Schmerzgedächtnis – eine verkannte Gefahr

Wie war das noch: Ein echter Indianer kennt keinen Schmerz. Diese Einstellung kann allerdings verheerende Folgen haben, denn Schmerzen können im Gedächtnis bleiben und chronisch werden.

Anhaltende Schmerzen können dazu führen, dass die schmerzleitenden Nervenzellen empfindlicher werden und schon auf relativ schwache Signale reagieren. ©Wodicka
Anhaltende Schmerzen können dazu führen, dass die schmerzleitenden Nervenzellen empfindlicher werden und schon auf relativ schwache Signale reagieren. ©Wodicka
Die Entstehung, Empfindung und Verarbeitung von Schmerzen sind komplexe körperliche Vorgänge und zugleich vielschichtige Sinneserfahrungen.

Schmerzempfinden

Schmerzen sind Sinnesreize, die jeder Mensch unterschiedlich wahrnimmt. Die menschliche Schmerzverarbeitung erfolgt nicht nur sensorisch, sondern auch emotional. Deshalb werden Schmerzen bei Ablenkung schwächer und bei seelischer Belastung stärker empfunden. Ein Schmerzreiz, der objektiv gleich stark ist, kann folglich unterschiedlich wahrgenommen werden. Die Empfindung variiert nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern auch je nach Situation, Tageszeit und psychischer Verfassung. Anlagebedingt sind manche Menschen schmerzempfindlicher als andere. Zudem entwickelt jeder aufgrund diverser Erfahrungen eine persönliche Schmerztoleranz.

Schmerzreaktion

Akute Schmerzen sind lebenswichtige Warnsignale bzw. die Reaktion des Körpers auf eine Schädigung des Körpergewebes. Wahrgenommen wird ein für den Körper bedrohlicher oder bereits schädigender Reiz von speziellen Schmerzrezeptoren. Diese Nervenenden sitzen in der Haut, den Muskeln, den Blutgefäßen und den inneren Organen. Sobald die Reizstärke eine bestimmte Schwelle überschreitet, werden die Schmerzrezeptoren aktiv und leiten den Reiz über die zugehörigen Nervenfasern und das Rückenmark bis in das Gehirn weiter. Erst das Gehirn sorgt dann dafür, dass der Schmerz als solcher wahrgenommen wird.

Chronifizierung

Aber wie kommt es nun dazu, dass Schmerzen chronisch werden? Wenn akute Schmerzen nicht ausreichend gelindert werden, können sie sich zu chronischen Schmerzen entwickeln. Neben der bewussten Erinnerung an eine schmerzhafte Verletzung können länger anhaltende Schmerzen Spuren in den Nervenbahnen, im Gehirn und im Rückenmark hinterlassen. Verursacht oder verstärkt werden chronische Schmerzen also durch krankhafte Veränderungen der Signalverarbeitung im Nervensystem. Die Chronifizierung akuter Schmerzen tritt individuell unterschiedlich schnell oder langsam ein. Der Übergang vom akuten zum chronischen Schmerz ist jedoch oft fließend. Aber nicht alle länger anhaltenden Schmerzen müssen zwangsläufig chronisch werden. Die körperliche Konstitution, die psychische Verfassung und die Lebensumstände des Patienten spielen wesentliche Rollen. Wenn es zur Ausbildung einer Chronifizierung kommt, hat der Schmerz seine ursprüngliche Funktion verloren und wird zu einer eigenständigen Krankheit. Der Schmerz schützt den Körper nicht mehr, sondern schadet ihm. Chronische Schmerzen sind körperlich und seelisch zermürbend. Sie schränken die Betroffenen in alltäglichen körperlichen und sozialen Aktivitäten ein, was mit einem Verlust der Lebensqualität einhergeht. Die therapeutische Konsequenz: Schmerzen sollte man nicht ignorieren. Es bedarf einer vorausschauenden Schmerztherapie, um die Entstehung eines Schmerzgedächtnisses zu verhindern.

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