Waldbauern droht ein „Bürokratiemonster“

Die EU hat eine Entwaldungsverordnung beschlossen, die Ende des Jahres in Kraft treten soll. Die Regelungen betreffen Produkte wie Holz, Holzprodukte, Rindfleisch und Soja und erfordern Nachweise, dass keine Entwaldung bei ihrer Produktion stattgefunden hat. Landwirtschaftskammer und Holzindustrie kritisieren die bürokratischen Hürden scharf und befürchten, dass dadurch insbesondere Kleinwaldbesitzer mit der Bewirtschaftung aufhören.

Es braucht praxistaugliche Regeln für die heimischen Waldbesitzer.

Die Entwaldungsverordnung wurde von der EU bereits beschlossen und soll schon Ende dieses Jahres in die Umsetzung gehen. Sie besagt, das bestimmte Produkte wie Holz und Holzprodukte sowie Rindfleisch und Soja nur in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sichergestellt sei, dass durch deren Produktion keine Entwaldung und auch keine Waldschädigung entstanden ist.

Zur Überprüfung und Nachvollziehbarkeit der Produkte beabsichtige die EU-Kommission, ein umfangreiches Informationssystem aufzubauen. Jeder Waldbesitzer, der Holz in Verkehr bringt, habe sich in diesem System zu registrieren und eine Sorgfaltserklärung abzugeben. Dazu sei eine Reihe von Daten einzutragen unter anderem der lateinische Name der Holzart sowie die Menge und die Geokoordinaten des beernteten Grundstückes. So werde eine Referenznummer generiert, die wiederum an den nächsten in der Lieferkette z. B. ein Sägewerk weitergegeben werden müsse.

Auch Kleinwaldbesitzer mit weniger als zehn Hektar davon betroffen

Für Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger ist das „ein weiteres abschreckendes Beispiel für Bürokratie ohne Zusatznutzen.“ Denn der ganze Aufwand soll in allen EU-Ländern betrieben werden, obwohl illegale Entwaldung in Österreich kein Thema sei: „Wem nutzt es, dass die bäuerlichen Familienbetriebe sowie die vor- und nachgelagerten Branchen von der EU mit immer höheren Auflagen und Dokumentationspflichten drangsaliert werden, obwohl das Kernziel eigentlich ist, Missstände außerhalb der EU zu beseitigen“, zeigt sich Waldenberger empört über dieses „Bürokratiemonster“, das auch für Kleinwaldbesitzer mit weniger als zehn Hektar Waldfläche gelten soll.

Die Landwirtschaftskammer habe zwar zahlreiche Abänderungsanträge für eine praxistaugliche Ausgestaltung eingebracht, die laut Waldenberger jedoch keine Berücksichtigung gefunden hätten. „Wir sind nicht gegen das grundlegende Ziel der Verordnung, wonach es zu keiner großflächigen Entwaldung aufgrund landwirtschaftlicher Produktion kommen soll, sondern gegen eine völlig praxisferne und überbordende bürokratische Umsetzung. Die Vorgaben sind zu einem völlig realitätsfernen, für bäuerliche Betriebe unzumutbaren Regelungs-Wirrwarr verkommen. Ich poche dringend darauf, die derzeit noch in der Übergangsphase befindliche Verordnung grundlegend zu überarbeiten“, so der Landwirtschaftskammer-Präsident, der eine differenzierte Umsetzung in den EU-Mitgliedsstaaten fordert.

Das ist ein weiteres abschreckendes Beispiel der EU für Bürokratie ohne Zusatznutzen. Franz Waldenberger

Während die Umsetzungspläne betreffend Wald und Holz bereits weit fortgeschritten sein dürften, sei laut Waldenberger bei Soja und Rindfleisch aktuell noch nicht absehbar, was das für die Betriebe in der Praxis bedeute.

„Weitere Grausigkeit aus Brüssel“

Als „eine weitere Grausigkeit aus Brüssel“, bezeichnet Waldverbandsobmann Franz Kepplinger die Verordnung und verweist auf das hierzulande geltende strenge Forstgesetz, das großflächige Waldrodungen de facto ohnehin unmöglich mache: „Das ist zwar alles gut gemeint, aber aus unserer Sicht komplett überschießend. Unser Wald steht sehr gut da die Waldfläche wird mehr und der Holzvorrat steigt“, so Kepplinger. Er befürchtet, dass sich viele landwirtschaftliche Betriebe aus der Holzproduktion zurück ziehen werden: „Die bürokratischen Anforderungen führen dazu, dass insbesondere kleine Waldbesitzer, die unter Umständen aufgrund der Kleinstruktur ihrer Waldflächen keine jährlichen Holznutzungen vornehmen, mit den Auflagen überfordert sind. Diesen Waldbesitzern wird der Marktzugang durch unverhältnismäßigen Bürokratieaufwand faktisch verstellt.“

Kleineren Waldbesitzern wird der Marktzugang durch unverhältnismäßigen Bürokratieaufwand verstellt. Franz Kepplinger

Besonders bedenklich sei, dass mit dem überzogenen Dokumentations- und Kontrollvorgaben der Wettbewerb zu Lasten der kleinen Betriebe verzerrt werde und dies zum gänzlichen Verzicht auf eine Waldbewirtschaftung im Kleinprivatwald führen könnte. Der notwendige Waldumbau würde dadurch de facto ausgebremst werden.

Holzindustrie vermutet Lobbyismus anderer Baustoffindustrien

Sorgen bereitet die Verordnung aber nicht nur der Forstwirtschaft, sondern auch der heimischen Holzindustrie. „Der Ansatz die globale Entwaldung zu stoppen ist gut, die Umsetzung aber katastrophal. Niemand weiß wie die Nachvollziehbarkeit vom Wald bis hin zum fertigen Holzprodukt umzusetzen sein soll“, so Fachvertreter Rudolf Ortner. Für seinen Betrieb in Tragwein seien zur Bewältigung des bürokratischen Mehraufwands alleine zwei Vollzeitarbeitskräfte notwendig. Da der Anteil am Holzbau in der EU laufend zunehme, vermutet er Lobbyismus von Vertretern anderer Baustoffindustrien: „Das gefährdet die schärfste Waffe des Klimaschutzes.“

Niemand weiß wie die Nachvollziehbarkeit vom Wald bis hin zum fertigen Holzprodukt umzusetzen sein soll. Rudolf Ortner

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AUTORThomas Mursch-Edlmayr
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