Wenn nur der Preis zählt, sind 30 Jahre vergessen

Steigende Kosten, steigende Produktionsauflagen, steigende Anforderungen hinsichtlich Tierwohl und nicht zuletzt steigende Sozialversicherungsbeiträge: Der in Summe steigende Druck auf die Landwirtschaft passt nicht zusammen mit den sinkenden Einkommen von Bäuerinnen und Bauern. Auch die Perspektiven für das Bauernjahr 2024 sind alles andere als rosig.

Ständige politische und gesellschafltiche Diskussionen über die Leistbarkeit von Lebensmitteln haben im vergangenen Jahr dazu geführt, dass heimische Konsumenten beim Lebensmitteleinkauf immer mehr den Preis in den Vordergrund stellen und weniger auf die Qualität achten. Dabei habe man sich die letzten 30 Jahre bemüht, Konsumenten die Bedeutung und den Wert heimischer Lebensmittel klar zu machen. „Jetzt geht es gefühlt nur noch um den Preis“, sagt Oberösterreichs LK-Präsident Franz Waldenberger. Er und LK-Direktor Karl Die­tachmair fragen sich, wie lange ein solcher „Wiederaufbau“ an Bewusstsein und letztlich auch Einkaufsverhalten wohl dauern wird. Schließlich sei eines klar: „Lebensmittel sind in Österreich leistbar. Diese Diskussion halten wir nicht mehr aus“, bringt es Waldenber­ger auf den Punkt. Sämtliche Zahlen würden das belegen: Weder sind die Preise hierzulande überdurchschnittlich angestiegen (29 Prozent im EU-Durchschnitt, 24 Prozent in Österreich, je von 2020 bis Mitte 2023), noch ist der Anteil am Haushaltseinkommen, den es für Lebensmitteleinkäufe braucht, in Österreich hoch. „Innerhalb der EU belegt Österreich beim Anstieg der Lebensmittelpreise die siebentniedrigste Stelle. Und jener Anteil, der für Lebensmittel ausgegeben wird, stellt mit 10,9 Prozent des Haushaltseinkommens innerhalb der EU den drittniedrigsten Wert dar“, sagt Waldenberger. Dabei gebe es in Österreich überdurchschnittlich viele Qualitätsprodukte wie Bio-Ware, Gütesiegelprodukte oder Tierwohl-Linien. Als Haupt-Preistreiber identifiziert wurden hierzulande Energiepreise und Lohnkosten. Stark preisbremsend wirke die hohe Konzentration im Lebensmittelhandel, wodurch die gesamte Wertschöpfungskette unter Druck stehe.

Quelle: lk oö
Franz Waldenberger, Karl Dietachmair

Sonderprogramme für Tierhalter

Die schon seit Jahren vor allem in der Schweinehaltung und in der Rindermast  verhaltene Investitionstätigkeit bäuerlicher Betriebe ist eine Folge der ständig steigenden Umwelt- und Tierwohlanforderungen. Die am Montag bekannt gewordene Aufhebung der bisher bekannten Übergangsfrist zum Vollspaltenboden-Verbot wird noch das ihre dazutun. „Es ist kein Verlass auf bestehende Regelungen“, bekräftigt Waldenberger. Die Landwirtschaftskammer warne daher bereits seit Jahren, dass eine sichere Versorgung mit heimischen Ferkeln als zentrale Grundlage für die Schweinemast immer mehr zur Herausforderung werde. Je mehr die Produktion hierzulande wegbreche, desto stärker sei man künftig von Importen abhängig. Daher brauche es etwa auch zum Reduzieren der  aus Tierschutzgründen in der Kritik stehenden Kälberexporte einen gezielten Ausbau von Rindermastkapazitäten. Momentan gehen diese eher verloren.

Mehr verpflichtende Kennzeichnung

Apropos Ausbau: Ein solcher wird auch beim Thema verpflichtende Herkunftskennzeichnung gefordert. Nach Fleisch, Milch und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung seien nun verarbeitete Lebensmittel sowie Gastronomie und Hotellerie an der Reihe.

Eingeschränkte Möglichkeiten beim Pflanzenschutz und Probleme bei Saisonarbeitskräften machen dem Obst- und Gemüsebau zu schaffen. Bei den pauschalen Beitragsgrundlagen in der Sozialversicherung kann die reale Einkommensentwicklung nicht mit den für 2024 und 2025 zu erwartenden Erhöhungen mithalten.   

Tiefgreifender Wandel

Von einem „aktuell tiefgreifenden Wandel in der Agrarproduktion“ spricht auch Karl Dietachmair, Direktor der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. So gibt es mit der neuen GAP-Förderperiode eine Vielzahl neuer Regeln und Rahmenbedigungen im Agrarumweltprogramm Öpul, denen die Landwirtschaftskammer in den vergangenen zwei Jahren umfassende Informations- und Beratungskampagnen gewidmet hat. Mit Erfolg, wie die Teilnahmeraten zeigen, die von 79 auf 83 Prozent der Betriebe angestiegen sind. „Die heimischen Bäuerinnen und Bauern dokumentieren damit ihre hohe Verantwortung und auch Bereitschaft zu einer marktkonformen Produktion“, so Dietachmair. Allerdings könnten im Biolandbau und im Tierwohlbereich die Absatzmöglichkeiten nicht mit dieser Bereitschaft mithalten.

Das satellitengestützte Flächenmonitoring, das nun seit einem Jahr im Einsatz ist, bezeichnet Dietachmair als die „tiefgreifendste Änderung seit dem EU-Beitritt“. Nachdem man diesem Schritt anfänglich „mit gehörigem Respekt“ begegnet sei, könne nun nach dem ersten Jahr eine sehr positive Bilanz gezogen werden. 

Neu ist heuer auch der Einstieg in das AMA-Gütesiegel für Ackerkulturen. Nach der diesjährigen Ernte wird es somit erste Gütesiegel Produkte aus verarbeitetem Getreide geben, also Mehl, Brot, Gebäck und Backwaren. Zusätzliche ackerbauliche Produkte wie Zucker oder Pflanzenöle sollen dann in weiteren Schritten folgen.

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  • PK Agrarausblick Waldenberger Dietachmair LK OÖ: lk oö
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