TTIP: “Die Bauernschaft darf nicht zum Opfer des Freihandels werden.”

V.l.: Hattmannsdorfer, Drexel, Pühringer, Schrott und Hiegelsberger diskutierten im Rahmen des ?PoliTalk?. ©OÖVP
V.l.: Hattmannsdorfer, Drexel, Pühringer, Schrott und Hiegelsberger diskutierten im Rahmen des ?PoliTalk?. ©OÖVP
Schon seit geraumer Zeit erhitzt die Diskussion rund um das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP die Gemüter. Seit mittlerweile drei Jahren wird darüber zwischen der USA und der EU verhandelt. Mit mehr als 800 Millionen Verbrauchern soll die bislang größte Freihandelszone der Welt entstehen. Dadurch soll der Handel mit Waren, Dienstleistungen und Investitionen erleichtert, der Marktzugang für Unternehmen verbessert und die geltenden Handelsregeln verstärkt werden. “Gerade für ein Industrie- und Exportbundesland wie Oberösterreich wäre es unklug, ein Freihandelsabkommen von vornherein abzulehnen. Der Abbau von Handelshemmnissen oder unnötiger Bürokratie, der die Wirtschaft ankurbelt, ist grundsätzlich zu begrüßen”, betonte Landeshauptmann Josef Pühringer und ergänzte: “Die heimischen Standards, egal ob bei Lebensmitteln, im Arbeitsrecht, bei der Produktsicherheit, beim Gesundheits- oder Umweltschutz dürfen jedoch keinesfalls abgesenkt werden.”

Hiegelsberger: “In dieser Form keine Zustimmung”

Agrarlandesrat Max Hiegelsberger kritisierte, dass die Diskussion um das Freihandelsabkommen nur noch auf einer rein emotionalen und polemischen Ebene stattfindet. Er forderte öffentliche Verhandlungen auf Augenhöhe sowie eine Aufklärung der Konsumenten. Zudem verwies er darauf, dass es aus agrarischer Sicht derzeit nicht möglich wäre, den Lebensmittelproduktionsstandort Österreich ohne Drittlandsexporte zu halten. In der Landwirtschaft gibt es jedoch Bereiche die einer besonderen Sensibilität unterliegen. Im konkreten sprach er dabei neben dem Zuckermarkt vor allem die gesamte Fleisch- und Getreideproduktionskette an. Hier warf Hiegelsberger einen Blick nach Japan. Dort ist es bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit Amerika gelungen, die Zölle im landwirtschaft-lichen Bereich auf Grund der unterschiedlichen Produktionsbedingungen abzusichern. Auch die Anerkennung und der Schutz von Herkunftsbezeichnungen, die hohen Umweltstandards, das Gentechnikanbauverbot, die Maßstäbe in der Lebensmittelproduktion und das Verbot des Einsatzes von Hormonen und anderen leistungssteigernden Mitteln in der Tierhaltung sind für ihn Bedingung. Neben den vielzitierten Standards geht es dem Agrarlandesrat auch um einen gesichert Zugang bezüglich Mengen sowie um den Anspruch an Landbewirtschaftung, denn “in Österreich ist die Landwirtschaft nicht nur als reiner Produktionsstandort für Lebensmittel, sondern weitaus vielschichtiger zu betrachten.”Hiegelsberger stellte umissverständlich klar, dass “die Bauernschaft nicht zum Opfer eines überbordenden Freihandels werden darf. Nicht alles ist verhandelbar. An unseren aufgebauten Standards gibt es nicht zu rütteln.” Auch für ihn steht fest, dass die österreichische Bundesregierung TTIP auf europäischer Ebene derzeit jedenfalls nicht zustimmen dürfe.

Schiedsgerichte als Paralleljustiz

Gerhard Drexel, Vorstandsvorsitzender von Spar Österreich, ist davon überzeugt, dass TTIP, so wie es derzeit ausverhandelt ist, negative und irreversible Folgen für die Bereiche Landwirtschaft, Lebensmittel, Gesundheit und Demokratie hätte: “Es liegt in der Logik von TTIP, das Verbot von Gentechnik und Hormonfleisch als Handelshemmnis zu betrachten. Über Schiedsgerichte können diese später dann beseitigt werden.” Eben diese internationalen Schiedsgerichte sind auch Streitpunkt in den Verhandlungen. Pühringer sieht keine Notwendigkeit für eine Installation von solch einer außerstaatlichen Justiz. Susanne Schrott, TTIP-Expertin in der Wirtschaftskammer Österreich, betonte, dass es durch das Freihandelsabkommen nicht zu einer Senkung heimischer Standards kommen werde. “Importierte Waren müssten auch nach TTIP den strengen EU-Import­richtlinien entsprechen. Ein Freihandelsabkommen wird an diesen Richtlinien nichts ändern”, sagte Schrott. Sie sieht eine große Chance für heimische Unternehmen, vor allem auch für die Klein- und Mittelbetriebe (KMU). “99 Prozent unserer Betriebe sind KMUs. Von diesen sind derzeit noch zu wenige im internationalen Handel tätig. Hier gibt es enorme Wachstumschancen”, so Schrott.

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