Ein Regionalschwerpunkt, ein Masterplan für den ländlichen Raum und die Vorbereitungen auf die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020 – Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter hat viel vor im Jahr 2017 und sprach darüber mit der Österreichischen BauernZeitung.
Sie möchten 2017 einen Regionalschwerpunkt setzen. Wie wird dieser konkret aussehen?
RUPPRECHTER: Den Hauptschwerpunkt für das Jahr 2017 haben wir mit ‚Politik für die ländlichen Regionen‘ definiert. Österreich ist eng mit dem ländlichen Raum verbunden. Zwei Drittel der Österreicher leben im ländlichen Raum. Das sind mehr als fünf Millionen Menschen. Die Lebensqualität in unserem Land hängt sehr eng mit dem ländlichen Raum zusammen.
Die Attraktivität des ländlichen Raums stärken
Gleichzeitig haben wir einen sehr starken Abwanderungsdruck aus den ländlichen Regionen. In den strukturschwächsten Regionen hat das Institut für Regionalentwicklung die Abwanderung bis 2030 mit zehn Prozent beziffert. Es ist daher notwendig, die Attraktivität des ländlichen Raums vor allem für junge Menschen und Familien zu stärken. Deswegen haben wir uns bewusst dafür entschieden, als Schwerpunkte die Situationen der Arbeitsplätze, der Ausbildungsmöglichkeiten und vor allem der Lebensmöglichkeiten im ländlichen Raum zu fokussieren, vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen wie Mobilität und Digitalisierung.
Um Menschen in ländlichen Regionen zu halten, braucht es bekanntlich die nötige Infrastruktur, Stichworte: Landärzte, Arbeits- und Kinderbetreuungsplätze, Breitbandausbau. Keines dieser Themen fällt in Ihren Zuständigkeitsbereich. Wie möchten Sie den Schwerpunkt dennoch umsetzen?
RUPPRECHTER: Diesen Schwerpunkt hat mein Ressorts gemeinsam mit der Landeshauptleutekonferenz und Günther Platter als ihrem Vorsitzenden 2017 sowie dem Österreichischen Gemeindebund definiert. Da ist schon genug politische Power dahinter, wenn die Bundesländer und die Gemeinden mit mir gemeinsam einen Strategieplan erarbeiten. Ziel ist ein Forderungskatalog mit den wichtigsten Punkten, die wir brauchen, um den ländlichen Raum attraktiv zu halten. Dieser mündet dann im Masterplan.
Gab es dazu schon Gespräche mit den zuständigen Ministern?
RUPPRECHTER: Ja, wir haben das bei der Regierungsklausur als thematischen Schwerpunkt für das Jahr 2017 angemeldet. Mein Ressort hat auch schon Vorbereitungen unternommen. So haben wir das ‚Communal Audit Neu‘ entwickelt. Jede Gemeinde kann nun dieses Auditing durchlaufen und sich nach den Benchmarks und Best-Practice-Modellen unter den verschiedenen Aspekten – von der Verwaltung über die Lebensqualität in der Gemeinde – prüfen lassen. Beim ‚Communal Audit Neu‘ kooperieren wir mit dem Wirtschaftsministerium und Staatssekretär Harald Mahrer. Außerdem hat mein Ressort eine digitale Landkarte entwickelt. Diese ist seit 1. Jänner 2017 online.
Was zeigt diese Landkarte an?
RUPPRECHTER: Auf dieser Landkarte kann man sich anschauen, welche Projekte in den Regionen laufen. In der Karte sind 250.000 Projekte und Initiativen des Landwirtschaftsressorts digitalisiert. Diese reichen von Projekten in Nationalparks und Genussregionen, über Förderungsprogramme und Investitionsförderungen hin zu Wildbach- und Lawinenverbauungen. Man kann auf der Landkarte also alles finden, was mein Ressort in den Regionen durchführt. Das ist auch ein Teil der Leistungstransparenz und soll ein Vorbild für andere Ressorts liefern, um auch im Sinne der Transparenzdatenbank zu zeigen, was in den Gemeinden beispielsweise von der öffentlichen Hand gemacht wird.
Die Erarbeitung eines Masterplans für den ländlichen Raum ist auch im Regierungsprogramm festgeschrieben. Mitte 2017 möchten Sie den Masterplan präsentieren. Was soll das konkrete Ergebnis sein?
RUPPRECHTER: Im Jahr 2017 soll dieser Masterplan fertiggestellt werden. Ich gehe davon aus, dass viele Punkte in ein nächstes Arbeitsprogramm der Bundesregierung einfließen werden.
Können Sie einzelne Forderungen bereits nennen?
RUPPRECHTER: Nein, diese sollen ja das Ergebnis des Prozesses sein, den wir starten.
Zu aktuellen Themen: Laut den jüngsten Antragszahlen für den Milchlieferverzicht im Zeitraum Jänner bis März 2017 bleiben noch Mittel von den zur Verfügung gestellten 5,86 Mio. Euro übrig. Wird damit eine weitere Runde eröffnet?
