Streuobst ist ein Stück Volkskultur

Mit dem Wettbewerb „Apfel, Birne, los!“ haben der Umweltdachverband und die Arge Streuobst einen frischen Impuls zur Belebung der Streuobstszene gesetzt. Die Preisträger des Bewerbs stellen unter Beweis, wie es mit ideenreichen Aktivitäten gelingt, das Streuobst besser „in Wert“ zu setzen.

Streuobsternte ist Handarbeit. Der Zeitaufwand sollte über passende Preise auch entlohnt werden.

Die Streuobsternte steht vor der Tür. Und damit wieder die Frage, ob es sich lohnt, das Obst überhaupt zu sammeln und zu verkaufen. Geht es nach den Teilnehmern am Streuobstwettbewerb, den Umweltdachverband und Arge Streuobst im heurigen Frühjahr ausgerichtet haben, dann lautet die Antwort: „Auf jeden Fall“.

50 Teilnehmer, zehn Siegerprojekte

Beachtliche 50 Projekte wurden bei dem erstmals im heurigen Frühjahr abgehaltenen Bewerb eingereicht – von privaten Initiativen über regionale Aktivitäten, von der Neu-Anlage von Streuobstbeständen über die Umstellung von Intensiv-Obstanlagen zu „Bleiber-Weicher-Anlagen“, von Forschung über Produkt-Innovationen bis zu sozialen Projekten. Die Jury hatte die Qual der Wahl, aus den Einreichungen in vier Kategorien zehn Gewinner-Projekte zu küren und eine Auszeichnung für Forschung zu vergeben. Zu einigen der Siegerprojekte sind nebenstehend Kurzreportagen zu lesen. Die weiteren Siegerprojekte sind auf der Internetseite des Umweltdachverbandes zu finden. Sämtliche Projekte sind kräftige Lebenszeichen der heimischen Streuobstwirtschaft. Mit dem Wettbewerb will der Umweltdachverband zum Erhalt des Lebensraums Streuobstwiese beitragen und mit den guten Beispielen eine breite Bewusstseinsbildung für den Erhalt der regionalen Sortenvielfalt in Gang setzen.

Hier finden Sie die Siegerprojekte

Quelle: Umweltdachverband / Eventfoto.at
Otto Kicker, Streuobstvermarkter bei Ökoland (l.) und Arge Streuobst-Obmann Hans Hartl.

Arge Streuobst-Mitgliederversammlung

Streuobstwiesen sind ganz besondere Lebensräume und Naturparadiese aus Menschenhand, die nur weiterbestehen, wenn sie gepflegt und bewirtschaftet werden. Als Streuobstbau definiert die Arge Streuobst „landschaftsprägenden extensiven Obstbau“, der in vielfältiger Form auftreten kann: Streuobstwiesen, Obstbäume in Weingärten, Obstbäume auf Ackerflächen, markante Einzelbäume und Grenzbäume, Obstbäume am Straßenrand oder Obstalleen. Typisch für den Streuobstbau ist darüber hinaus eine bunte Vielfalt an Bäumen unterschiedlicher Sorte, Art und verschiedenen Alters. Laut Arge Streuobst-Obmann Hans Hartl ist man mit diesen Argumenten auch bei der Erstellung des neuen Umweltprogrammes durchgedrungen und könnte verbesserte Bedingungen für den Streuobstanbau erreichen. Näheres dazu gibt es auch bei der diesjährigen Mitgliederversammlung der Arge Streuobst zu erfahren, die am 2. September im Rahmen der Messe Tulln stattfindet.
www.argestreuobst.at

Preisbarometer Pressobst

Kleinere Früchte, bessere Preise – dieser Zusammenhang könnte heuer für den Pressobstmarkt bestimmend werden. Trockenheitsbedingt gibt es in einigen bedeutenden Obstregionen kleinere Ernten. Jeder fehlende Zentimeter beim Durchmesser der Äpfel kostet etwa 30 % Ertrag, zudem ist der vorzeitige Fruchtfall groß. Bis in die erste Septemberwoche wird sich zeigen, wie stark die Ernteausfälle sind. In Deutschland erwartet der Verband der Fruchtsaftindustrie aufgrund der Fruchtbehangschätzungen nur „eine mittlere Ernte“. Wie sich das auf die Preise auswirkt ist noch offen. In Österreich sollte Bio-Streuobst nach Meinung von Praktikern heuer zumindest
30 ct/kg erzielen, konventionelles Pressobst zumindest 12 ct/kg (inkl. MwSt.). Um die Preistransparenz zu verbessern haben die Arge Streuobst, der Vermarkter Ökoland und der deutsche Verein Hochstamm im Vorjahr ein Online-Preisbarometer gestartet. Interessierte Streuobstbewirtschafter konnten die Preise der Keltereien tagesaktuell abrufen. Der Service soll auch heuer wieder angeboten werden.
www.hochstamm-deutschland.de/preisbarometer

