Sommergetreide zum Anbau 2023: Die besten Sorten

Auf den Sommergetreideflächen ist mit einem Wasserdefizit zu rechnen. Frühe Saattermine sind empfehlenswert. Im Sortenspektrum gibt es bei Gerste und Hafer interessante Neuheiten. Alternativ stehen auch bewährte Sorten mit guter Saatgutverfügbarkeit zur Auswahl.

Im Trockengebiet reift Sommergerste auch ohne Fungizid oft ohne Blattkrankheiten ab.

Mittlere bis hohe Erträge zeichneten im Vorjahr den Anbau von Sommergetreide aus. Hafer erreichte mit durchschnittlich 41,5 dt/ha österreichweit Spitzenwerte. Auch bei Gerste, Durum- und Weichweizen war das Ertragsniveau ansprechend, insbesondere auf besseren Böden im Trockengebiet sowie im Mühl- und Waldviertel.
Zurückzuführen ist dies auf den vielerorts möglichen frühen Anbau. Dadurch konnten viele Pflanzen ein gutes Wurzelsystem anlegen, von dem sie in den trockenen Frühjahrsmonaten profitiert haben. Die Niederschläge im Juni führten auch im Pannonikum zu einer guten Kornausbildung.
Von den Blattkrankheiten dominierten bei Gerste Netzflecken sowie im Mühl- und Waldviertel die Ramularia-Sprenkelkrankheit. Bei Durum trat aufgrund der regenarmen Blüte kaum Ährenfusarium auf. Bei Hafer schädigten Mehltau, Kronenrost und Streifenkrankheit.

Knappe Wasserversorgung

Das Jahr 2022 war im pannonischen Trockengebiet sowie in großen Teilen der Steiermark, im Burgenland und in Kärnten viel zu trocken. Im Marchfeld fielen teilweise weniger als 400 mm Niederschlag.
Im laufenden Jahr sind die Regenmengen der jüngsten Tage wichtig, jedoch noch lange nicht ausreichend, um das Defizit auszugleichen. Bis zum bevorstehenden Anbau ist zu hoffen, dass die Wasserversorgung der Böden noch zunimmt, um über zu erwartende trockene Frühjahrsbedingungen länger hinwegzukommen. Wenn es die Bodenverhältnisse zulassen, sollte im Pannonikum bereits im Februar mit dem Anbau von Durum und Gerste begonnen werden, um die Winterfeuchte bestmöglich auszunützen.

Hauptbraugersten

Alle Hauptbraugersten sowie die Braugersten in Großmälzungen besitzen eine Resistenz gegenüber Mehltau.
Die kurzwüchsige Sorte Amidala (Lager 4) reift spät und zeigte schon mehrere Jahre ihr hohes Ertragspotenzial. Sie erzielt gute Sortierungen mit mittlerem Hektolitergewicht. Für die Malz- und Brauindustrie bringt sie ansprechende Eigenschaften. Leandra besitzt im Trockengebiet eine ähnlich hohe Leistungsfähigkeit. Sie kombiniert eine mittelgute Standfestigkeit (Note 4) mit geringer Neigung zu Ährenknicken. Netzflecken schädigen weniger, Zwergrost und Ramularia-Sprenkelkrankheit aber verstärkt.
Die blattgesunde Ellinor ist für Böden mit guter Wasserspeicherkraft dankbar. Auf die Lagerneigung (Note 7) ist aber zu achten.
Von Avus (Lager 3) steht von allen Gersten am meisten Saatgut zur Verfügung. Sie punktet durch eine längere Einkörnungsperiode und sticht durch ihre sehr gute Kornausbildung und ihren niedrigen Proteinwert hervor.

Neue Hauptbraugersten

Von der Ernte 2022 wurden zwei Sorten in Großmälzungen getestet, die zuvor schon in Kleinmälzungsversuchen ihre Eignung als Braugerste beweisen konnten. Mitte Jänner tagte das Braugerstenkomitee, bei dem entschieden wurde, dass diese Sorten als Hauptbraugersten in die Praxis entlassen werden.
SY Solar reift nach frühem Ährenschieben später ab und vereint einen kurzen Halm mit mittelguter Standfestigkeit (Note 4). Von Zwergrost und Ramularia-Sprenkelkrankheit kann sie stärker geschädigt werden. Ihr hohes Ertragspotenzial konnte sie heuer wieder unter Beweis stellen.
Die spät reifende Skyway kann etwas leichter ins Lager (Note 6) gehen. Sie zeichnet sich neben den hohen Erträgen durch einen sehr hohen Vollgerstenanteil sowie niedrigen Proteingehalt aus.

