Der Boden ist eine der wichtigsten Lebensgrundlagen und nicht vermehrbar. Lediglich 3 Prozent der Erdoberfläche sind ackerbaulich nutzbar und davon stehen nur 18 Prozent für den Anbau von Nahrungsmitteln zur Verfügung, das sind 0,6 Prozent der Erdoberfläche. Der Boden ist nicht nur Substrat für die Pflanzen sondern ökologisch gesehen ein riesiger Pool an Organismen und an Kohlenstoff, den er sehr gut speichern kann. Ein Hektar Boden enthält 20 Tonnen Bakterien und Pilze, 30.000 Bakterienarten, 60.000 Algenarten und eineinhalb Millionen Pilzarten. 25 Tonnen Flora und 5 Tonnen Fauna finden sich in einem gesunden Ackerboden, was 6 GVE (Großvieheinheiten) entspricht. Diese arbeiten für uns, wenn wir sie nicht allzu sehr stören und wenn wir sie entsprechend mit organischer Substanz (Ernterückstände, Gründecken) versorgen.
Natürliche Grenzen im Pflanzenbau
Trockenheit und Hitze sind besonders in Ostösterreich, in weiten Teilen Mitteleuropas und der Welt der begrenzende Faktor in der Pflanzenproduktion. Umso sorgfältiger soll und muss man mit diesen Produktionsbedingungen umgehen. Dabei muss bewusstwerden, dass jeder Eingriff in den Boden nicht nur Kohlenstoff abbaut (verbrennt) und damit auch Humus, sondern auch Wasser verbraucht, indem feuchter Boden auf die Bodenoberfläche gebracht wird und dann austrocknet. Diese Aspekte und jene der Bodenerosion in Hanglagen haben weltweit zur Entwicklung von Mulch- und Direktsaatsystemen geführt, um die Erträge zu stabilisieren und auch zu steigern.
Bodenerosion bedroht unsere Zukunft
Bodenerosion ist global eine der größten Gefahren für eine nachhaltige Bewirtschaftung. Allein in Österreich sind rund 400.000 Hektar – also ein Drittel der Ackerfläche – potentiell erosionsgefährdet. Der Erdabtrag gefährdet nicht nur die Bodenfruchtbarkeit sondern verursacht hohen Kosten bei der Beseitigung des erodierten Materials in Gräben, auf Straßen und in Kommunalbereich. Ab 1. Jänner 2019 ist eine neue Cross Compliance-Bestimmung in Hanglagen zum Erosionsschutz einzuhalten. Auf Ackerflächen mit einer überwiegenden Hangneigung von mehr als 18 Prozent und Kulturen mit langsamer beziehungsweise später Jugendentwicklung wie Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln, Sonnenblumen, Sojabohnen, Ölkürbis, Hirse oder Feldgemüse und einer Feldgröße über einem halben Hektar oder einer größeren Feldlänge als 100 Meter sind spezielle Auflagen geltend.
Die Ackerfläche ist durch Querstreifen mit bodenbedeckendem Bewuchs zu untergliedern oder mindestens fünf Meter breite Streifen mit bodenbedeckendem Bewuchs anzulegen oder Anbau quer zur Hangrichtung oder erosionshemmende Anbauverfahren wie Schlitz- Mulch oder Direktsaat durchzuführen.
Versuche bringen wichtige Erkenntnisse
In Niederösterreich werden Mulch- und Direktsaat seit nunmehr drei Jahrzehnten entwickelt und getestet und seit 27 Jahren in Kooperation mit der Universität für Bodenkultur (Univ. Prof. Dr. A. Klik) Erosionsmessstellen an zwei Standorten betrieben. Diese sind auf Flächen der an die Landwirtschaftlichen Fachschulen angegliederten Lehr- und Versuchsbetriebe angelegt. Acht verschiedene Bodenbearbeitungs- und Gründecken werden geprüft und die Ergebnisse aufgearbeitet und in Lehre und Beratung weitergegeben.
In diesen umfangreichen Versuchsreihen wurde schnell klar, dass Gründecken sich nur dann unter trockenen Bedingungen entwickeln, wenn sie möglichst rasch nach der Ernte angebaut werden. So sind auch im pannonischen Klimaraum mit unter 600 Millimeter Jahresniederschlag üppig entwickelte Sommerbegrünungen machbar. In der Praxis hat sich ein möglichst seichter Stoppelsturz mit Leichtgrubber oder Scheibenegge mit einer maximale Bearbeitungstiefe von fünf Zentimeter bewährt. Eine neu entwickelte Crosscutter-Disk ermöglicht sogar ein noch seichteres Einmischen der Ernterückstände, benötigt jedoch mindestens zwölf km/h Fahrgeschwindigkeit.
