Tierwohl Schwein macht deutliche Fortschritte

Tierwohl in der Schweinehaltung ist auf Wachstumskurs. Das haben der Obmann der Österreichischen Schweinebörse, Rupert Hagler, und Geschäftsführer Johann Schlederer bei der Präsentation des Tierwohlberichts 2023 festgestellt.

Tierwohlhaltung verursacht deutliche Mehrkosten. Die Bio-Haltung (Foto) ist etwa doppelt so teuer wie die Haltung zu den gesetzlichen Standards.

Wir wollen Tierwohl, so hat Rupert Hagler, Obmann der Österreichischen Schweinebörse, den Tierwohlbericht 2023 seiner Organisation kommentiert, den er gemeinsam mit Ö-Börse Geschäftsführer Johann Schlederer am 6. Februar in Wien vorgestellt hat. Die heimischen Schweinehalter seien auf dem Weg, zu dem sie sich vor gut zwei Jahren mit der “Tierwohlstrategie 2021” bekannt haben, so Hagler. In nur etwas mehr als zwei Jahren sei es gelungen, für Schweine aus verbesserten Haltungen neue Vermarktungsschienen zu öffnen. Im Vorjahr wurden rund 230.000 Schweine aus Tierwohlhaltungen geschlachtet, was um etwa 60.000 Tiere (plus 35 %) mehr war als im Jahr 2021. Das ambitionierte Ziel laute unverändert, bis zum Jahr 2030 rund eine Million Schweine aus Tierwohlprogrammen vermarkten zu können, so der Ö-Börse Obmann.

Quelle: BZ / Maad
Johann Schlederer (l.) und Rupert Hagler präsentierten den Tierwohlbericht 2023 der Österreichischen Schweinebörse.

Im Konsens mit Konsumenten und LEH

Gemeinsam mit Schlederer setzt Hagler auf eine “marktbasierte Weiterentwicklung” neuer Haltungsformen, die den Schweinen mehr Platz und verbesserte Lebensbedingungen bieten. Die Bauern seien bereit, die Stallungen anzupassen. Wichtig sei aber, dass man das Schweinefleisch auch verkaufen könne. Deshalb kann es die geforderte Weiterentwicklung des Tierwohls nur im Konsens mit den Konsumenten und mit dem Lebenmittelhandel geben. Es sei Sorge dafür zu tragen, so der Börse-Obmann, dass man Konsumenten und Bauern gleichermaßen auf dem Weg mitnehme.

Nachfrage beleben, Umstellung fördern

Um effektiv mit der Tierwohlhaltung voranzukommen, brauche es weitere Maßnahmen entlang der Wertschöpfungskette. Hagler nannte zuvorderst:

  • Die Steigerung der Nachfrage, vor allem durch Information und Marketing und auch in Großküchen und Gemeinschaftsverpflegung. Hier liege der Plan für eine nachhaltige Beschaffung (“naBe”) zwar vor, die Umsetzung brauche aber noch einige Impulse.
  • Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung auf allen Vermarktungsstufen und in der Gastronomie.
  • Deutlich verbesserte Fördersysteme bei der Errichtung von Tierwohlstallungen. Die aktuellen Förderobergrenzen werden den in der Praxis gegebenen Kostenvolumina nicht mehr gerecht.
  • Besonders hob Hagler zudem die Schwierigkeiten hervor, die Bauern bei der Genehmigung von Stallbauten zu bewältigen haben. Da Tierwohlställe mehr Platz brauchen, stoßen Landwirte, die das auch umsetzen wollen auf Vorbehalte bei der Erteilung von Baubewilligungen.

Fleischbashing und Frustrationspakete

Es bedürfe des verstärkten Bekenntnisses zur heimischen Produktion. Denn der Abwärtstrend der Schweinehaltung in Österreich dauere unvermindert an. Laut Schlederer hat sich in den nichteinmal 30 Jahren seit dem EU-Beitritt die Anzahl der schweinehaltenden Betriebe von 115.000 auf nur noch etwa 20.000 reduziert. Alleine in den zurückliegenden drei Jahren sei die heimische Erzeugung von etwa fünf Millionen Schweinen auf 4,4 Millionen zurückgegangen. Angesichts des “Bauernbashings und des Fleischbashings” zweifeln heute viele Jungbauern, ob sie die Schweinehaltung überhaupt fortführen sollen, so Schlederer. Die jüngste Debatte um die Übergangszeit für Vollspaltenböden sei ein weiteres “Frustrationspaket”, das man den Bauern auflade. Auch wenn der Gesundheitsminister hier ohne Rücksprache mit den Bauern vorgeprescht sei, setzen sich Hagler und Schlederer für eine praxistaugliche Neufassung der Übergangsfrist ein. Tierwohl sei nicht allein eine Frage des Spaltenbodens, so der einhellige Tenor.

5,2 % Marktanteil, Mehrkosten von bis zu 30 Prozent

Im Rahmen der Tierwohlstrategie Schwein wurden in Österreich vier Haltungsstufen mit verbesserten Bedingungen für die Tiere geschaffen. Am meisten Breitenwirkung hat die Haltung im Rahmen des AMA-Gütesiegels, das bei zehn Prozent mehr Platz für die Tiere etwa gleichauf liegt mit der Haltung auf dem gesetzlichen Standardniveau – beide Bereiche haben jeweils etwas über 47 Prozent Marktanteil bzw. jeweils etwa 2,05 Millionen Schweine von insgesamt 4,34 Millionen Schweinen, die von der Klassifizierungskontrolle auf den Schlachthöfen im Jahr 2023 erfasst wurden.

Der Anteil der Haltungsstufen mit strengeren Vorgaben (“TW 60” mit 60 % mehr Platzangebot, “TW 100” mit verdoppeltem Platzangebot und “BIO”) macht demgegenüber nur etwas mehr als fünf Prozent aller geschlachteten Schweine aus.

Die Mehrkosten der Tierwohlhaltungen für die Bauern beziffert Johann Schlederer gegenüber dem gesetzlichen Standard mit folgenden Größenordnungen:

  • etwa 5 % Mehrkosten beim AMA-Gütesiegel-Standard,
  • 15 % bei “Mehr Tierwohl – Gut” (TW 60) und
  • 30 % bei “Mehr Tierwohl – Sehr gut” (TW 100).
  • Die Bio-Haltung bedeutet eine Verdoppelung der Produktinskosten gegenüber dem gesetzlichen Standard.

Etwa in derselben Größenordnung wirkt dies auch auf die Konsumentenpreise im Fleischverkauf.

Importe wären völlig kontraproduktiv

Es sei klar, dass man diesen kostenintensiven Weg nur in Zusammenarbeit mit dem Lebensmittelhandel gehen könne. Man setze hier auf vertragliche Vereinbarungen für Abnahme und Preise mit einer Laufzeit von fünf Jahren. Auf dem Weg zu mehr Tierwohl sei vor allem zu beachten, so Ö-Börse Obmann Hagler, dass eine Verdrängung der Produktion aus Österreich dem Anliegen völlig abträglich sei. Denn bei Importen habe man noch viel weniger Einfluss auf die Haltungsform.

 

- Bildquellen -

  • 240206 W F Ma Schlederer Hagler: BZ / Maad
  • 2406 W Bio Schweinehaltung Agrarfoto: agrarfoto.com
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AUTORHans Maad
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