Sowohl Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ, als auch Clemens Malina-Altzinger, Vizepräsident der Wirtschaftskammer OÖ, bezeichneten die im EU-Kommissionsvorschlag enthaltenen Maßnahmen kürzlich in einem Pressegespräch als „praktisch nicht machbar“. Denn: Er greife unzulässig in Eigentumsrechte ein, gefährde die Eigenversorgung Österrreichs mit Lebensmitteln und Holz und schädige den Wirtschaftsstandort. Dazu würde die Entwicklung von Siedlungsräumen beschränkt und die Möglichkeit vermindert, nachwachsende und natürliche Rohstoffe einzusetzen.
Franz Waldenberger: „Die Europäische Kommission ist hier mit einer Politik unterwegs, die ein bisschen aus der Zeit gefallen ist.“
„Die Stärkung der Biodiversität ist uns sehr wohl ein großes Anliegen. Aber dieser Vorschlag greift direkt in nationales Recht ein und bietet keine Möglichkeiten, auf nationale Besonderheiten einzugehen“, sagt Waldenberger. Zentrales Ziel der Verordnung ist es, die Natur bis 2050 auf 90 Prozent der Fläche so wiederherzustellen, wie sie 1951 war. „Dass man die Uhr nicht um 70 Jahre zurückdrehen kann, leuchtet jedem ein. Das wird man auch nicht mit einer EU-Verordnung und Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof erreichen können“, sagt Waldenberger. Und: „Wenn man sich die Ernährungs- und Lebenssituation der Bevölkerung zu dieser Zeit ansieht, stellt sich die Frage, ob man eine Situation wie damals haben will“, so Waldenberger.
Malina-Altzinger verweist auf die weitreichenden Folgen dieser Einschränkungen: „Es muss allen bewusst sein, dass das nicht nur die Landwirtschaft trifft.“ Auch Energieprojekte, Standort- und Siedlungsraumentwicklung sowie die gesamte vor- und nachgelagerte gewerbliche und industrielle Wertschöfpungskätte wäre betroffen. Dabei hänge allein am Sektor Lebensmittel und Holz 175.000 Arbeitsplätze und jeder sechste in Oberösterreich erwirtschaftete Euro. „Das ist ein ganz zentraler Pfeiler unseres Wohlstands“, sagt Malina-Altzinger.
Fläche streng geschützter Gebiete künftig vervierfachen
Der Verordnungsentwurf verlangt die Ausweitung streng geschützter Gebiete von aktuell etwa acht auf 30 Prozent der Landesfläche. „Ohne die Konsequenzen für die Bevölkerung einzuschätzen und die betroffenen Eigentümer angemessen einzubinden“, unterstreicht Waldenberger.
Vom Kommissionsvorschlag wären letztlich alle Flächen betroffen, auf denen Lebensmittel und Holz erzeugt werden. So sollen auf zehn Prozent der Fläche außerhalb der Schutzgebiete ein Biotopverbund hergestellt sowie ehemalige Überschwemmungsgebiete durch Entfernung von Dämmen „wiederhergestellt“ werden. Dazu kommt, dass auch der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln reduziert werden soll. Das zusammen lässt Experten Ernterückgänge von bis zu 50 Prozent in Österreich befürchten. „Auf europäischer Ebene würde das Minus bis zu 20 Prozent betragen“, sagt Waldenberger. Die so heruntergefahrene Produktion mache Importe aus Drittstaaten – mit niedrigen Umwelt- und Biodiversitätsstandards – nötig. „Wenn Europa nur Importeur ist, verschärft das auch das Hungerproblem in der Welt“, gibt Waldenberger zu bedenken.
Clemens Malina-Altzinger: „Die Umsetzung des Vorschlags hätte massive negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort und die Land- und Forstwirtschaft.“
Malina-Altzinger nennt den Verordnungsentwurf „bürokratisch und zentralistisch“ und verweist in dem Zusammenhang auf die großen landschaftlichen Unterschiede. „Ganz Europa über drei Parameter, nämlich Entsiegelung, Grünfläche und Baumbestand zu regeln, wäre völlig verfehlt. Hier fehlt es an einer EU-Regelungskompetenz“, sagt Malina-Altzinger.
Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer sehen sich auf einer Linie mit der Positionierung des Landes Oberösterreich sowie aller anderen Bundesländer. Auch von anderen EU-Staaten komme Widerstand.
Aus Oberösterreich wird ein „zukunftsorientierter Weg in Richtung resilienter und klimafitter Ökosysteme“ gefordert. Waldenberger und Malina-Altzinger sprechen sich dafür aus, bestehende EU-Regulative zur Verbesserung der Biodiversität zu stärken. Wenn es um Umweltleistungen geht, agiere heimische Landwirtschaft schon seit 30 Jahren nach dem Prinzip „Freiwilligkeit vor Zwang“ – so erfolgreich, dass das Öpul-Programm Vorbildpotenzial für ganz Europa habe.
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- Landwirtschaft früher: GEH