Der Obstgarten im Gebirge

Quelle: Obstpresse Bramberg
Obmann Toni Lassacher, Baumwart Sepp Steiner vlg. Reitlbauer und Manuela Lassacher haben derzeit Hochbetrieb beim Obstpressen.

In den Gebirgslagen am Wildkogel im Salzburger Pinzgau hat der Obstbau eine lange Tradition. „Pomarium“ und die Obstpresse Bramberg sind frische Aktivitäten, durch die das Obst in der Region auch Zukunft hat.

Die obstkundliche Tradition in der Region, in der sich Salzburg zwischen Nord- und Osttirol drängt geht zurück bis in die Zeiten Kaiserin Maria Theresias. In Bramberg am Wildkogel sind historische Sorten wie Zwiebler, Borsdorfer, Weinling und Spitzling noch immer in Kultur. Einen Einblick in die Welt des „alten“ Obstes gibt vor allem Sepp Steiner, vlg. Reitlbauer, in Wenns mit einem eigens errichteten „Pomarium“. Der Erfolg dieses Schau- und Lehrgartens trug zu einem Aufschwung der Obstwirtschaft in der Region bei. Der Obst- und Gartenbauverein Brambach unter Obmann Toni Lassacher hat heute rund 500 Mitglieder. Seit dem Jahr 2007 wurden in der Region zwischen Hollersbach und Krimml mehr als 20.000 Obstbäume gepflanzt. Um diesen Reichtum zu pflegen und zu erhalten, hat der Obstbauverein in Bramberg eine moderne Obstpressanlage errichtet, in der auch kleinere Mengen verarbeitet und abgefüllt werden können. Die Obstpresse ist Ausgangspunkt für weitere Projekte zur Erhaltung der Streuobstwiesen und der Obstsortenvielfalt. Beispielsweise wird der Apfeltrester zu Pulver (Back- und Kochzutat) und Flocken (z. B. fürs Müsli) weiter verwertet.
Gemeinsam mit dem Verein Tauriska entstand auch das Projekt „Wir pflanzen einen Apfelbaum“ mit den Mittelschulen Bramberg und Neukirchen. Hier bekommt jeder Schüler zum Schuleintritt einen Apfelbaum. Der Baum wird über die Schulzeit gepflegt und kann zum Schulabschluss mit ins Leben genommen werden. Wer keinen eigenen Garten hat, kann eine Obstbaumpatenschaft für die Bäume übernehmen und Gemeindegrund nutzen.
www.obstpresse.at

Schneebergland: Kommts fleißig und bringts euer Obst

Quelle: ObstimSchneebergland.at
An „Gemeindepresstagen“ können auch Kleingartenbesitzer beim Saftmobil ihr Obst pressen und den Saft abfüllen lassen.

Den Weg des Mostes erlebbar machen und damit die Begeisterung für den Streuobstbau zu wecken, das ist dem Verein „Obst im Schneebergland“ gelungen.

