Ende 2021 laufen die letzten Fristen für sogenannte Übergangsmotoren aus. Die Hersteller dürfen ab 2022 nur noch Traktoren mit Motoren der Abgasstufe Euro V ausliefern. Common-Rail-Einspritzung, Vierventiltechnik, Turbolader, Ladeluftkühlung und elektronische Motorsteuerung stellen weiterhin die motortechnischen Grundpfeiler dar, um die Anforderungen an Leistung, Verbrauch und Emissionen erfüllen zu können. Mit der Abgasstufe V sind ab einer Motorleistung von 56 kW auch die Abgasnachbehandlungssysteme Dieseloxidationskatalysator (DOC), Dieselpartikelfilter (DPF) und Selektive Katalytische Reduktion (SCR) unabdingbar. Die Verwendung der Abgasrückführung (AGR) zur Verminderung der Stickoxidbildung ist hingegen weiterhin eine „Philosophiefrage“ .
Bei genauerer Betrachtung der Motorenpaletten fällt auf: Die meisten Hersteller verfolgen eine „Mischstrategie“ . Unterhalb von 56 kW oder 76 PS können die Stickoxid-Grenzwerte ohne SCR eingehalten werden. Deshalb liegen die Maximalleistungen von Einstiegsmodellen in der Kompaktklasse oft knapp unter dieser Schwelle.
Boost
Für die Freischaltung der zusätzlichen Leistung wurden bisher meistens einfache Kriterien wie „Mindestfahrgeschwindigkeit“ und „Mindestleistung an der Zapfwelle“ berücksichtigt. Fendt führte mit Dynamic Performance vor zwei Jahren ein Mehrleistungskonzept ein, bei welchem der Boost in Abhängigkeit des Leistungsbedarfes von Nebenverbrauchern variabel zugeschaltet wird. Damit soll an den eigentlichen Arbeitsabtrieben, also den Rädern, Zapfwellen und der Hydraulik immer die gleiche Leistung zur Verfügung stehen. John Deere macht sein “Intelligent Power Management” (IPM) bei der neuen 6R-Baureihe ebenfalls „smarter“ und berücksichtigt jetzt auch die Hydraulikleistung. Das Hydraulic-IPM misst den effektiven Leistungsbedarf an der Hydraulikpumpe und stellt dann exakt diese Leistung zusätzlich zur Verfügung.
Lüfter und Wartung
Visco-Lüfter ermöglichen seit Jahrzehnten bei Traktoren eine bedarfsgerechte, energieeffiziente Motorkühlung. Die klassischen Lösungen mit Bimetallfedern, die sich in Abhängigkeit der Kühllufttemperatur verbiegen und das Kupplungsventil betätigen, werden aber zunehmend durch e-Visco-Lüfter abgelöst. Dank elektromagnetisch betätigter Ventile lässt sich über die Motorelektronik steuern, wann und in welcher Menge das Silikonöl vom Vorrats- in den Arbeitsraum fließt. Das erlaubt eine aktive Anpassung der Lüfterdrehzahl. Fendt bietet für die überarbeiteten Baureihen 900 und 1000 eine automatische Reinigung des Luftfilters während der Fahrt an.
Traktormotoren werden zur Verminderung des Wartungsaufwandes zunehmend mit automatischen Systemen für die Ventilspielnachstellung ausgestattet. Weiter nach oben gehen zudem die Motorölwechselintervalle: Der bisherige „Benchmark“ lag bei 750 Betriebsstunden, neu ist er bei 1000. Der Trend zu niedrigeren Nenn- und Leerlaufdrehzahlen hält an.
Gas und Elektrik
Mit der CO2-Diskussion rücken alternative Treibstoffe und Antriebssysteme auch in der Landtechnik in den Fokus. New Holland profitiert von der langjährigen Erfahrung der Konzernschwester Iveco und produziert mit
dem T6.180 Methane als erster Hersteller einen Serientraktor mit Gasmotor. Die Maximalwerte für Leistung und Drehmoment sollen identisch sein wie beim Diesel-Pendant. Das Methan wird in Form von “Compressed Natural Gas” (CNG) in sieben integrierten Druckbehältern (185 l/32 kg) mitgeführt. An der Traktorfront kann optional ein „Range Extender“ mit weiteren 270 l/47 kg angebaut werden. Je nach Einsatzart soll der mitgeführte Energievorrat für drei bis sechs Arbeitsstunden reichen. Auch aufbereitetes Biogas mit einem Methangehalt von mindestens 83% lässt sich verwenden.
