Wirte-Lockdown kommt auch Landwirte teuer

Der nahezu völlige Wegfall der Gastro-Sparte samt Hotelsperren und Total-Einbruch im Tourismus setzt viele Bauern unter Druck. Bisher besonders betroffen: die Sparten Milch, Rindfleisch, Gemüse.

Köstinger ist besorgt über den Wegfall der Gasto-Abnehmer und ausbleibende Touristen. Foto: Bundeskanzleramt/Andy Wenzl

Seit dem Beginn der Corona-Krise vor nunmehr vier Wochen, verbunden mit der Sperre Tausender Gastronomie- und Tourismusbetriebe – vom Nobelhotel bis zu Urlaub am Bauernhof fehlen die Gäste, in den Städten beim Wirt um’s Eck, in Restaurants und Fastfood-Ketten, in Beherbergungsbetrieben, Wellness-Tempeln bis hin zu florierenden Dorfwirtshäusern. Weil auch viele Ämter und Behörden ihre Beamten und Mitarbeiter sowie Schulen ihre Schüler zu Home-Office verpflichtet, Fabriken ihre Arbeit stillgelegt und Kindergärten ihre Schützlinge nach Hause geschickt haben, wird auch in den meisten Kantinen im Land, wenn überhaupt, nur auf Sparflamme gekocht.
Der Wegfall all dieser Abnehmer vermutlich noch über mehrere Wochen hinweg bedeutet auch für die Landwirtschaft einen massiven Verlust. Allerorts fehlen die Abnehmer von frischem Fleisch, Milchprodukten bis hin zu Gemüse und Eiern.
Schulterschluss mit Handel
und Konsumenten
Die für Österreichs Landwirtschaft und Tourismus zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger appellierte daher zu Wochenbeginn speziell an die Supermarktketten und alle Kosumenten im Land, nun verstärkt regionale Erzeugnisse einzukaufen. „Weil in den nächsten Monaten aufgrund des Coronavirus voraussichtlich sehr viele Touristen nicht zu uns kommen werden, wird viel davon abhängen, dass wir einen Schulterschluss der Landwirtschaft mit dem Lebensmittelhandel und den Konsumenten schaffen.“ Beim Einkauf entscheide in Zeiten der Krise „jeder Einzelne mit, ob unsere Landwirtschaft in der Art und Weise wie bisher auch weitergeführt werden kann oder nicht“.
Von den Managern und Einkäufern der großen Handelsketten wünscht sich die Ministerin „eine Absichtserklärung, bei allen frischen Lebensmitteln nur österreichische Waren für Aktionen anzubieten“, so Köstinger gegenüber der APA. Ihr gehe es „nicht darum, alles andere aus dem Regal zu verbannen“, erklärte die Ministerin, sie kritisierte aber „knallharte Preisaktionen mit ausländischen Produkten“, etwa mit Frühkartoffeln aus Ägypten.
Vor allem der Absatzrückgang im Milch-, Rindfleisch- und Gemüsebereich bringe die Bauern unter Druck, warnte Köstinger. Auf EU-Ebene brauche es nun einen gemeinsamen Krisenmechanismus für die landwirtschaftlichen Betriebe, um die Agrarpreise zu stabilisieren Als Beispiel nannte sie die Reaktion der EU auf das Russland-Lebensmittelembargo im Jahr 2016. Damals erhielten Milchbauern einen finanziellen Bonus, wenn sie die Milchanlieferung freiwillig reduzierten.
Eine Beschleunigung des Strukturwandels aufgrund der Corona-Krise befürchtet Köstinger indes nicht. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) mit den Ausgleichszahlungen ist und bleibe für die Bauern „ein Sicherheitsnetz“. Dazu kommen Härtfallfonds und Corona-Hilfsfonds der Bundesregierung, mit denen auch in ihrer Existenz bedrohten Bauern geholfen wird. Laut Köstinger wurden bisher rund 2.500 Härtefall-Anträge von Landwirten gestellt.
Indes verweist man im Büro der Landwirtschaftsministern auch auf die Plattform frischzumir.at. Diese wurde zu Beginn der Corona-Krise eingerichtet und hat innerhalb von nur drei Wochen bereits mehr als 135.000 Nutzerinnen und Nutzer. „Ein erfolgreiches Beispiel, wie Direktvermarktung auch online funktionieren kann. Rund 850 Direktvermarkter und Wirte sind bereits gelistet.“
www.frischzumir.at

Benhard Weber

- Bildquellen -

  • Köstinger: BKA/Andy Wenzel
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