Sonstige Brau- und Futtergersten

Von der ertragsstarken Neuzulassung Ennya gibt es noch kaum Saatgut. Die mittelgut standfeste Tasja (Note 4) wurde als Braugerste geprüft, wird aber zukünftig als Futtergerste vermarktet. Sie erzielte hohe Erträge in allen Gebieten und verfügt über ein stabiles Stroh. Von den ehemaligen Hauptbraugersten RGT Planet und Laureate (beide Lager 5) werden heuer nur mehr geringe Mengen von der Malz­industrie übernommen.
Die ein paar Tage früher reifende Elektra ist mittelgut standfest (Lager 4) mit mittelguten bis etwas erhöhten Anfälligkeiten für Blattkrankheiten. Sie erzielt auch bei regenarmer Kornfüllungsphase stabile Vollgerstenanteile. Regency (Lager 5) wird in den Feuchtlagen stärker von Ramularia-Sprenkelkrankheit befallen. Durch ihre gute Kornausbildung und die guten Malzeigenschaften war sie für viele Jahre eine sehr bedeutende Braugerste. Nun wird sie im konventionellen Anbau von neueren Züchtungen abgelöst. Als Braugerste wird sie 2023 hauptsächlich im Biolandbau angeboten. Als Futtergerste ist sie aufgrund ihres niedrigen Rohfasergehalts und dem damit verbundenen günstigen energetischen Futterwert besonders wertvoll.
Elfriede (Lager 5) zeigte als reine Futtergerste ein hohes Ertragspotenzial. Sie reift spät ab und besitzt eine gute Strohstabilität. Von Mehltau, Netzflecken und Zwergrost wird sie kaum infiziert. Die kurzwüchsige Escalena ist standfest (Note 3) und neigt in der Totreife wenig zu Halm- und Ährenknicken. Sie ist für viehhaltende Betriebe mit hohem Stickstoffangebot oder bei erhöhter Lagergefahr von Vorteil. Die etwas lageranfällige Elena (Note 6) hat einen mittellangen Wuchs und passt für extensivere Verhältnisse und den Biolandbau. Das höhere Hektolitergewicht und die günstige Futterqualität sind Pluspunkte.
Wilma (Lager 5) liegt beim Kornertrag deutlich hinter neueren Sorten zurück. Ein Grund dafür ist die starke Anfälligkeit für Mehltau, der beim Auftreten erster Pusteln frühzeitig mit einem Fungizid gestoppt werden sollte.

Durumweizen

Der Durumanbau beschränkt sich auf das pannonische Klimagebiet und umfasste 2022 eine Fläche von ca. 5.000 ha. Bevorzugt erfolgt der Anbau auf mittel- bis tiefgründigen Standorten, um entsprechende Qualitäten und Erträge zu erzielen. Der Preis war in der Vergangenheit durchwegs attraktiv und notierte an der Wiener Produktenbörse zuletzt mit 450 Euro/t (netto, Großhandelsabgabepreis).
Auf Infektionen mit Pilzkrankheiten reagiert Durumweizen empfindlicher als Weichweizen. Eine Mehltaubehandlung während der Bestockung – gemeinsam mit der Unkrautregulierung – hat sich bewährt. Eine Bekämpfung der Abreifekrankheiten sollte je nach Befallsdruck und Standort eingeplant werden. Für den Befall mit Ährenfusarium sind sämtliche Durumsorten sensibel, bei Mulchsaat und Weizenvorfrucht ist mit DTR-Blattdürre zu rechnen. Die Anfälligkeit der Sorten dafür ist mittel bis stark.
Videodur kombiniert kurzen Wuchs mit mittlerer Standfestigkeit (Note 5). Er schiebt die Ähren früh, wehrt Braunrost sehr gut ab, Mehltau kann jedoch stärker schädigen. Die Sorte reift dunkelgrannig ab. Ertraglich und qualitativ konnte er in den letzten Jahren überzeugen, die Ernteware hat einen hohen Anteil glasiger Körner. Colliodur vereint frühes Ährenschieben, kurzen Wuchs und mittelgute Standfestigkeit (Note 4) mit mittlerer Reife. Für Rostkrankheiten ist er weniger empfindlich. Colliodur, Durofinus und Riccodur wehren Mehltau vergleichsweise besser als andere Sorten ab. Die überdurchschnittlichen Ertragsleistungen und meist guten Qualitäten zeichnen Colliodur aus, die Glasigkeit ist etwas knapp ausgebildet. Trotz des mittelkurzen Wuchses besitzt Riccodur eine mittlere bis starke Lagerneigung (Note 6). Die gute Stickstoffeffizienz ist mit einer guten Qualität der Ernteware (hoher Proteingehalt, hohe Fallzahl) gepaart. Der mittel reifende Durofinus hat einen kurzen Wuchs und eine gute Standfestigkeit (Note 3). Die Ertragsleistungen resultieren aus etwas dichteren Beständen. Krankheiten wehrt er vergleichsweise gut ab, die Anfälligkeit für DTR-Blattdürre ist stark bis sehr stark. Aufgrund der hohen Auswuchsneigung sollte bei regnerischem Erntewetter rasch geerntet werden. Bei mittlerer Reife und mittelkurzem Wuchs hat Floradur eine mittelstarke Lagerneigung (Note 6). Rostkrankheiten wehrt er gut ab, während Mehltau stärker schädigen kann. Seine hohe Qualität (Hektolitergewicht, Fallzahl, Amylogrammwerte und Grießausbeute) zeichnen Floradur aus. Tamadur reift mittelfrüh bei mittelguter Standfestigkeit (Note 4) ab. Er besitzt eine vergleichsweise gute Auswuchsfestigkeit. Seine Anfälligkeit für Mehltau, DTR-Blattdürre und Ährenfusarium sollte beachtet werden.Das sehr hohe Tausend­korngewicht ist mit weiteren günstigen Qualitätseigenschaften kombiniert. Tessadur besitzt eine mittlere Reife und Standfestigkeit (Note 5). Seine hohe Mehltauanfälligkeit und Neigung zu Auswuchs muss berücksichtigt werden. Qualitativ kann eine gute Ernteware erwartet werden.

