von Kreissägen sind Betriebsleiter aufzuklären, um das Bereitstellen der passenden Arbeitsausrüstung für jeden Dienstnehmer zu forcieren. Augen- und Gehörschutz, festes Schuhwerk – idealerweise Sicherheitsschuhe – und eng anliegende Arbeitskleidung (die sich nicht leicht in der Säge verfängt) sind zu verwenden. Handschuhe sollen nur mit guter Passform und bei Kreissägen mit spezieller Haltevorrichtung für das Schneidgut verwendet werden. Bei Tischkreissägen für Tischlerarbeiten dürfen generell keine Handschuhe getragen werden.
Der Schiebestock soll bei allen Rolltisch- und Tischkreissägen existieren und im Blickfeld des Benutzers moniert sein. Es ist ein Anbringen auf der Schutzhaube sowie bei Formatkreissägen am Oberschutz oder am Parallelanschlag möglich. Ein zusätzliches Piktogramm, das zu dessen Verwendung auffordert, ergänzt diese Sicherheitseinrichtung.
Um ein Abnehmen der Schutzhaube künftig auszuschließen, wurden drei Möglichkeiten eruiert: eine schwenkbare Schutzhaube, eine Schutzhaube mit Anfahrtsschräge und eine neue Konzeption bei der Tisch-Wippkreissäge, die ein Abnehmen nicht notwendig macht.
Zusammenstoß und dessen Vermeidung
Zum Zusammenstoß mit der Maschine kommt es durch Rückschläge bei der Bearbeitung von Werkstücken. Auch durch Abrutschen mit dem Werkzeug und den Fall des Sägeblatts bei Wartungsarbeiten ist er bedingt. Ein stehendes Sägeblatt beim Schneiden von Brennholz sowie das Umkippen der Säge beim Wegräumen können ebenfalls zu Unfällen bzw. Verletzungen führen.
Es besteht bei gebrauchten Kreissägen die Möglichkeit, Unterlegkeile an den Maschinen anzubringen, um die Gefahr des Abrollens zu unterbinden. Normale Transporträder können durch Transportrollen mit Stoppeinrichtungen ersetzt werden. Die zusätzliche Lenkfunktion würde ein erleichtertes Überstellen der Maschine ermöglichen.
Bei neuen Kreissägen kommen Stützfüße in Kombination mit Transporträdern zum Einsatz. Transporthilfen sowie Dreipunktvorrichtungen (bei gelenkwellenbetriebenen Maschinen) dienen dazu, die Maschinen nicht nur leichter, sondern auch sicher zu transportieren.
Zur Optimierung der Tischhöhe kann zukünftig das Ausstatten der kombinierten Brennholz- und Wippkreissägen mit verstellbaren Handgriffen forciert werden, um den ergonomischen Ansprüchen der Benutzer besser gerecht zu werden. Der höhere Kostenfaktor ist zu bedenken – diese Einrichtungen sind derzeit nur bei Maschinen mit einer höheren Preisklasse vorhanden. Aus diesem Grund wäre es wichtig, den Käufer im Vorfeld auf die verschiedenen Tischgrößen der Hersteller aufmerksam zu machen, damit dieser Aspekt in die Kaufentscheidung einfließt.
Die vorschriftsmäßige Einstellung des Spaltkeils (geringster Abstand zum Sägeblatt drei Millimeter, an keiner Stelle über acht Millimeter) bei kombinierten Brennholz- und Tischkreissägen unterstützt ein auf den Sicherheitsabstand hinweisendes Piktogramm.
Sensoren: Für mehr Sicherheit
Elektronische Sicherheitseinrichtungen (SawStop), welche ein Stillsetzen der Maschinen vor dem Kontakt mit Fingern bewirken, kommen derzeit nur bei bestimmten kleinen Tischkreissägen zum Einsatz. Sie arbeiten mit Sensoren, welche die elektrische Leitfähigkeit von Objekten messen. Holz leitet schlecht, ein Finger deutlich besser. Die Säge stoppt abrupt, sobald die Sensoren menschliches Gewebe erfassen. Der Stoppmechanismus und das Sägeblatt sind danach zwar kaputt, können aber zu einem verhältnismäßig günstigen Preis ersetzt werden. Eine verbesserte Einrichtung dieser Stoppeinrichtung mit Erhaltung der Funktion sollte in Zukunft bei allen Kreissägen zum Einsatz kommen.
Kreissägenblätter: Je nach Einsatzzweck
Zur Vermeidung von Unfällen durch den Zusammenstoß mit der Maschine oder Werkstücken ist bei gebrauchten und neuen Kreissägen auf die Verwendung von Sägeblättern für den richtigen Einsatzzweck explizit hinzuweisen. Bei Tischkreissägen eignen sich Flachzahnsägeblätter für Rohzuschnitte in Faserrichtung, Wechselzahnsägeblätter (für Massivholz und furnierte Platten) in und quer zur Faserrichtung und Hohl-Trapezzahnsägeblätter für beschichtete Platten. Bei Brennholzkreissägen bringen Chrom-Vanadium gehärtete Kreissägenblätter in Spitzzahnausführung Vorteile für dünnes Weich- und Hartholz und in Wolfszahnausführung Vorteile beim groben, schnellen Zuschneiden aller Hölzer mit sich. Die Chrom-Vanadium-Härtung bewirkt verlängerte Standzeiten gegenüber normalem Chromstahl. Das Schärfen des Sägeblatts kann mit speziellen Schärfgeräten selbst durchgeführt werden, um so die Verletzungsgefahr gering zu halten.
Assoc. Prof. Dr. Elisabeth Quendler, Dipl.-Ing. Katharina Trieb und Dr. Robert Kogler
Universität für Bodenkultur