Trotz Großdemos beharrt Berlin auf schrittweisem Aus für Agrardiesel

Die Ampelkoalition hat nach einer aufsehenerregenden Protestwoche der Landwirte in ganz Deutschland Versäumnisse in ihrer Agrarpolitik eingeräumt. Sie hält aber beim Agrardiesel weiterhin daran fest, die Förderung in drei Jahresschritten abschaffen zu wollen.

Bauernpräsident kontra Finanzminister: Rukwied, Lindner.

Das ist das Ergebnis eines Verbändegesprächs am Montag in Berlin, zu dem die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen und FDP Vertreter des Deutschen Bauernverbandes (DBV), der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), der Landfrauen und Landjugend sowie der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft eingeladen hatten. Davor protestierten bei einer Großdemonstration rund um das Brandenburger Tor laut Polizeiangaben 8.500 Landwirte mit 6.000 Traktoren (laut Veranstaltern sollen es „30.000 Teilnehmer und 10.000 Trekker“ gewesen sein) nicht nur gegen die Sparpläne der Regierung auf dem Rücken der Bauern, sondern gegen eine „nach Willkür gestaltete Agrarpolitik“, wie es Hubertus Paetow, Präsident der DLG, formuliert. Dessen ungeachtet will DBV-Präsident Joachim Rukwied weiter das Gespräch mit der Ampel suchen. Obwohl diese keine weiteren Abstriche an ihren Sparplänen zulasten der Landwirtschaft machen möchte. Einzig die geplante Einhebung der Kfz-Steuer auch auf Landmaschinen wurde nach massiven Protesten prompt wieder zurückgenommen.

Finanzminister Christian Lindner bekräftigte auf der Großkundgebung vor dem Brandenburger Tor den Beschluss, die Agrardieselvergünstigung in drei Jahresschritten abzubauen. Er begründete das mit den dringend notwendigen Einsparungen, zu denen auch die Bauern einen Beitrag leisten müssten. Der FDP-Politiker bot zugleich an, den Betrieben entgegenzukommen und Belastungen an anderer Stelle zu reduzieren, etwa mit der vagen Ankündigung des „Abbaus teurer Agrarbürokratie“, mit „planbaren Perspektiven“ für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oder dem Durchforsten der Auflagen für die Tierhaltung. Auch die obligatorische Flächenstilllegung von 4 Prozent im Zuge der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) stellte Lindner infrage. Für Rukwied wäre Lindners Angebot ein „fauler Kompromiss“. Er beharrt auf die vollständige Rücknahme der Streichung der Agrardieselbeihilfe. Sonst kehren die Bauern schon bald wieder zurück auf die Straßen. Und mit ihnen auch die Transporteure und auch Handwerkerorganisationen wie etwa Bäcker, die sich deutschlandweit den Bauerndemos angeschlossen hatten.

Wie geht es nun weiter? Noch diese Woche am Donnerstag berät im Bundestag der Haushaltsausschuss die Sparvorschläge der Regierung. Die Kürzung der Agrardiesel-subvention scheint aber beschlossene Sache zu sein. Bis zur Sommerpause will
die Ampel laut Agra-Europe einen Fahrplan für eine veränderte Agrarpolitik vorlegen, orientiert an den Empfehlungen der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft, eventuell auch mit Einführung einer Tierwohlabgabe zur Finanzierung von Stallumbauten und Neubauten. Denn zwei von drei der insgesamt 265.000 Bauern in Deutschland halten nach wie vor Tiere auf ihren Betrieben.

- Bildquellen -

  • Rukwied, Lindner: Fabrizio Bensch / Reuters / picturedesk.com
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AUTORRed. BW
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