Sommerweichweizen

Sommerweichweizen wird hauptsächlich als Backweizen verwertet, das Ertragspotenzial liegt unter jenem von Winterweizen.
KWS Solanus bringt in allen Anbaulagen überzeugende Erträge. Bei mittlerer Reife und Halmlänge besitzt der Qualitätsweizen eine mittelgute Standfestigkeit (Note 4). Die meisten Krankheiten wehrt KWS Solanus gut ab, bei Gelbrost sollte er genauer kontrolliert werden. Der Proteingehalt ist hoch und die meisten Teigeigenschaften sind günstig ausgeprägt. Der mittelfrüh reifende Liskamm besitzt trotz mittellangem Wuchs eine gute Standfestigkeit (Note 3). Gegenüber Krankheiten ist der Qualitätsweizen gering bis mittel anfällig. Hektolitergewicht, Proteingehalt und Fallzahl sind hoch bis sehr hoch. Der Wechselweizen Lennox kann sowohl im Herbst als auch im Frühjahr kultiviert werden. Mittelfrühe Reife und gute Standfestigkeit (Note 3) sowie eine gute Krankheitsabwehr zeichnen den Qualitätsweizen aus. Bei DTR-Blattdürre und Ährenfusarium bedarf es einer genaueren Kontrolle des Bestandes. Das Hektolitergewicht ist knapp ausgeprägt. Der Mahlweizen KWS Mistral (Lager 5) sollte bei Rostkrankheiten und DTR-Blattdürre kontrolliert werden. Hervorzuheben sind das hohe Hektolitergewicht und die sehr hohe Fallzahl sowie überzeugende Erträge in allen Anbaulagen. Die Erträge von Telimena (Lager 3) sind ähnlich wie bei KWS Mistral. Gegenüber den meisten Krankheiten besitzt der Mahlweizen zufriedenstellende Resistenzen. Das Hektolitergewicht und der Proteingehalt sind knapp ausgebildet.