In der Region um Hohe Wand und Schneeberg in NÖ hat der Streuobstanbau lange Tradition. Mit dem Leader-Projekt „Obst im Schneebergland“ unter Obmann Andreas Sederl wurde 2016 eine Initiative gestartet, um die rückläufige Streuobstkultur wieder zu fördern und die noch vorhandenen alten Bestände zu sichern.
Auf gutem Weg zu diesem Ziel ist man durch die Anschaffung einer mobilen Press- und Abfüllanlage im Jahr 2016. Seither tourt das „Saftmobil“ zur Obsternte durch die Region und die Streuobstwiesenbesitzer können ihren Saft aus eigenem Obst pressen und abfüllen lassen. Der Service steht den Mostheurigen in der Region ebenso zur Verfügung wie sämtlichen Obstliebhabern. Denn an zusätzlichen Gemeindepresstagen können alle Obstbaumbesitzer die Presse nutzen. Mindestmenge sind 50 kg.
Abgefüllt werden jährlich bis zu 70.000 Liter Saft in 5 Liter-Bags oder in 1 l-Mehrwegglasflasche. Die Anlage schafft eine schonende Pasteurisierung von bis zu 1.000 kg die Stunde.
Mit einer Reihe weiterer Aktivitäten fördert „Obst im Schneebergland“ das Obstbewusstsein. So hält man mit den Schulen in der Region „Obstpflück-Stunden“ und lädt Kinder und Lehrer zu Themenspaziergängen ein. Jede Klasse soll in Kontakt mit Obstsorten und Saftpressung kommen.
An den Saftmobil-Presstagen bietet das Schneebergland Team zusätzlich Obstsortenbestimmungen der mitgebrachten Früchte an. Interessant ist die beachtliche Sortenvielfalt, die bisher in der Region bestimmt werden konnte – 134 Apfelsorten, 55 Birnensorten und 41 Marillensorten.
Angebote wie den „Tag des offenen Obstgartens“ oder Schnitt- und Veredelungskurse nimmt die Bevölkerung gerne an. Und die Bemühungen tragen auch Früchte. Seit 2017 wurden etwa 1.400 Obstbäume neu in der Region gepflanzt.
www.obstimschneebergland.at

Willkommen im Reich der Zwetschke

Quelle: zwetschkenreich.at
Die SOKO Zwetschke lädt ein, ihre vielfältigen Funde aus dem Zwetschkenreich kennenzulernen.

Schon mal einen Zwispitz, Bidling oder eine Ziparte gekostet? Nein? Dann auf in das „Zwetschkenreich“ des Naturparks Attersee-Traunsee in Oberösterreich.

Die Hauszwetschke hat eine große Verwandtschaft. Der Erforschung dieser Obstfamilie hat man im Naturpark Attersee-Traunsee ein eigenes Projekt gewidmet. Das kommt nicht von ungefähr, denn die Region ist die Heimat zahlreicher unterschiedlicher alter Pflaumenarten.
Das Team des Naturparks hat zur Erforschung der vielen Arten eine „SOKO Zwetschke“ eingerichtet, die mit Funden von wurzel- und kernechten Primitivpflaumen wie Echte Krieche, Schlehe, Bidling, Zwispitz, Rotzwetschke, Pemse, Punze, Roter Spilling und Ziparte höchst erfolgreich war – ein wahrer Reichtum an Kostbarkeiten unserer Kulturlandschaft. Mit allen Sinnen kennenlernen kann mit diese Pflaumenarten demnächst beim großen „Naturpark-Zwetschkenfest“, das heuer am Sonntag, 28. August, von 10 bis 16 Uhr im AgrarBildungsZentrum Salzkammergut in 4813 Altmünster stattfindet. Das vielfältige Programm bietet u. a. eine Früchteausstellung und viele Produkte regionaler Produzenten. Vertreten sind weiters streuobstaffine Organisationen wie der Obstsortengarten Ohlsdorf und Dörrhüttl-Roas.
Eingebunden sind die Zwetschken-Aktivitäten des Naturparks Attersee-Traunsee in das Projekt „Zwetschkenreich“, mit dem die seltenen und regional noch vorkommenden Urzwetschken (Primitivpflaumen) erhalten und inwertgesetzt werden sollen. Neue Produkte wie „Zwetschkup“, Dörrzwetschkenbier, Zwetschkenbrandpralinen oder Waldhonig mit Dörrzwetschken sind bereits verkostbar. Die multimediale Dauerausstellung „Am Laufsteg ins Zwetschkenreich“ informiert über das Reich der Zwetschke. Workshops zu Baumschnitt, Altbaumpflege, Veredelung und alle Aspekte des Brennens bereichern das Angebot.
www.zwetschkenreich.at

 

- Bildquellen -

  • 02 W Kicker Hartl: Umweltdachverband / Eventfoto.at
  • 03 W Obstpressen Bramberg: Obstpresse Bramberg
  • 04 W Saftmobil: ObstimSchneebergland.at
  • 06 W Zwetschkenshoting: zwetschkenreich.at
  • 01 W Obstklauben: Ökoland
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