Hat das Ausfallkorn angekeimt wird seicht bearbeitet und dann Ende Juli bis Mitte August die Sommerbegrünung angebaut. Im Trockengebiet muss das mit einer Sämaschine erfolgen, will man diese Gründecke auch gut etabliert haben. Ängste, dass zu viel Wasser verbraucht wird beruhen auf dem Irrglauben, dass Schwarzbrache kaum Wasser benötigt. Wassergehaltsmessungen in Hollabrunn zeigten, dass eine Schwarzbrache nahezu genauso viel Wasser unproduktiv verbraucht als eine gut entwickelte Begrünung; letztere baut jedoch organische Substanz und in Folge im Boden Humus auf, der wiederum die Winterfeuchte und Regen gut speichern kann, was sich in höheren und stabileren Erträgen widerspiegelt.
Tiefe Bodenbearbeitung und damit „Verbrennen“ von Kohlenstoff mit der Folge von geringerem Humusgehalt führte nachweislich nicht zu jenen Ertragssteigerungen, die eigentlich durch moderne Kultivierung, Genetik, Düngungs- und Pflanzenschutzmanagement vorhanden sein müssten.
Kohlenstoff ist auch ein wesentlicher Baustein von Glomalin, einem Glykoprotein, das für die Aggregatstabiltät verantwortlich zeichnet. Minimalbodenbearbeitung hat statistisch abgesichert mehr Kohlenstoff im Boden, dadurch mehr Glomalin als Kittsubstanz der Aggregate und somit eine sicher höhere Aggregatstabilität was für die extrem schweren modernen Maschinen von größter Wichtigkeit ist.
Eine Verringerung der Bearbeitungsintensität erhöht den Kohlenstoffgehalt im Boden, dieser vermehrt Glomalin und die Aggregatstabilität steigt statistisch gesehen sicher; die Böden sind dann eindeutig tragfähiger und weisen weniger Fahrspuren auf.
30 Jahre Bodenschutz-Kompetenz
Dass es also auch anders geht wird seit nunmehr drei Jahrzehnten an den Lehr- und Versuchsbetrieben der Landwirtschaftlichen Fachschulen in Niederösterreich gezeigt. Hier sind Sommerbegrünungen Standard und den Schülern, aber auch interessierten Landwirten, werden die Mischungen und deren Vor- und Nachteile demonstriert.
Seit 2004 werden auch an fünf Standorten, mit durchschnittlich 500 bis 850 Millimeter Jahresniederschlag, Bodenbearbeitungsversuche angelegt. Dort werden die folgenden vier Varianten getestet:
- Konventionell Grubber – Pflug
- Reduziert Grubber plus Scheibenegge (maximal 12 bis 15 Zentimeter)
- Minimiert Leichtgrubber oder Scheibenegge (maximal 5 bis 10 Zentimeter)
- No Tillage – keine Bodenbearbeitung
Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg ist nicht in erster Linie der Ertrag, sondern der Nettoerlös, der sich aus dem Ertrag (das ist der Produkterlös) minus Maschinenkosten errechnet; die restlichen Aufwendungen unterscheiden sich nicht.
Bei den Nettoerlösen wird deutlich, dass die reduzierten und minimierten Bodenbearbeitungsverfahren der konventionellen Methode überlegen sind. Sogar NoTill kann bei den Erlösen mithalten, verursacht aber wesentlich weniger Aufwand ist aber auch riskant wegen stärker auftretenden Wurzelunkräutern und bei leichten Böden wegen Bodenverdichtung nach einigen Jahren. Ebenso darf bei Getreide-Maisfruchtfolgen die Gefahr einer Fusariuminfektion, übertragen durch oberflächlich liegende Ernterückstände, nicht unterschätzt werden. In diesem Fall ist nach der Ernte ein seichtes einmischen der Erntereste unumgänglich um einen raschen Rotteprozess einzuleiten. Anschließend kann dann die Gründecke angelegt werden um sowohl eine Schattengare als auch Erosionsschutz zu gewährleisten. Sandböden benötigen alle paar Jahre eine tiefere Lockerung, um nicht allzu sehr zu verdichten.
