Unsere Bäuerinnen und Bauern sind Profis in der Produktion. So ernährt heutzutage ein österreichischer Landwirt 102 Menschen. 1970 waren es gerademal zwölf. Selbstversorgungsgrad mit bäuerlichen Produkten: stattliche 96 Prozent. Produktionswert der Land- und Forstwirtschaft: 8,9 Milliarden Euro – und 530.000 Arbeitsplätze. Derartige Ziffern würden bei jeder anderen Firma zu Lobesbekundungen führen. Nicht so in der Landwirtschaft: Es herrscht berechtigte Betroffenheit über Märkte, Preise und das bäuerliche Einkommen. Aber da ist noch ein viel gewichtigerer Unterschied zur Firmenwelt. Eine Firma muss ihre Produkte mit Wertschöpfung verkaufen. Wieder anders in der Landwirtschaft: Ziemlich viele Bauern stellen keine Rechnung und kommen damit auch nicht auf ihre Kosten. Bei der vielgerühmten Qualität der österreichischen Agrarerzeugnisse ist das besonders tragisch.Und doch finden genau dort, bei der Qualität, immer mehr Bauern neue Nischen, wo sich Geld verdienen lässt. Dort, wo der persönliche Kontakt zum Abnehmer da ist, spielt die Frage, ob bio oder konventionell, plötzlich überhaupt keine Rolle mehr. Der Kunde sieht und spürt, ob er dem Bauern, der Bäuerin, die vor ihm steht, vertrauen kann. Wo eine starke Marke oder vielleicht sogar ein Alleinstellungsmerkmal da ist, wird man resistent gegen andere Anbieter. Kurzum: Bauern müssen nebst Ernährern auch verstärkt zu Erklärern werden. Vor allem aber zu Vermarktern. Und zwar in jenen Regionen, wo sonst der Strukturwandel einigermaßen heftig zuschlagen wird.
Vom Ernährer zum Erklärer
Herausgeberkommentar von Dr. Johannes Abentung, Direktor des Österreichischen Bauernbundes
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