Es ist in erster Linie die physische Gesundheit, die im Mittelpunkt der Corona-Krise steht. Dennoch darf auch die psychische Gesundheit der Menschen nicht außer Acht gelassen werden, wenn es darum geht, diese Zeit der Unsicherheit gut zu überstehen.

Es gibt keine Bevölkerungsgruppe, die von den Auswirkungen der Maßmahmen gegen die Virusverbreitung verschont bleibt oder bleiben wird. Auch wenn die Landwirte mit ihrem Arbeitsplatz daheim – unter freiem Himmel und oft genug auch allein auf weiter Flur – nun auf den ersten Blick privilegiert wirken, so sind sie dennoch als Unternehmer auch von den schwer beeinträchtigten Märkten betroffen. Das lässt Sorgen und Ängste wachsen. Verstärkt werden diese durch die vielen Fragezeichen, die täglich mehr werden.

Jeder ist betroffen, und das auf vielen verschiedenen Ebenen

„Alles ist unsicher. Nicht nur, wie lange dieser Zustand andauern wird, sondern auch, ob man selbst betroffen sein oder persönliche Verluste erleiden wird. Es trifft uns auf so vielen verschiedenen Ebenen, wirtschaftlich, privat und persönlich“, sagt die Lebens- und Sozialberaterin Susanne Fischer (siehe Porträt unten). Sie hat ein Ohr für die bäuerliche Bevölkerung, der sie seit 20 Jahren mit Rat und Tat zur Seite steht – etwa durch das „Bäuerliche Sorgentelefon“, das von der bundesweiten Bildungs- und Informations­initiative „Lebensqualität Bauernhof“ schon vor vielen Jahren installiert wor­den ist. Aufgrund der Corona-Pandemie sind nun die Zeiten, unter welchen eine kostenlose Beratung in Anspruch genommen werden kann, ausgeweitet worden.

„Dass in dieser Ausnahmesituation verstärkt Ängste auftauchen, ist zutiefst menschlich“, sagt Fischer, „wir alle haben in einer Gesellschaft der Sicherheit gelebt. Diese ist nun weg, das erschüttert uns.“ Alles, worauf man sich bisher verlassen konnte, sei nun in Frage gestellt. „Menschen können nun sehr schnell in die Situation einer Überforderung kommen. Wir alle müssen erst lernen, mit dieser neuen Realität umzugehen“, sagt Fischer.

Die Oberösterreicherin betont, dass die aktuelle Pandemie-Situation für alle neu sei und niemand, auch keine Experten, auf Erfahrungen zurückgreifen könne. Dennoch gelten zum Umgang mit massiven Ängsten zwei erprobte Mittel: darüber reden und sich bewegen. „Mit jemandem zu reden, dem ich alles sagen kann, tut auf jeden Fall gut. Für manche ist das wahrscheinlich mit einer außenstehenden Person hilfreicher, da muss keine Fassade aufrecht erhalten werden“, sagt Fischer. Angst zu haben sei auch nicht schlimm. „Kritisch wird es erst, wenn man in eine Starre fällt, in eine hilflose Angst“, so die Expertin. Sie rät dazu, in der aktuellen Situation nicht zu weit in die Zukunft zu spekulieren, sondern den Fokus jeweils auf kürzere Zeiträume zu legen, zunächst etwa bis Ostern. Auch sollte man informiert bleiben, auch über wirtschaftliche Maßnahmen und Möglichkeiten. „Die Eigenverantwortung darf ich nicht abgeben“, sagt Fischer. 

Kindern, die Angst verspüren, sollte man diese nicht absprechen. Ein „Ich bin da“ kann ihnen in angstvollen Situationen Halt geben. Auch ältere Menschen brauchen nun diese Bestätigung, wenngleich die körperliche Nähe vermieden werden muss.

Konflikte, die aus dem alltäglichen Zusammenleben kommen, werden durch die aktuelle Krise zwar nicht ausgesetzt, sind aufgrund der räumlichen Gegebenheiten auf einem Bauernhof jedoch besser zu ertragen als in einer kleinen Wohnung. „Bäuerinnen und Bauern sollten sich auch dessen bewusst sein, dass ihre Selbstversorgungsmöglichkeit großen Wert hat und sie durch das Weiterverrichten ihrer Arbeit die Einschnitte im Alltag vergleichsweise wenig spüren“, so Fischer.

Bereits verstärkter Zulauf am Sorgentelefon zu spüren

„Wir spüren bereits einen deutlichen Zulauf, fast alle Anrufe stehen in Verbindung mit dem Coronavirus“, sagt Birgit Bratengeyer, die das Projekt Lebensqualität Bauernhof leitet. „Viele sind sehr verunsichert und befürchten Absatzeinbrüche, auch in der Direktvermarktung. Aber auch die stärker belasteten Paarbeziehungen sind schon ein Thema“, sagt Bratengeyer.

Sorgentelefon

Das Bäuerliche Sorgentelefon ist eine einfache und anonyme erste Anlauf-stelle für kleine und große Probleme. Professionelle Ansprechpartner hören zu und geben Antworten beispielsweise  bei Konflikten zwischen Jung und Alt, wirtschaftlichen Sorgen oder Problemen durch Überlastung. Zu erreichen ist es (zum Ortstarif) unter der Telefonnummer 0810/676 810 von Montag bis Freitag von 8.30 bis 12.30 Uhr. Aufgrund der Krisensituation durch das Coronavirus werden diese Zeiten bis zum 30. April bis 16 Uhr verlängert.

- Bildquellen -

  • Frau: Natalie Board - adobe.stock.com
- Werbung -
AUTORGabi Cacha
Vorheriger ArtikelMilchtraum einmal anders: der Leberkäsetraum von Schärdinger
Nächster ArtikelEntwarnung für gesperrte Tiroler Tbc-Kontaktbetriebe