Österreichs Finanzprüferin Berger im EU-Rechnungshof in Luxemburg.

Nachgebessert werden sollte demnach primär hinsichtlich der Transparenz. Risikosituationen müssten besser erkannt werden. Prominentester Fall für einen solchen Interessenkonflikt bei der Vergabe von GAP-Geldern: der frühere tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš. Ihm wird in verschiedenen Fällen vorgeworfen, ungerechtfertigt Millionen an EU-Hilfen für das von ihm gegründete Unternehmenskonglomerat Agrofert erhalten zu haben. In der sogenannten „Storchennest“- Affäre, eine Freizeitund Konferenzhotelanlage in Böhmen, die bis 2007 der Agrofert-Gruppe gehörte und die 2008 vermeintlich zu Unrecht umgerechnet etwa 2 Millionen Euro an EU-Zuschuss für kleine und mittlere Unternehmen erhielt, wurde der Tscheche indes Anfang Jänner freigesprochen.

Selbsterklärungen mit Tücken

„Wir haben festgestellt, dass Anstrengungen unternommen wurden, um das Problem anzugehen, aber nach wie vor Lücken bestehen“, erklärte dieser Tage das zuständige EuRH-Mitglied Pietro Russo. Geht es nach dem EU-Rechnungshof, so sollen Interessenkonflikte bei der Verwaltung von EU-Geldern vor allem über Selbsterklärungen verhindert werden. Diese Erklärungen seien jedoch nicht unbedingt zuverlässig und der Abgleich von Informationen sei mitunter schwierig, so die Einschätzung der Prüfer. Sie haben in Deutschland, Ungarn, Malta und Rumänien festgestellt, dass Regierungsmitglieder, die an Entscheidungen über Fördermittel beteiligt waren, entgegen den Vorschriften nicht zwingend eine Selbsterklärung abgeben mussten.

Bemühte Kommission

Bei der Auftragsvergabe legen nationale Behörden dem EuRH zufolge zwar großen Wert auf die Aufdeckung von potenziellen Interessenkonflikten. Bestimmte Warnsignale würden jedoch nicht immer berücksichtigt, vor allem wenn kein wettbewerbliches Vergabeverfahren im Spiel sei. Nur eingeschränkt ist nach Einschätzung der Prüfer auch die Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Abhilfe könnten hier frei zugängliche Informationen über die Begünstigten hinter juristischen Personen sowie über das Ausmaß und die Häufigkeit von Interessenkonflikten im Verwaltungsbereich schaffen. Eine Sprecherin der EU-Kommission erklärte, dass in der laufenden Förderperiode bereits mehrere Maßnahmen eingeführt worden seien, um die vom EuRH angesprochenen Lücken zu schließen.

Relevanz für Österreich

Laut Helga Berger, sie vertritt seit zwei Jahren Österreich im Rechnungshof, enthält der Sonderbericht keine spezifischen Aussagen zu Österreich. „Wie alle anderen EU-Mitgliedstaaten ist Österreich aber verpflichtet, Interessenkonflikte bei der Verwaltung von EU-Mitteln zu vermeiden und entsprechende EU-Vorgaben in nationales Recht umzusetzen, um die finanziellen Interessen der EU bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu schützen.“ In Österreich unterstützt ein Verhaltenskodex zur Korruptionsprävention mit einem eigenen Kapitel zum Thema Interessenkonflikte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie Führungskräfte bei der Sensibilisierung und Bewusstseinsschärfung für Risikosituationen. Berger: „Auch haben die Verwaltungsbehörden für die Strukturfonds und Agrarfonds schriftliche Strategien für den Umgang mit Interessenkonflikten.“ Zudem gebe es im österreichischen Vergaberecht eine Regelung zur Vermeidung von Interessenkonflikten, Wettbewerbsverzerrungen und für die Gleichbehandlung aller Unternehmen.

Säumig war Österreich hingegen („wie andere Mitgliedstaaten auch“, so Berger) bei der Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie. Damit sollen Personen geschützt werden, wenn sie Verstöße gegen das Unionsrecht melden. Mittlerweile wurde aber ein entsprechendes „HinweisgeberInnenschutzgesetz“ dazu verabschiedet, das Unternehmen und Behörden ab 50 Arbeitnehmern dazu verpflichtet, Meldesysteme einzurichten und Compliance-Maßnahmen zu setzen.

Finanzhoheit in Brüssel

Laut Helga Berger unterliegt etwa die Hälfte der EU-Ausgaben, knapp 120 Milliarden Euro, der geteilten Mittelverwaltung durch die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten. Dies gilt auch für die beiden Agrarfonds – den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Dabei trägt Brüssel die Gesamtverantwortung für die Ausführung des Haushaltsplans, während die Mitgliedstaaten wirksame Maßnahmen ergreifen müssen, um Unregelmäßigkeiten zu verhindern, aufzudecken und zu beheben. Berger: „Die nationalen Behörden sind in erster Linie dafür verantwortlich, Unregelmäßigkeiten auf Empfängerebene abzustellen.“

eca.europa.eu

- Bildquellen -

  • Europäischer Rechnunshof Mit Berger Web: BKA/WENZEL; EUROPÄISCHER RECHNUNGSHOF
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AUTORBernhard Weber
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