Geht es um den Rückgang der biologischen Vielfalt, drehen sich öffentliche Diskussionen meistens um oberirdisch lebende Pflanzen und Tiere, während Bodenorganismen vergessen werden. Das österreichweite Projekt BodenBiodiv fokussiert nun auf den Regenwurm.

Regenwürmer spielen in unserer Klimaregion eine wichtige Rolle für viele Ökosystemleistungen. Sie bauen organisches Material ab und sorgen für eine nachhaltige Bodenfruchtbarkeit. Mit bis zu 1100 Metern an Regenwurmgängen pro Kubikmeter Boden wird die Bodenstruktur verbessert und das Einsickern von Regenwasser und das Wasserspeichervermögen des Bodens stark erhöht. Das so gespeicherte Wasser steht dann auch wieder den Kulturpflanzen zur Verfügung. Mit etwa 1000 Kilogramm Biomasse pro Hektar in einem gut besetzten Acker (100 Würmer/Quadratmeter) stellen Regenwürmer auch eine wichtige Nahrungsgrundlage für andere Tiere wie zum Beispiel Vögel dar.

Laut „Ein synoptischer Bestimmungsschlüssel der Regenwürmer Österreichs“ kommen in Österreich etwa 60 Regenwurmarten vor, allerdings ist nicht bekannt, welche Regenwurmarten wo und in welcher Menge, Biomasse und Diversität im Agrarland leben. Landwirtschaftlich genutzte Flächen stellen aufgrund der vielfältigen Störungen (Bodenbearbeitung, Einsatz von Maschinen und Agrochemikalien) einen recht stressigen Lebensraum für Regenwürmer dar. Dies führt auch zu großen Unterschieden im Regenwurmbesatz: Wie auch im Fibl-Merkblatt „Regenwürmer – Baumeister fruchtbarer Böden“ nachzulesen ist, weisen intensiv genutzte Ackerflächen nur rund 100 Würmer/m2 auf, während in extensiv genutzte Weiden immerhin etwa 500 Regenwürmer pro Quadratmeter vorkommen.

400 Testflächen

Quelle: BodenBiodiv
In Österreich kommen rund 60 Regenwurmarten vor, über deren Verteilung weiß man allerdings wenig.

Im Projekt BodenBiodiv werden nun die Regenwürmer im Acker- und Grasland auf 400 Testflächen in einem standardisierten Monitoring österreichweit erhoben. Damit werden bereits laufende Biodiversitäts-Monitoringprogramme zu Biotopen, Gefäßpflanzen, Heuschrecken, Tagfalter und Wildbienen ergänzt (BINATS – Biodiversity-Nature-Safety – und ÖBMK – Österreichisches Biodiversitätsmonitoring der Kulturlandschaft). Die Flächen umfassen Standorte mit unterschiedlicher Nutzungsintensität, vom Flachland im Osten bis zu den Almregionen im Süden und Westen Österreichs.

Quelle: BodenBiodiv
Im Acker und am Ackerrandstreifen werden Proben geworben.

Für die Erhebung werden drei Bodenwürfel (20 x 20 x 20 cm) mit einem Spaten entnommen und die darin enthaltenen Regenwürmer an Ort und Stelle aussortiert. An der Universität für Bodenkultur  (BOKU) Wien erfolgt die Bestimmung der Regenwurmarten. Bodenproben werden auf pH-Wert, Nährstoffgehalte, Wassergehalt, Kohlenstoffgehalt und Bodenmikroorganismengehalt untersucht, um die Vorlieben der Regenwurmarten für bestimmte Bodeneigenschaften analysieren zu können.

Das knapp zweijährige Projekt wird vom Klimaschutzministerium sowie NextGenerationEU gefördert, beteiligt daran sind die Institute für Zoologie und Bodenforschung der BOKU, das Umweltbundesamt und die AGES. Erste Ergebnisse über die Anzahl und Biomasse der gefundenen Regenwürmer und die Bodenanalysen werden im Frühjahr 2025 erwartet und den teilnehmenden Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern als Übersicht mitgeteilt.

REGENWÜRMER FÖRDERN: Mit der Kenntnis der Faktoren, die Regenwürmer beeinflussen, lassen sich Maßnahmen zu deren Förderung ableiten. Eine vielfältige Fruchtfolge mit unterschiedlichen Kulturen und Zwischenfrüchten sowie ständiger Bodenbedeckung fördert Regenwürmer. Intensive Bodenbearbeitung dagegen, insbesondere tiefes Pflügen, kann den Lebensraum der Regenwürmer zerstören oder sie direkt schädigen. Bodenverdichtungen reduzieren das Wachstum der Kulturpflanzen und der Regenwürmer, können aber durch Maschineneinsatz bei trockenen Bodenbedingungen und die Verwendung von Breitreifen und bodenschonender Technik vermieden werden. Generell förderlich für Regenwürmer ist die Anwendung organischer Dünger und das Mulchen, weil dadurch Nahrung für Regenwürmer eingebracht wird und die Bodenfeuchtigkeit bewahrt wird. Hingegen können Mineraldünger und Pestizide Regenwürmer direkt schädigen, weil sie den pH-Wert des Bodens beeinflussen. Durch die Anlage von Wegrainen und Hecken werden wertvolle Rückzugsräume für Regenwürmer geschaffen, aus denen sie wieder in Ackerflächen einwandern können.

Autorinnen und Autoren:
Johann G. Zaller1, Marion Mittmannsgruber1, Elisabeth Wiedenegger1, Dmytro Monoshyn1, Rajasekaran Murugan2, Edith Gruber1; alle BOKU University, 1Institut für Zoologie, 2
Inst. für Bodenforschung 

- Bildquellen -

  • Übersicht Probestandorte: BodenBiodiv
  • Probenahme: BodenBiodiv
  • Regenwurm: agrarfoto.com
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