Was wir in Zukunft essen werden ist ein Thema, über das gerne geredet und spekuliert wird. Im Studium Lebensmitteltechnologie und Ernährung an der Fachhochschule Wels wird es auf wissenschaftlicher Ebene behandelt. Mit einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit, wie Studiengangsleiter Otmar Höglinger betont, der kürzlich in einem Online-Vortrag Zukunftsszenarien aufgezeigt hat.
„Wir werden auch in Zukunft das essen, was wir heute essen. Nur wird es anders prozessiert und zusammengesetzt sein. Aber es werden immer noch Kohlenhydrate, Fette und Pro-teine sein“, bekräftigt der Experte. Wie die Entwicklungen bei Rohstoffen und Technologien, auch beeinflusst durch Gesundheit und Demografie, bis 2070 aussehen könnten, zeigt Höglinger in folgenden Prognosen auf: Die Rohstoffvielfalt wird sich weiter reduzieren, aus wirtschaftlichen Gründen, wegen weiterentwickelter Technologien und auch wegen des Klimawandels.
Nischen für Spezialprodukte wird es immer geben
■ Nischen wird es immer geben: Damit gemeint sind etwa Spezialprodukte bei Getreide oder Ölsaaten, verschiedene „Superfoods“, Pilze, Insekten oder Algen. „Wir sind hierzulande keine Insektenesser und werden das auch nicht werden, aber als Futtermittel für Fische oder Garnelen werden sie verstärkt eingesetzt werden“, ist Höglinger überzeugt.
■ Neue Technologien werden die Qualität und den Produktionsstandort ändern. Als Beispiele für diese Prognose nennt Höglinger die Möglichkeit, mithilfe der LED-Technologie auch Innenräume zu nutzen, wie es etwa in Dubai längst Stand der Technik sei. Auch so genanntes „In-Vitro-Fleisch“, also Fleisch aus dem Labor, das heute bereits in kleinen Mengen (und zu sehr hohen Preisen) auf dem Markt ist, werde vermehrt kommen.
■ Nanotechnologie und 3D-Druck werden zum Standard werden. Ein Beispiel für das Nutzen von Nanotechnologie: Ketchup, das nicht mehr unerwünscht aus der Flasche fließt. 3D-Druck-Systeme werden sich im Süßwarenbereich durchsetzen. „Die Technik, wie man druckt, ist ja längst entwickelt“, betont Höglinger.
■ Durch verfahrenstechnische Weiterentwicklungen wird es möglich sein, Lebensmittel zielgerichteter zu produzieren. Membrantechnologie, der Einsatz von Extraktionsmethoden oder auch Ultraschall sollten dabei helfen, interessante Komponenten aus Lebensmitteln herauszuholen. Ziel sei auch, Lebensmittel nur minimal zu prozessieren, um möglichst geringe Vitaminverluste oder Veränderungen zu haben. „Ein Beispiel dafür ist die High-Pressure-Technologie, mit der wesentlich schonender pasteurisiert werden kann als mit üblichen Methoden“, sagt Höglinger. Auch das Entwickeln neuer Garverfahren oder das Arbeiten mit Technologie aus der Reinraumtechnik (Stichwort „Hygienic Design“, das für hygienegerechte Anlagen steht) in Verbindung mit Robotik werde sich verstärken. Letztlich werden in Zukunft funktionelle Lebensmittel stärker nachgefragt werden, zum Beispiel mit Fokus auf Herzgesundheit, auf Augengesundheit oder solche mit Zusatznutzen für sportlich sehr aktive Menschen.
Verbesserte Haltbarkeit kann auch der Umwelt dienen
■ Technologien, die für verbesserte Haltbarkeit sorgen, werden stärker forciert werden. „Dieser Trend ist da“, bestätigt Höglinger. Er könne auch ein Vorteil in Richtung Umweltschutz sein, wenn dadurch die Lebensmittel-Verschwendung stark reduziert werden kann.
■ Die Biotechnologie wird stärker in die Lebensmittelproduktion gelangen. „Auch das hat einen umweltschonenden Aspekt, weil dadurch beim Verarbeiten weniger Abfall entsteht. 200 Lebensmittel-Enzyme werden heute bereits verwendet, diese werden weiter adaptiert werden“, ist Höglinger überzeugt.
■ Unter „Nutrigenetik“ wird der Zusammenhang zwischen Ernährung und Genetik erforscht. Daraus lässt sich ableiten, wie genetisch bedingte Stoffwechselleistungen durch Ernährung kompensiert werden können.
„Das alles sind Prognosen, wohin sich unsere Ernährungswelt entwickeln kann“, sagt Höglinger. Dass daneben aber auch der Klimawandel ein Wörtchen mitreden wird, steht außer Frage. „Er wird uns de facto zwingen, unsere Ernährungsweise umzustellen auf mehr Obst und Gemüse, aber auch dazu, neue Technologien anzunehmen“, ist der Fachhochschul-Professor überzeugt. Die Zukunft werde ein „Hochseilakt“ sein. „Vernünftiges Handeln wird notwendig sein. Wir werden Techniken annehmen und nutzen müssen, um gesunde, sichere, klimafreundliche und sozial gerecht verteilte Lebensmittel produzieren zu können“, so Höglinger.
20Trotz aller modernen Technologien ist aber klar: Den Rohstoff werden auch in Zukunft die Bauern liefern. Höglinger ortet daher auch genug Chancen für die Landwirtschaft. Voraussetzung dafür ist aber Bildung. „Ein Landwirt heute muss Chemiker, Physiker, Meteorologe und Betriebswirt sein. Mit Landwirtschaft soll er sich natürlich auch auskennen. Das ist schon heftig“, sagt Höglinger. Vielfältiges Wissen bewahre Bauern davor, von anderen abhängig zu sein. Das Wichtigste sei, die Augen vor Entwicklungen und Trends nicht zu verschließen, sondern Veränderungen auch in der Landwirtschaft offensiv anzugehen.
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- Scientist Hold Test Tube With Plant Inside In Laboratory.: Michael Sapryhin - stock.adobe.com