Hafer

Platin reift mittel ab und bildet längere Halme bei mittelguter Standfestigkeit (Note 4). Krankheiten wehrt er mittelgut ab. Erlbek reift etwas später ab und ist bei mittellangem Wuchs mittelgut standfest (Note 4). Von Mehltau und Kronenrost wird er etwas stärker befallen. Auswuchswetter zur Ernte kann ihm wenig anhaben. Die rohfaserarme Ernteware besitzt einen hohen Futterwert. Enjoy vereint lange Halme mit mittlerer Standfestigkeit (Note 5). Gegenüber Mehltau ist er sehr gering, jedoch gegenüber Kronenrost stark anfällig. Das Hektolitergewicht ist etwas knapp ausgeprägt. Max (Lager 5) kombiniert eine mittlere Reife mit mittelguter Auswuchsfestigkeit. Hektolitergewicht und Futterwert sind überdurchschnittlich gut ausgeprägt. Earl gehört zu den am frühesten reifenden Hafersorten im Sortiment. Trotz langer Halme besitzt er eine mittlere Standfestigkeit (Note 5). Mehltau und Kronenrost können ihn stärker befallen, bei regnerischem Erntewetter neigt er stärker zu Auswuchs. Die hohe Stickstoffeffizienz (gemessen als Korn-Proteinertrag) und das hohe Hektolitergewicht zeichnen Earl aus. Von Samson wird das Saatgut abverkauft, denn die Sorte ist mittlerweile aus der Österreichischen Sortenliste gelöscht.
Der im Dezember neu zugelassene Waran überzeugt mit hohen Erträgen in allen Anbaugebieten. Die Sorte befindet sich im Saatgutaufbau für die kommenden Jahre.

Saatgut für Biobetriebe

Hafer stellt beim Sommergetreide die bedeutendste Art unter biologischen Bedingungen dar. Für den Frühjahrsanbau werden die Sorten Earl, Enjoy, Max, Platin, Prokop und Samson angeboten. Weiters wird die Erhaltungssorte Ebners Nackthafer vermarktet.
Für den Biolandbau bietet sich Sommerweichweizen an, weil er – im Gegensatz zu Winterweizen – von Zwergsteinbrand nicht und von Gewöhnlichen Steinbrand kaum infiziert wird. Für den Frühjahrsanbau kann Biosaatgut von Kärntner Früher, Liskamm sowie den EU-Sorten KWS Carusum und KWS Expectum bezogen werden.
Bei Durumweizen legte die Bedeutung im biologischen Anbau in den vergangenen Jahren zu. Der Markt ist im Steigen. Verfügbar sind heuer die Sorten Floradur und Riccodur.
Von Sommergerste steht Saatgut der Sorten Amidala, Avus, Elektra, Elena, Evelina, Regency und Wilma in Bioqualität bereit.
Die aktuelle Verfügbarkeit von Biosaatgut kann im Internet abgefragt werden:
www.ages.at/pflanze/saat-und-pflanzgut/biosaatgut-datenbank

Autoren:
DI Clemens Flamm, Ing. Willibald Prieler, Ing. Thomas Massinger
(Institut für Nachhaltige Pflanzenproduktion, AGES Wien),
DI Wolfgang Deix (Land NÖ, Versuchswesen).

Erläuterungen zu den Tabellen:
Niedrige Noten bedeuten eine geringe Ausprägung, hohe Noten eine starke Ausprägung der Eigenschaft.
• 1 = sehr gering ausgeprägt, d.h.: sehr frühreif, sehr kurzhalmig, sehr geringe Lagerneigung, sehr geringes Halmknicken, sehr geringe Auswuchsneigung, sehr geringe Krankheitsanfälligkeit, sehr geringer Vollgerstenanteil, sehr geringes Hektolitergewicht, sehr geringer Rohproteingehalt, sehr geringe Fallzahl, sehr geringe Glasigkeit, sehr geringer Rohfasergehalt, sehr niedrige Backqualität
• 9 = sehr stark ausgeprägt, d.h.: sehr spätreif, sehr langhalmig, sehr starke Lagerneigung, sehr starkes Halmknicken, sehr hohe Auswuchsneigung, sehr hohe Krankheitsanfälligkeit, sehr hoher Vollgerstenanteil, sehr hohes Hl-Gewicht, sehr hoher Rohproteingehalt, sehr hohe Fallzahl, sehr hohe Glasigkeit, sehr hoher Rohfasergehalt, sehr hohe Backqualität
Sämtliche Eigenschaften aller Sorten sind in der Österreichischen Beschreibenden Sortenliste 2023 abrufbar sowie im interaktiven Tool „Sortenfinder“:
https://bsl.baes.gv.at/

Erläuterungen zu den Ertragsgrafiken:
Versuchserträge liegen aufgrund der Parzellenrandwirkung usw. 12 bis 20 Prozent über denen der entsprechenden Großfläche, entscheidender sind die Relationen zueinander.
Die hier vorgestellten Ergebnisse wurden unter Mitarbeit des Landes Niederösterreich erhoben.

- Bildquellen -

  • 2303 W03 SG Titelfoto: Flamm / Ages
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AUTORH.M.
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