Erntehelfer und Saisonniers in der Landwirtschaft sind gesucht. Im unkompliziertesten Fall findet man sie in EU- oder EWR-Staaten einschließlich der Schweiz. Bürger dieser Staaten genießen die EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit und benötigen deshalb keine Beschäftigungsbewilligung und werden auch nicht kontingentwirksam.
Freizügigkeit und Ukraine-Sonderstatus
Allerdings haben es diese Arbeitskräfte leicht, sich den „besten Wirt“ zu suchen, weshalb die Arbeit in Ländern mit vergleichsweise großzügigerer Sozialgesetzgebung für sie vorteilhafter ist (siehe Kasten „Wettbewerbsverzerrungen“).
In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese Arbeitskräfte auch während eines aufrechten Arbeitsverhältnisses bzw. während der Saison zu anderen Betrieben weiterziehen oder nach ein paar Urlaubstagen einfach nicht mehr erscheinen, was den Betriebsführer dann vor Probleme stellt.
Einen Sonderstatus genießen ukrainische Staatsbürger aufgrund des Krieges in ihrem Land. Für Ukrainer mit einem Ausweis für Vertriebene, der sogenannten Blauen Karte, gilt die Ausnahmeregelung, dass sie keine Beschäftigungsbewilligung und auch kein Visum lösen müssen. Zum Erhalt der Blauen Karte ist eine polizeiliche Registrierung mit persönlichen Unterlagen erforderlich. Das Ausweisdokument selbst wird dann vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgestellt.
Ersatzkraftverfahren und Stammsaisonniers
Wer Angehörige anderer Staaten (sog. Drittstaaten) beschäftigt, muss für diese zunächst beim Arbeitsmarktservice (AMS) eine Beschäftigungsbewilligung erlangen. Der Antrag hierfür ist an die regionale AMS-Geschäftsstelle zu richten. Bei erstmaliger Beschäftigungsaufnahme bzw. wenn noch keine Einstufung als „Stammsaisonnier“ vorliegt, ist zudem ein Ersatzkraftverfahren durchzuführen. Das heißt, das AMS prüft, ob bevorzugte und gleich qualifizierte Arbeitskräfte für den Aufgabenbereich verfügbar sind und stellt gegebenenfalls ein Vermittlungsangebot. Erst wenn das Ersatzkraftverfahren zu keinem Ergebnis führt, kann für einen Drittstaatsangehörigen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt werden – unter der Voraussetzung, dass noch einer der länderweise jährlich durch den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft verordneten Kontingentplätze frei ist.
Eine Erleichterung stellt die Registrierung einer Arbeitskraft als Stammsaisonnier dar. Für sie gibt es einen erleichterten Arbeitsmarktzugang außerhalb der
Kontingente und ohne Ersatzkraftverfahren. Den Status kann erlangen, wer
• in den vorangegangenen fünf Kalenderjahren in zumindest drei Kalenderjahren
• im selben Wirtschaftszweig
• jeweils mindestens drei Monate im Rahmen von Saisonkontingenten befristet beschäftigt war.
Aufwendige Prozedur beim Visum
Eine Beschäftigungsbewilligung für Saisonarbeiter gilt üblicherweise sechs Monate und kann bei Bedarf auf bis zu neun Monate verlängert werden. Erntehelfer erhalten die Bewilligung für maximal sechs Wochen.
Erst mit erteilter Beschäftigungsbewilligung kann ein Drittstaatsangehöriger ein Visum beantragen. Dies muss an der österreichischen Botschaft (Konsulat) im Heimatland erfolgen, und zwar auch dann, wenn der Drittstaatsangehörige als Tourist visumfrei einreisen könnte. Je nach Dauer der geplanten Beschäftigung kann ein Visum C (bis zu 90 Tage, ab 35 Euro Konsulargebühr) oder ein Visum D (mehr als 90 Tage bis sechs Monate, 150 Euro Konsulargebühr) erteilt werden. Eine Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung bzw. des Visums auf bis zu neun Monate ist möglich, allerdings ist der Antragsparcours dann erneut zu absolvieren. Das heißt, zeitgerecht, also etwa vier Wochen vor Ablauf, beantragt der Arbeitgeber beim AMS die Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung. In der Folge kann der Arbeitnehmer das Visum verlängern. Hier gilt die Erleichterung, dass dies bei der Fremdenpolizei im Inland erfolgen kann, sofern das ursprünglich erteilte Visum noch gültig ist. Die Gebühren fallen aber auch bei der Verlängerung wieder vollumfänglich an.
Wettbewerbsverzerrungen
Der Bedarf an Fremdarbeitskräften in der Landwirtschaft ist europaweit hoch. Das Bemühen der Gesetzgeber, Saisonarbeitskräfte und Erntehelfer bereitzustellen, ist länderweise unterschiedlich ausgeprägt. Während in Österreich strengere Vorgaben gelten, gibt es beispielsweise in Deutschland großzügigere Regelungen. So sind Saisonarbeiter in der deutschen Landwirtschaft von den Sozialversicherungsbeiträgen befreit, wenn sie nicht länger als drei Monate oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr beschäftigt sind und die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Dies führt dazu, dass die Arbeit in Deutschland für die Saisonarbeiter lukrativer ist als hierzulande bzw. dass heimische Betriebe bei gleichen Bedingungen stärker belastet sind.
Aufhorchen lies jüngst auch Frankreich, wo Pemierminister Gabriel Attal am 21. Februar vor dem Hintergrund der noch anhaltenden Bauernproteste angekündigt hat, Frankreichs Landwirtschaft zum „fundamentalen nationalen Interesse“ zu erklären. Die Einstufung soll bis zum Sommer im Rahmen eines Gesetzes kommen, das auf die Forderungen der seit Wochen protestierenden Bauern eingeht. Unter anderem sieht es Erleichterungen bei Vorgaben etwa zu Hecken sowie bei Visa für Saisonarbeiter und bei Pestiziden vor.
Wie konfliktträchtig das Thema ist, hat auch der Agrarministerrat vom Montag dieser Woche gezeigt, wo in Brüssel unter dem Eindruck der europaweiten Bauernproteste Maßnahmen zum Bürokratieabbau diskutiert wurden. Dies rief die heimische Arbeiterkammer und auch die SPÖ-Agrarsprecherin auf den Plan, die sich per Aussendung gegen den Vorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft aussprachen, die bereits vereinbarte Verknüpfung der Einhaltung sozialrechtlicher Standards an den Erhalt von Agrarförderungen erst später in Kraft treten zu lassen.
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