Standard für jedes zweite heimische Schwein: 10 Prozent mehr Platz und ab 2024 nur noch Soja, für das kein Regenwald gerodet wurde.

Mehr als 90 Prozent des im heimischen Lebensmittelhandel erhältlichen Schweinefleisches werde „lediglich nach gesetzlichem Mindeststandard produziert“. Das behauptete Greenpeace Österreich vergangene Woche medienwirksam per Aussendung. Laut deren Landwirtschaftssprecherin Melanie Ebner habe man „das Angebot der größten Supermärkte überprüft“ und komme daher zum Schluss, dass „neun von zehn Schweinen unter widrigsten Umständen und in Massentierhaltung leben“. Tatsächlich bleibt die Umweltschutzorganisation aber eine detaillierte Aufschlüsselung der Anzahl an überprüften Supermärken und Diskontern schuldig. Auch der Konnex zwischen Handelssortiment und Haltungsbedingungen der österreichischen Schweinebestände wird nicht näher argumentiert.

Knapp 60 Prozent über gesetzlichem Standard

Letzteres stößt dem Verband der Österreichischen Schweinebauern (VÖS) besonders sauer auf. Es handle sich um eine „glatte Fehldarstellung“, so VÖS-Obmann Franz Rauscher. „Alle in Österreich gehaltenen Schweine werden nach schärferen Standards gehalten, als die EU vorgibt.“ Die aktuellen Daten der Klassifizierungsdienste nennt Rauscher als Beleg dafür. Demnach wurden heuer nur 41 Prozent der rund 2,57 Mio. gehaltenen Zucht- und Mastschweine nach gesetzlichem Mindeststandard gehalten. Und obwohl dieser den EU-Standard – etwa beim Platzangebot oder den Haltungsauflagen für Muttersauen – tatsächlich übertreffe, werde die überwiegende Mehrheit der Tiere (59 %) nach höheren Kriterien aufgestallt.

Rauscher: „Unsere Bauern können nicht am Markt vorbei produzieren. Die Leute müssen die teurere Ware auch kaufen.“

Gut die Hälfte (53 %) der Schweinebestände in Österreich erfüllen die Kriterien des AMA-Gütesiegels. Dieses sieht 10 Prozent mehr Platz sowie Kontrollen am Betrieb und zertifizierte Futtermittel vor. Weitere 4 Prozent der Schweine würden für das AMAGütesiegel- Modul „Mehr Tierwohl“ produziert, wo je nach Stufe bis zu doppelt so viel Platz als gesetzlich vorgeschrieben zur Verfügung steht. 2 Prozent aller Schweine stehen hierzulande in Bioställen. Die Tierwohlsegmente seien stark im Wachsen begriffen, weiß man beim VÖS. Seit 2019 habe sich die Anzahl der dafür erzeugten Schweine mehr als verdoppelt. „Wir setzen seit Jahren alles daran, diese Nischenprogramme zu breitentauglichen Produktlinien auszubauen“, beteuert Franz Rauscher. Diese Bestrebungen seien auch beim klassischen AMA-Gütesiegel gegeben, wo ab kommendem Jahr nur noch „entwaldungsfreies Soja“ verfüttert werden darf. Derzeit fehle es aber noch an der Konsumentennachfrage. Rauscher: „Unsere Bauern können nicht am Markt vorbei produzieren. Die Leute müssen die teurere Ware auch kaufen.“

Kennzeichnung als Option

Immerhin, in einem Punkt sind sich die Schweinebauern und ihre Kritiker einig. Nebst einer umfassenden Herkunftskennzeichnung erhofft sich der VÖS von einer Auslobung der Haltungsform nämlich bessere Absatzchancen für Tierwohl-Fleisch. Eine solche wird auch von Greenpeace mit Nachdruck gefordert. Ob die Umweltschutz-Gruppierung hier tatsächlich mit den Erzeugern an einem Strang zieht, darf jedoch durchaus auch bezweifelt werden. Denn eine genaue Sichtung ihrer „Marktcheck“-Ergebnisse zeigt (anders als medial kommuniziert): Greenpeace fand in den Regalen nur zu einem Drittel Fleisch aus Haltung nach gesetzlichem Mindeststandard. Die NGO befand jedoch, dass auch AMA-Gütesiegel-Produkte zur „Massentierhaltung“ zählen. Nichtsdestotrotz streckt VÖS-Obmann Rauscher die Hand aus: „Eine echte Weiterentwicklung kann nur durch Zusammenarbeit auf allen Ebenen gelingen.“  

- Bildquellen -

  • Mastschweine: AGRARFOTO.COM
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AUTORClemens Wieltsch
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