Die Rinderproduktion sieht sich aktuell mit einer widersprüchlichen Situation am Markt konfrontiert: Trotz erfreulich guter Preise sind die Produktionszahlen rückläufig. Karl Dietachmair, Direktor der OÖ. Landwirtschaftskammer, spricht in diesem Zusammenhang von einer „Investitions-Zurückhaltung.“ Und mehr noch: „Im Mastbereich haben wir derzeit sogar einen Stillstand“, so Dietachmair. Es wird befürchtet, dass weitere Betriebe, insbesondere in extensiven Lagen, aus der Bewirtschaftung aussteigen werden.
Gestiegene Baukosten und ungewisse Zukunft
Als Gründe hierfür werden massiv gestiegene Baukosten, strengere gesetzliche Vorschriften im Bereich Tierwohl und Ammoniakreduktion, sowie ungewisse zukünftige Haltungsstandards angeführt. Zu letzterem hängt als Damoklesschwert die VfGH-Klage des Landes Burgenland gegen Vollspaltenböden in Rinderställen über den Bäuerinnen und Bauern: „Das ist nicht stimmungsfördernd“, betont Dietachmair.
Anzahl der Betriebe und Tierbestände rückläufig
Die Anzahl der Rinderhalter hat in den vergangenen zehn Jahren um knapp 20 Prozent abgenommen. Auch der Rinderbestand hat sich in diesem Zeitraum um acht Prozent reduziert.
Bei der Anzahl der Schlachtrinder je Kategorie zeigt sich ein ähnliches Bild wobei es in den Kategorien etwas unterschiedliche Entwicklungen gibt. Mit Abstand am stärksten rückläufig sind die Jungstiervermarktungszahlen sowie die Anzahl der Schlachtkälber mit einem Rückgang von jeweils mehr als 20 Prozent. Alleine im Vorjahr haben bundesweit 1000 Betriebe aufgehört ein Drittel davon in Oberösterreich.
„Mit der rückläufigen Rinderproduktion verlieren wir in Österreich einerseits Wertschöpfungspotential in unserer kreislaufbasierenden Landwirtschaft. Zum anderen geht es auch um die Offenhaltung und Pflege der Kulturlandschaft durch die Wiederkäuer. Besonders Grenzertrags- oder schwieriger zu bewirtschaftende Flächen drohen ansonsten zuzuwachsen“, erklärt Johannes Minihuber, Geschäftsführer der Rinderbörse.
Kosten für Mastplatz haben sich verdoppelt
„Es ist notwendig, dass bestehende bzw. auch neue Rinderbetriebe, die in der Rindermast bzw. Rindfleischproduktion ihre Zukunft sehen, entsprechend planbare Voraussetzungen haben. Gute Vermarktungserlöse sind ein wichtiger Baustein für die Bauern. Planungs- und Produktionssicherheit in den bestehenden Haltungssystemen sind genau so wichtig wie eine verbesserte Unterstützung bei Neu- bzw. Re-Investitionen aufgrund der massiv gestiegenen Kosten für den Stallbau“, so Minihuber, der betont, dass sich die Kosten für einen Mastplatz in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt haben.
„Die Teuerung und Tierhaltungsauflagen haben bei Stallbauten zu enormen Investitionserfordernissen und Mehrkosten geführt“, betont Dietachmair.
Die Landwirtschaftskammer fordert daher ein „Sonderinvestitions-Programm im zweistelligen Millionenbereich.“
Stark für die Zukunft gerüstet
Im Zuge der Arbeitstagung der Landwirtschaftskammer war Erik Schöttl, Manager des Fleischverarbeiters OSI Europe Foodworks mit Standort in Enns, geladen. Er stellt dem österreichischen Rindersektor ein postives Zeugnis aus: „Ihr seid gut für die Zukunft gerüstet mit einer starken Basis in der gesamten Wertschöpfungskette, hoher Innovationsfähigkeit und gelebter Regionalität“, so Schöttl, der bei OSI für die Schlacht- und Zerlegeaktivitäten in ganz Europa verantwortlich ist.

Österreich stelle für das Unternehmen, welches der größte Rinderverarbeiter hierzulande ist, ein sehr wichtiges Standbein dar: „Wir finden hier eine einzigartige Struktur mit bäuerlichen Familienbetrieben vor, die es in anderen Ländern nur selten gibt.“
Zudem betonte er die Nachhaltigkeit und Effizienz der österreichischen Landwirtschaft: „Je höher die Produktivität in der Landwirtschaft, desto umweltfreundlicher ist sie auch.“
Besonders hob Schöttl die hohe Qualität der Produktion hervor und lobte die enge Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Handel und Gastronomie. Auch die wirtschaftlichen Perspektiven der Branche seien vielversprechend: „Wir sehen Rekordpreise für Milch und Rindfleisch, was nicht nur an der Nachfrage in Österreich liegt, sondern auch an der starken internationalen Vermarktung.“
Umfrage
Im Bereich der Rindermast wurde 2024 von KeyQuest eine Umfrage unter Rindermastbetrieben durchgeführt. Diese gibt einen Ausblick, dass der Strukturwandel in den nächsten Jahren in der Rindermast weiter voranschreitet und vor allem kleinere Mastbetriebe ihre Jungstier-Produktion auslaufen lassen. Details siehe Grafik.
- Bildquellen -
- Stiermast 68 ID62760kleiner: agrarfoto.com