Die Pflanzenfamilie der Leguminosen verfügt über eine unter den Nutzpflanzen einzigartige Gabe. Die Pflanzen können in ihren Wurzelknöllchen eine Symbiose mit Bodenbakterien, den sogenannten Rhizobien, eingehen und Luftstickstoff (N2) aus der Atmosphäre pflanzenverfügbar machen, was eine N-Düngung in der Bestandesführung überflüssig macht. So weit, so gut. Wenn es aber um die konkrete Berechnung des nach Kleegras, Luzerne, Ackerbohne und Co. im Boden verbleibenden Stickstoffs geht, fehlen konkrete Zahlen. Der Grund hierfür ist Experten zufolge der Komplexität des Zusammenspiels aus Bewirtschaftung und Aktivität der Hülsenfrüchtler geschuldet.
Futterleguminosen sind Fixierungsmeister
Unterschieden werden Leguminosen grundsätzlich zwischen den kleinkörnigen (Futter-)Leguminosen, zu denen Rot- und Weißklee sowie Luzerne, aber auch Esparsette und Alexandrinerklee zählen und den Körnerleguminosen wie Erbsen, Ackerbohnen, Soja, Linsen und Lupinen. Was den Eintrag von Stickstoff und die förderliche Wirkung auf den Humusaufbau betrifft, sind kleinkörnige Leguminosen klar zu bevorzugen. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) bezifferte den N-Eintrag der meist mehrjährig angebauten Futterleguminosen in ihrem kooperativen Forschungsprojekt „demonetkleeluzplus“ auf im Durchschnitt 250 Kilogramm pro Hektar und Jahr. Unter den Körnerleguminosen könne hier nur die Ackerbohne mit einem Bindungsvermögen von im Schnitt 200 Kilogramm pro Hektar mithalten. Erbse und Lupine sollen immerhin 150 Kilogramm N binden, Sojabohne erreichte in Bayern eine N-Fixierung von 100 Kilogramm Stickstoff.
Diese durchaus beachtlichen Zahlen haben jedoch einen Haken. Ein großer Teil des durch die Leguminosen fixierten Stickstoffs wird bei der Futterbergung oder beim Drusch vom Feld abgefahren, der in den Ernterückständen gebundene Dünger geht teils in Form von Lachgas (N2O) in die Atmosphäre verloren.
Wie also die am Feld verbliebene N-Menge einfach errechnen? Diese Frage stellte sich ein Team von Agrarwissenschaftlern der Schweizer Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt „Agroscope“. In einer umfassenden Studie haben sie die derzeit verfügbare Literatur gesichtet und zwei Formeln zur Schätzung der Stickstoffeinträge durch symbiotische Stickstofffixierung erarbeitet. „Um die Gesamteffizienz der Stickstoffnutzung zu verbessern“, wie man informiert.
Faustformel als Näherungswert
Das für Dauergrünland und Feldfutter erarbeitete Modell basiert auf neun Eingabeparametern, wovon fünf durch Standardwerte ersetzt werden konnten. Den Wissenschaftlern zufolge müssten Bauern lediglich drei Parameter – nämlich Trockenmasseertrag, Düngungsniveau und Stickstoffgehalt bei der Ernte – ergänzen. Der für die Berechnung essenzielle Anteil an Leguminosen könne anhand einer sechsstufigen Kategorisierung abgeschätzt werden, teilt man mit. Für Körnerleguminosen sieht die Schweizer Formel sechs Eingabeparameter vor, wovon vier aus kulturspezifischen Standardwerten bezogen werden können. Agroscope zufolge können Landwirte damit nun erstmalig eine „grobe Abschätzung der Stickstofffixierung erreichen“.
Tatsächlich stellt die Formel Praktiker aber durchaus vor Herausforderungen. So ist derzeit bei Körnerleguminosen der benötigte Stickstoff- Ernteindex (also der Anteil an N in den Körnern) nicht Teil der Sortenprüfung. Beim Grünland erschwert die Einbindung einer Exponentialfunktion eine niederschwellige Berechnung.
50 bis 600 Kilogramm Stickstoff je Hektar
Auch das deutsche Bundesinformationszentrum für Landwirtschaft warnt ob der Komplexität vor allzu voreiligen Rückschlüssen auf die im Boden verbleibende Stickstoffmenge. Die Schwierigkeit sei demnach abzuschätzen, wie viel N in Ernte- und Wurzelrückständen tatsächlich gebunden bleiben. Die Fachliteratur nennt hier eine Streuung von 50 bis über 600 Kilogramm je Hektar, abhängig von den Anbaubedingungen und der Kulturart. So lassen hohe Ernteerträge beim Leguminosenbestand nicht zwingend Rückschlüsse auf einen hohen Bilanzsaldo im Boden zu. Im Gegenteil, häufig ist nach hohen Ernteverlusten oder geringen Korn/Strohverhältnissen eher mit erhöhtem N-Aufkommen im Boden zu rechnen.
Nmin-Untersuchung gibt Gewissheit
Für die Praxis bedeutet das, dass letztlich nur eine Bodenprobennahme samt Nmin-Untersuchung valide Zahlen über den Luftstickstoffeintrag liefert. Als Trostpflaster hält die Forschung immerhin eine Fülle an Tipps bereit, wie die Stickstoffgehalte für die Nachfrucht erhöht werden können. So kann etwa auf den Anbau langstrohiger Körnerleguminosen gesetzt werden, die mehr Stickstoff organisch binden. Bei Futterleguminosen kann das Mulchen des letzten Aufwuchses vor Umbruch beziehungsweise Neubestellung den Eintrag erhöhen. Aber Achtung, vorheriges Mulchen hemmt die symbiotische N-Fixierung.
Außerdem ist auf eine ausreichende Versorgung der Leguminosenbestände mit Phosphor und Schwefel zu achten. Besonders letzterer beeinflusst den Stickstoffhaushalt der Pflanzen bei einer Mangelsituation mit dem Faktor zehn. Fehlt also 1 Kilogramm Schwefel im Boden, können 10 Kilogramm Stickstoff nicht von den Pflanzen aufgenommen werden. Auf Nummer sicher gehen können viehhaltende Betriebe übrigens bei Futterleguminosen, wie die LfL informiert. Den von Luzerne oder Kleegras im Aufwuchs gebundenen Stickstoff können diese einfach nach der Verfütterung gezielt (und zum pflanzenbaulich korrekten Zeitpunkt) in Form von Wirtschaftsdünger applizieren.
- Bildquellen -
- Ackerbohnen in der Blüte: agrarfoto.com
- Kleebestand: agrarfoto.com