Elektrische Antriebe fristen bei Traktoren weiterhin ein Schattendasein. Den Durchbruch am schnellsten schaffen dürfte die Batterieelektrik. Geeignet ist diese eher für leichte und mittelschwere Anwendungen oder für periodisch wiederkehrende Arbeiten, bei denen genügend Zwischenladezeit zur Verfügung steht.
Stufenlosgetriebe
Stufenlosgetriebe mit hydrostatisch-mechanischer Leistungsverzweigung haben sich sowohl bei großen Systemtraktoren und Knicklenkern als auch bei Traktoren im Leistungsbereich um 100 PS etablieren. Die jüngsten Entwicklungen zeigen einen Trend zu gesamtheitlichen Antriebskonzepten. Hierzu zählt das “VarioDrive”-Konzept von Fendt, das seit zwei Jahren auch in der 900er-Baureihe Verwendung findet. Durch den getrennten Antrieb von Vorder- und Hinterachse lässt sich bei Fahrgeschwindigkeiten bis 25 km/h ein permanenter und verspannungsfreier Allradantrieb darstellen. Ein weiteres Beispiel stellt das “eAutopowr”-Getriebe von John Deere dar, bei dem für die stufenlose Verstellung des Übersetzungsverhältnisses nicht mehr hydrostatische, sondern elektrische Maschinen verwendet werden. Diese Generator-Motor-Einheiten sind so dimensioniert, dass sie nicht nur den Fahrantrieb versorgen, sondern zusätzlich bis zu 100 kW elektrische Leistung für externe „Verbraucher“ bereitstellen können. Wird diese Leistung etwa für elektrisch angetriebene Triebachsen großer Anhänger verwendet, entsteht ein Mehrachsen-Antriebssystem, das über den Traktor hinausgeht. Die ersten 8R-Modelle mit diesem Getriebe sollen in Europa laut Hersteller ab Anfang 2022 zur Verfügung stehen.
Stufengetriebe
Immer wieder stellten die Traktorenhersteller neue oder erweiterte Teil- und Volllastschaltgetriebe vor. Jüngste Beispiele sind die Lastschaltgetriebe “Dyna-7 und Dyna-E-Power” von Massey Ferguson. Bei Ersterem handelt es sich um ein 7-fach-Lastschaltgetriebe mit vier synchronisierten Gruppen, das auf dem bisherigen Dyna-6 basiert. Das Dyna-E-Power weist die gleiche Grundstruktur auf, der Gruppenwechsel erfolgt hier aber unter Last über Doppelkupplungen, woraus sich ein Volllastschaltgetriebe mit 28/28 Gängen (V/R) ergibt. Durch das „versetzte Übereinanderlegen“ der beiden mittleren Gruppen können hier im Geschwindigkeitsbereich von 5 bis 20 km/h sehr kleine Stufensprünge dargestellt werden. Mit dem Dyna-7 hat das Marktangebot an Teillastschaltgetrieben nun eine „durchgängige“ Anzahl an Lastschaltstufen von zwei bis acht.