Energiebedarf für Maschinen
Wichtig ist in der landwirtschaftlichen Produktion auch der Energieverbrauch und der CO2-Ausstoß, der in der Tagespolitik immer mehr Beachtung findet. Treibstoffverbrauchsmessungen in Tulln, auf pseudovergleyten Tschernosemen mit einem über 50 prozentigen Tonanteil wurde dies analysiert.
Somit kann ein Betrieb, wenn er zum Beispiel 50 Hektar Winterweizen anbaut, durch Mulchsaat 1.000 Liter Diesel sparen, was rund 1.000 Euro entspricht; an Umweltleistung stehen eine Einsparung von rund drei Tonnen CO2 zu Buche. Kalkuliert man noch die mögliche Kohlenstoff- und CO2-Speicherung im Boden so ist wirklich eine immense ökologische Leistung möglich. Angemerkt sei auch, dass Firmen bereits CO2-Zertifikate für solche Maßnahmen anbieten.
Minimalbodenbearbeitung ist machbar
Minimalbodenbearbeitung, also konservierende Mulchsaat, ist bei entsprechender maschineller Ausstattung problemlos anwendbar. Bei den Maschinen ist jedoch auf ihre Mulchsaattauglichkeit zu achten. Schardrücke von mindestens 120 bis 150 Kilogramm sind unumgänglich, Scheinbeneggenvorsätze bei Drillsaat empfehlenswert. Bei einer Maschine haben wir diese sogar durch Wellscheiben (“Coulter Discs”) ersetzt, um genau in der Sattrille lockere Erde zu produzieren beziehungsweise Mulch aufzuschneiden damit nach dem Sävorgang der Säschlitz auch wieder vollständig geschlossen werden kann.
Besonders wichtig sind diese Wellscheiben bei der Einzelkornsaat, will man sicher den Säschlitz schließen, wozu man die lockere Erde, produziert von diesen Wellscheiben, benötigt. Normale Scheiben verursachen zudem Verdichtungen an den Flanken der Schlitze, was das Schließen wiederum erschwert. Leider werden diese Coulterdiscs in Europa nur von wenigen Herstellern angeboten und dann von den Landwirten kaum mitgekauft – ein schwerer Fehler, der viele Möglichkeiten verhindert. In jenen Ländern, wo seit Jahrzehnten auf Direktsaat gesetzt wird – immerhin auf über 150 Millionen Hektar weltweit – sind Coulterdiscs sowohl bei Einzelkorn- als auch Drillsaat Standard.
Fazit
Zusammenfassend kann die Mulch- und Direktsaat empfohlen werden. Dieses System erfordert aber spezielles Fachwissen und eine adaptierte oder angepasste Sämaschinenausstattung, will man erfolgreich sein. Stellt man sein Anbausystem um, kann und soll das nicht ohne Umstellungsphase erfolgen. Als Faustzahl kann gelten, pro Jahr fünf Zentimeter seichter zu bearbeiten um unnötige Probleme in der Umstellungsphase zu vermeiden. Dann wird sich der Boden mit seinen enorm wichtigen Mikro- und Makroorganismen auf das System einstellen und die Vorteile können ausgeschöpft werden. Dass man dann Boden schonend, nachhaltig mit minimiertem Erosionspotential kostengünstiger produzieren kann ist erwiesen und konnte in Niederösterreich in vielen Jahren nachgewiesen werden. Weniger Bodenbewegung, 50 bis 70 Prozent weniger Treibstoffverbrauch, minimiertes Erosionsrisiko und Ausschöpfung der ÖPUL-Fördermöglichkeiten sind Argumente für das System, welches in Ermangelung der leistungsfähigen Zugsfahrzeuge bzw. Pferden von unseren Vorfahren praktiziert wurde. Lediglich drei Prozent der Erdoberfläche stehen für die landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung, eine Ausweitung ist nicht möglich und so muss diese Fläche optimal und schonend genutzt werden.
Autor:
Dipl.-Ing. Dr. Josef Rosner
Amt der NÖ Landesregierung
Gruppe Kultur, Wissenschaft und Unterricht
Abt. Schulen, 3109 St.Pölten
Link zu den Versuchsergebnissen
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