Wenn der Sammelwagen nur alle drei Tage kommt

Als erste Molkerei Österreichs stellt die Berglandmilch ab Oktober auf eine dreitägige Milchabholung um. Pilotregionen dafür sind die Süd- und Oststeiermark. Zwei weitere Regionen sind im Gespräch. Welche Vor- und Nachteile aber bringt eine solche Umstellung für Lieferanten und Molkerei mit sich?

Südoststeiermark: Berglandmilch sammelt die Milch ab Oktober nur mehr jeden dritten Tag. Foto: Daniel Scharinger / picturedesk.com

Mit hohen Energie- und Transportkosten argumentiert die größte Molkerei Österreichs ihre geplante Umstellung auf eine dreitägige Milchabholung vorerst in der Südoststeiermark. „Die Anzahl der Milchbauern ist dort und auch in anderen Regionen stark gesunken, wodurch sich die Kosten für den Sammeltransport erhöht haben. Wir legen in diesen ausgedünnten Regionen viele leere Kilometer zurück. Aus umwelt- und kostentechnischen Gründen wollen wir deshalb Transportkilometer reduzieren“, sagt der Geschäftsführer der Berglandmilch, Josef Braunshofer, auf Anfrage der BauernZeitung.
Die geplante Umstellung bedeute in dieser Region eine Reduktion der gefahrenen Kilometer von rund 50 Prozent, argumentiert der Geschäftsführer. Statt wie bisher jeden zweiten Tag wird der Milchtankwagen künftig bei rund 250 Milchlieferanten der Berglandmilch nur mehr alle drei Tage auf den Hof kommen, die gekühlte Milch absaugen und diese anschließend in die Berglandmilch-Molkerei samt großem Käsewerk nach Voitsberg transportieren.
Das ist ein Novum im Land. Die dreitägige Milchabholung gibt es hierzulande bisher nur bei Ziegenmilch. Dementsprechend viel Aufregung gibt es rund um die geplante Umstellung bei der Kuhmilch.

„Ist schon länger im Gespräch“
Bereits vor längerer Zeit wurde im Vorstand der Berglandmilch ein Beschluss gefasst. Auch wurden die betroffenen Bauern in dieser Region darüber informiert. Die Umstellung soll ab 1. Oktober schlagend werden. Spätestens dann sind die Milchlieferanten mit logistischen Herausforderungen konfrontiert. Einige werden wohl mit dem Volumen ihrer bisherigen Milchkühltanks an Grenzen stoßen. Manche werden einen größeren Milchtank kaufen müssen, andernorts sogar das gemeinsame Milchhaus komplett erneuern müssen, um das Tankvolumen zu vergrößern. In einigen Fällen werden Investitionen im fünfstelligen Bereich notwendig sein.
Molkerei bietet Lieferanten zinsenlose Kredite
Ein Teil der betroffenen Milchlieferanten fühlt sich mit der Situation alleine gelassen. Die Investitionen würden bei den Bauern hängen bleiben, lautet der Tenor. Damit konfrontiert, heißt es seitens Berglandmilch, dass man für jene Betriebe, die für den Umbau oder eine Neuinvestition viel Geld in die Hand nehmen müssen, einen zinsenlosen Kredit auf zehn Jahre zur Verfügung stellen könne. Dieser könne im Zuge der Milchgeldabrechnung an die Molkerei zurückgezahlt werden. Dazu der Berglandmilch-Geschäftsführer Braunshofer: „Wir wollen den Bauern bei der Umstellung helfen. Sie sollen keine finanziellen Probleme bekommen.“ Wirklich zufrieden sind die mit Investitionen konfrontierten Milchlieferanten mit diesem Angebot ihrer Molkerei aber dem Vernehmen nach nicht wirklich.

Ist die Milch dann noch frisch?
Die Umstellung auf eine dreitägige Milchabholung ist laut Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) nicht zwingend ein Nachteil für die Qualität und Frische der Milch. „Ausschlaggebend ist eine funktionierende Kühlung“, sagt deren Geschäftsführer Johann Költringer. Die beim Bauern abgeholte Milch werde auch in den Molkereien nicht immer sofort verarbeitet, sondern für gewisse Veredelungsschritte bis zum Zeitpunkt der Verarbeitung weiter gut gekühlt gelagert. „Entscheidend ist, dass die Kühlkette funktioniert.“ Auch auf die Keimzahl habe die Umstellung keine Auswirkungen.
Ob die Milch dann nicht mit Milch etwa aus Deutschland gleichzusetzen sei, wo große Molkereiriesen die dreitägige Abholung schon vor gut zehn Jahren eingeführt haben? Dazu erklärt Költringer, dass Österreich ohnehin viel strengere Regeln und höhere Standards als viele andere EU-Länder habe. Eine dreitägige Milchabholung sei also kein Wettbewerbsnachteil in puncto Qualität. Jedoch legen manche Molkereien und Verarbeiter besonderen Wert auf die Frische ihrer Milch. So gebe es in Österreich teils auch noch die tägliche Milchabholung.

Geringere Abholpauschale
Im Vergleich zu Deutschland haben die heimischen Molkereien eine geringere Milchanlieferungsmenge je Milchlieferant. Oder anders formuliert: Milchsammelwagen fahren in Österreich zu fünf Höfen, während in Deutschland für dieselbe Milchmenge ein Betrieb angefahren werden muss. Költinger: „Daraus ergeben sich naturgemäß höhere Kosten für den Transport und auch eine vergleichsweise hohe Abholpauschale. Ändert sich die Frequenz der Abholung, sinken die Kosten für den Milchtransport und auch für die Bauern.“ Ändern werden sich mit der Umstellung wohl auch der Termin der Abholung sowie die Reinigungskosten. Bei Berglandmilch rechnet man damit, bis zu 50 Prozent der Kosten für die Reinigung des Sammeltanks einsparen zu können.

Einen Fuß in der Tür
Laut einem Berglandmilch-Insider stehen noch zwei weitere Pilotregionen zur Diskussion. Eine im Norden und eine im äußersten Westen des Einzugsgebietes der Molkerei. Offziell lokalisieren will man diese noch nicht. Ob diese die Türöffner für einen flächendeckenden Systemwandel sein werden? „Ein solcher ist nicht geplant“, sagt Braunshofer. Ein Rundruf bei anderen Molkereien bestätigt diese Aussage. An die dreitägige Milchabholung denkt unter diesen Umständen heute vorerst (noch) niemand.

Martina Rieberer

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AUTORRed. SN
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