Traktoren mit Lastschaltgetrieben werden zunehmend mit Komfortfunktionen ausgestattet: Fahrpedal-/Fahrhebel-Modi, Fahren mit Bremspedal ohne Kupplungspedalbetätigung, auch automatisches Ansteuern der optimalen Motorbetriebspunkte bei Teillast. Eine besondere „Verschmelzung“ von Stufen- und Stufenlosgetriebe nimmt Deutz-Fahr beim “RVshift” für die neue Baureihe 6C (126 bis 143 PS) vor. Basis hierfür stellt eine weiterentwickelte Version des hauseigenen leistungsverzweigten TTV-Getriebes mit neuer, automatischer Schaltung der mechanischen Grundstufen „Normal“ und „Heavy Duty“ dar. Für die üblichen Feldarbeiten und für Straßentransporte stehen insgesamt 20 Gänge zur Verfügung, für Arbeiten zwischen 0.02 und 5 km/h gibt es hingegen einen stufenlosen „Kriechgang“. Vier der 20 Gänge werden für gute Wirkungsgrade bewusst auf die Betriebspunkte gelegt, bei welchen die Motorleistungsübertragung rein mechanisch erfolgt. Das Schalten der Grundstufen erfolgt belastungsabhängig und kann zwischen dem ersten und dem 15. Gang liegen.
Das Erreichen der maximalen Fahrgeschwindigkeiten bei reduzierten Motordrehzahlen gehört heute zum Standard, sowohl bei gestuften als auch bei stufenlosen Getrieben. Bei den Heckzapfwellen bieten die meisten Traktorhersteller drei Drehzahlen an, einige sogar vier. Damit sich die Vorteile der Eco-Zapfwellen auch bei Front-Heck-Kombinationen nutzen lassen, werden auch in der Front zunehmend zwei Drehzahlen angeboten (1000/1000E).
Digitalisierung prägt Kabinenentwicklung
Getrieben durch die Digitalisierung präsentierten neuerdings viele Hersteller neue Baureihen, bei welchen die Innovationen hauptsächlich im Bereich der Kabinen zu finden sind. Bedien- und Anzeigeterminals mit Touch-Screen-Funktion und zusätzlichen Schnellzugriffstasten oder Dreh-Drückstellern sollen das Zusammenspiel zwischen Traktor und Anbaugeräten verbessern und die Vernetzung mit dem Betriebsbüro erleichtern.
Die Armaturenbretter vor dem Lenkrad werden entweder „digitalisiert“ oder wandern komplett in die rechte A-Säule. New Holland bietet für die Serie T7 HD optional ein feststehendes, digitales Display im Lenkrad an. Auf Automobil-Niveau sind mittlerweile auch die Systeme für Audio und Mobiltelefonie, die elektronischen Diebstahlschutzsysteme für Kabinentüren und Zündschlösser sowie die integrierten Kamerasysteme. Größere Verbreitung erfuhren auch die variablen Lenkübersetzungen. Gefedert werden moderne Traktorkabinen mechanisch, hydropneumatischen oder rein pneumatisch. Diese Federungssysteme werden zur weiteren Komfortsteigerung zunehmend mit denjenigen für die Vorderachse und mit der Schwingungstilgung für das Heckhubwerk verknüpft.
Traktor/Gerät
Das optimale Zusammenspiel von Traktor und Maschinen/Anhängern kann zur Steigerung der Produktivität und Sicherheit beitragen. Die Hersteller bieten deshalb zahlreiche Assistenzsysteme und Automatikfunktionen an. Beispiele sind die Frontladersysteme „E-Loader“ und „Precision Lift&Load“ von Massey Ferguson oder Valtra. Diese beinhalten Funktionen wie Positionsrückführung der Schwinge, Horizontalrückführung der Werkzeuge und „Schaufelschütteln“ sowie ein Wiegesystem. Basierend auf dem Assistenzsystem CEMOS bietet Claas neu eine direkte Anzeige für das Bodenverdichtungsrisiko unter Einsatzbedingungen an.
Zur Erhöhung der Sicherheit bei Transportarbeiten bieten mittlerweile mehrere Hersteller wie Claas, CNH oder Deutz-Fahr automatische „Streckbremsen“ an. Damit soll ein allzu starkes Aufschieben der Anhänger auf den Traktor vermieden werden, wenn dieser nur über Motorschleppmoment und Getriebe verzögert wird (ohne Betätigung der Betriebsbremse).
Die Lang-Version dieses Artikels gibt es auf
www.bauernzeitung.at/traktortrends
| DDI Roger Stirnimann, MBA, lehrt und forscht an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften in
Zollikofen, Schweiz |
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