Rübenbauern: Trotz guter Preise und Erträge banger Blick in die Zukunft

Bei der Generalversammlung der OÖ. Rübenbauerngenossenschaft gab es gemischte Gefühle: Gute Preise und Erträge geben Anlass zur Freude, doch das Verbot der Neonicotinoid-Beize bremst die Euphorie.

Die Selbstversorgung mit heimischem Zucker könnte in Österreich bald Geschichte sein.

Das Rübenjahr 2022 war insbesondere für die oberösterreichischen Bauern ein sehr erfolgreiches. Der Ertrag lag im Durchschnitt bei 107,4 Tonnen pro Hektar (t/ha), was im Vergleich zu 2021 ein Plus von 14,1 t/ha bedeutet. Rückläufig war dagegen der Zuckergehalt mit 15,6 % Polarisation (2021: 17,5 %). Da sich durch die Wiederherstellung eines Marktgleichgewichtes zwischen Produktion und Verbrauch auch der europäische Zuckermarkt wieder im Lot befinde, wird der Preis pro Tonne Zuckerrübe durchschnittlich 65 Euro betragen und ist damit circa doppelt so hoch wie im Vorjahr. „Das ist der beste Rübenpreis seit Jahrzehnten. Der Zuckerrübenanbau ist wieder hoch attraktiv. Das Durchhalten der letzten Jahre hat sich gelohnt“, betonte Obmann Martin Bäck im Zuge der Generalversammlung der OÖ. Rübenbauerngenossenschaft. Die Preisaussicht sei auch für die Zukunft positiv zu beurteilen, da bei den beiden größten Zuckererzeugern der EU (Frankreich und Deutschland) ein Produktionsrückgang erwartet werde.

Auch die Kontrahierung für 2023 sei gut verlaufen und brachte im Vergleich zum Vorjahr ein Flächenplus von knapp 700 Hektar: „Für heuer wurden in Oberösterreich wieder mehr als 8000 Hektar kontrahiert“, berichtete Geschäftsführer Martin Peterseil.

Positive Erfahrungen habe man auch bei den Abdeckversuchen der Rübenmieten mit Flies gemacht: Die abgedeckten Rüben hatten unter dem Strich 2,2 % weniger Erdanhang (Schmutz) sowie einen um 0,5 % höheren bereinigten Zuckergehalt.

All dies wäre eigentlich ein Grund zum Feiern für die Rübenbauern, doch das EuGH-Urteil rund um das Verbot der Neonicotinoid-Beize bereitet der Euphorie ein jähes Ende.

Besorgter Blick nach NÖ

Von „sehr bedauerlich“ über „ein Schlag ins Gesicht“ bis hin zu „eine ernstzunehmende Bedrohung“ lauteten die Reaktionen auf das Urteil, welches für große Unsicherheit in der Branche sorge.

Für Oberösterreich werde das Verbot weniger Auswirkungen haben: „Es gilt Erdfloh und Blattläuse zu beobachten. Wie Erfahrungen aus Bayern zeigen, sind diese beherrschbar“, so Bäck, der jedoch besorgt aufs Rüsselkäfergebiet in Niederösterreich blickt.

Laut Rübenbauernpräsident Ernst Karpfinger kämpfe mehr als die Hälfte der Rübenanbaufläche des Einzugsgebietes Niederösterreich und Wien seit Jahren mit dem Rübenderbrüssler, der in kürzester Zeit ganze Zuckerrübenflächen kahlfressen kann. „Die Neonicotinoide in der Saatgutbehandlung waren die einzige Möglichkeit, die Schädlingspopulation in Griff zu halten. Alternative Insektizide für die Flächenbehandlung gibt es kaum und diese haben nicht einmal ansatzweise eine vergleichbare Wirkung. Wir haben gegen den Rüsselkäfer de facto chemisch nichts mehr in der Hand. Die Population wird sich über kurz oder lang aufbauen.“

„Wir werden den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern weiter nach vorne schauen.“

Ins selbe Horn stieß auch Agrana-Vorstand Norbert Harringer: „Wir stehen erneut vor einer großen Herausforderung. So kämpfen wir einerseits wieder um den Erhalt der zweiten Zuckerfabrik in Leopoldsdorf und damit verbunden auch die Versorgungssicherheit mit Zucker in Österreich.“

Zuckerimporte steigen

Kritisiert wurde bei der Rübenbauernversammlung auch, dass hierzulande die Produktion von gesunden und regionalen Grundnahrungsmitteln durch stetige Verbote von Pflanzenschutzmitteln immer mehr zurückgefahren werde, während die Importe zunehmen. So sind beispielsweise im vergangenen Jahr auch die Zuckerimporte in der EU massiv angestiegen.

Bei der Produktion von Zucker aus Übersee werde nicht darauf geachtet, wie die Produktionsbedingungen und -standards vor Ort sind. Die EU verlange lediglich leicht erfüllbare Grenzwerte von Pflanzenschutzmitteln in den Importprodukten.

Für Bäck ist daher klar: „Die europäische Landwirtschaftspolitik muss sich ändern und Pflanzenproduktion mit chemischen Mitteln ermöglichen. Zudem gilt es bei den Importen dieselben Maßstäbe ansetzen wie bei der europäischen Produktion. Neue Freihandelsabkommen sind abzulehnen und dem populistischen Druck der Umwelt-NGOs muss entgegengewirkt werden.“

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  • Zuckerrueben Ernte: agrarfoto.com
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AUTORThomas Mursch-Edlmayr
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