Rund 220 Gramm Rindfleisch pro Kopf und Jahr soll mit dem Mercosur-Abkommen mehr nach Österreich gelangen, schrieb Kurier-Ressortleiterin Ingrid Steiner-Gashi kürzlich in ihrem Leitartikel und ergänzte: „Das entspräche einem Steak pro Jahr, und nicht mal einem besonders großen.“ Dem Widerstand der Bauernvertreter, allen voran in Österreich, Frankreich und Polen scheint sie wenig abgewinnen zu können.
„Von einer massemäßig tödlichen Flutung durch die Lebensmittel der Mercosur-Staaten kann keine Rede sein“, da die Einfuhrmengen zuvor nochmals begrenzt und die Umweltauflagen für die südamerikanischen Exporteure erhöht wurden, behauptete sie.
„Schlag ins Gesicht der Bauern“
Für den Direktor des Österreichischen Bauernbundes, David Süß, greift diese „einseitige Darstellungsweise“ zu kurz, wie er Steiner-Gashi per Leserbrief ausrichtet. Süß empfindet den Leitartikel als „Schlag ins Gesicht all jener Bäuerinnen und Bauern, die tagtäglich hart arbeiten“. „Die Behauptung, dass das Abkommen strengere Quoten für Rindfleischimporte und verschärfte Umweltschutzbedingungen beinhalte, spiegelt nicht die Realität wider“, schreibt er weiters.
Nach wie vor vernachlässige das Handelsabkommen „wesentliche Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung von Agrar- und Lebensmittelsystemen“. „Wir sind nicht per se gegen ein Freihandelsabkommen, sondern fordern faire Bedingungen für unsere heimische Landwirtschaft“, stellt Direktor Süß außerdem klar. Die hohen Standards im Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz hätten ihren Preis. Diesen sei man in der heimischen Landwirtschaft gerne bereit zu zahlen. Anders in den Mercosurstaaten wo Umweltzerstörung, fragwürdige Produktionsmethoden und soziale Missstände fester Bestandteil der Fleischproduktion seien.
Süß: „Warum sollen unsere Bauern, die täglich hochwertige Lebensmittel nach den höchsten Standards produzieren, Verluste akzeptieren?“
Auch Ingrid Steiner-Gashi räumte in ihrem Kommentar ein, dass wohl „Umstellungen“ in der europäischen Landwirtschaft notwendig würden, auch manche Verluste seien wohl „unumgänglich“. Süß: „Da fragen wir uns, warum müssen unsere Bauern, die täglich hochwertige Lebensmittel nach den höchsten Standards produzieren, Verluste akzeptieren?“
Regionale Landwirtschaft steht auf dem Spiel
Der Bauernbund-Direktor ist jedenfalls überzeugt, dass die EU die Zukunft ihrer Landwirtschaft nicht „für kurzfristige, wirtschaftliche Vorteile“ opfern darf: „Frau Steiner-Gashi reduziert die Diskussion auf 220 Gramm Rindfleisch. Dabei übersieht sie die weitreichenden Folgen dieses Abkommens.“ Es gehe nicht nur um Fleischimporte, sondern um die Zerstörung der Lebensgrundlagen vieler europäischer Bauern und den Verlust regionaler Lebensmittelversorgung.
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- David Süß: Bauernbund