RUPPRECHTER: Nein, eine weitere Antragsrunde für 2017 ist derzeit nicht geplant. Insgesamt sind für den aktuellen Zeitraum mehr als 4300 Anträge auf Milchlieferreduktion eingegangen. Das entsptricht knapp 40.000 t Milch. Das heißt, alle Anträge können ungekürzt akzeptiert werden. Anmelden einerseits und dann tatsächlich realisieren, ist aber etwas anderes. Es kann auch sein, dass sich der Milchpreis in der Zwischenzeit so positiv weiterentwickelt, dass es nicht mehr attraktiv ist, an dieser Maßnahme teilzunehmen.
Positives Resümee über Milchlieferverzicht
Aber grundsätzlich würde ich jetzt schon ein positives Resümee ziehen. Wir haben als erstes Mitgliedsland eine Milchlieferrücknahme-Aktion gefordert und uns damit auf EU-Ebene durchgesetzt. Man hätte sich das erste Milchreduktionspaket in Höhe von 500 Mio. Euro sparen können. Wenn man das im Vorjahr bereits genauso gemacht hätte, dann hätten wir schon im Frühjahr diesen Effekt gehabt. Aber ich bin froh, dass wir zeigen konnten, dass diese Maßnahme tatsächlich sinnvoll ist und sich auch am Markt niederschlägt.
Zur Gemeinsamen Agrarpolitik: EU-Agrarkommissar Phil Hogan will im Sommer 2017 ein Papier zur GAP nach 2020 vorlegen. Was erwarten Sie sich davon?
RUPPRECHTER: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich dafür ausgesprochen, dass es auch in Zukunft die GAP als wichtige strategische Gemeinschaftspolitik geben soll. Es soll keinesfalls zu einer Renationalisierung kommen. Das war ein wichtiges Signal von der Kommissionsspitze, weil es doch immer wieder Vermutungen gab, es werde zu einer stärkeren Renationalisierung kommen. Das kommt nicht, und das ist wichtig. Auch Hogan hat sich eindeutig dafür ausgesprochen, dass wir für die Periode nach 2020 ein System der Direktzahlungen brauchen. Das ist eine wichtige Festlegung. Und dann wird es darum gehen, dies im Zuge des Mehrjährigen Finanzrahmens auch umzusetzen. Tatsächlich muss man – bei allem Einsparungsdruck, den es insbesondere auch aus dem Brexit heraus geben wird – die Position der strategischen Politik im Mehrjährigen Finanzrahmen widergespiegelt sehen. Das heißt: Die Diskussion beginnt bereits jetzt.
Wie bereitet sich Österreich auf die Diskussion vor?
RUPPRECHTER: Wir haben uns in der innerbäuerlichen Gemeinschaft auf eine gemeinsame Vorgehensweise bei den Vorbereitungen verständigt. Das ist enorm wichtig, sowohl von der politischen Interessenvertretung, dem Bauernbund, her, als auch von der gesetzlichen Interessenvertretung. Es muss klar sein, dass wir den hohen Rückfluss verteidigen müssen, den wir aus der Ländlichen Entwicklung haben, denn dieser macht uns de facto zu Nettoempfängern in der GAP. Deshalb ist es auch entscheidend, dass wir in der nächsten Bundesregierung vertreten sind, wenn wir für die Landwirtschaft etwas erreichen wollen.
Gibt es im Zuge dieser Vorbereitungen schon konkrete Forderungen?
RUPPRECHTER: Der Fokus ist klar: Die Direktzahlungen sind ein wichtiges Element bei der künftigen Ausrichtung der GAP. Bei der Ländlichen Entwicklung müssen wir die hohe Rückflussrate absichern, auch mit neuen Maßnahmen. Und wir müssen vor allem das Element der Eigenvorsorge, also die Weiterentwicklung der Ernteversicherung in Richtung Einkommensversicherung, entsprechend gestalten und verhandeln. Wichtig dafür sind: gute Vorbereitungen, eine strategische Ausrichtung und eine starke und harte Verhandlungsführung in Brüssel auf allen Ebenen.
Regionalschwerpunkt: Der Regionalschwerpunkt im Überblick
• Die Schwerpunkte der Regionalpolitik 2017 liegen laut Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter auf der Verlagerung von Behörden und Ämtern in die Regionen, der Stärkung der Frau am Land und auf Erleichterungen und rechtlichen Vereinfachungen für jene, die sich ehrenamtlich engagieren.
• Regionale Erfolgsstrategien und Entwicklungspotenziale sollen im Rahmen einer Bundesländer-Tour direkt vor Ort diskutiert werden.
• Unter www.bmlfuw.gv.at
steht seit 1. Jänner 2017 eine digitale Leistungslandkarte als Service-Instrument und im Sinne der Transparenz zur Verfügung.