Die beliebten Vierbeiner bieten für Bäuerinnen und Bauern gute Möglichkeiten für Erwerbskombinationen. Der Familienbetrieb Reisenthaler im Tullnerfeld (NÖ) beispielsweise ist vielfältig aufgestellt und verfügt über langjährige Erfahrung in der Pferdezucht und Einstellerhaltung. Selbst erzeugte Produkte, wie Safran, Wein oder Fleisch von im offenen Stall gehaltenen Schweinen,  werden von diesem Acker- und Weinbaubetrieb direkt oder einmal im Jahr im hauseigenen Heurigen vermarktet. Den Pferden kommt fünfköpfigen Familienbetrieb im Vollerwerb eine tragende Rolle zu. 

“Wir sind Landschaftspfleger”, 

so Johann Reisenthaler und erklärte, dass der Bauernhof rund 30 Feldstücke in einer ökologisch strukturreichen Landschaft bewirtschaftet. “Für große Betriebe wären unsere zahlreichen kleinen Wiesen völlig uninteressant”, ergänze er.

Obergrenze für Einstellpferde ist nicht mehr zeitgemäß

Seit der Gewerberechtsnovelle im Juli 2017 gehört das Einstellen von höchstens 25 Einstellpferden, sofern höchstens zwei Einstellpferde pro Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche gehalten werden und sich diese Flächen in der Region befinden, zur Urproduktion. Damit sich Bäuerinnen und Bauern, wie Familie Reisenthaler das Potenzial der Pferdewirtschaft weiterhin wirtschaftlich sinnvoll nutzen können, sind zeitgemäße Rahmenbedingungen dringend notwendig.
Die Landwirtschaftskammer Niederösterreich (LK NÖ) und der Verband der niederösterreichischen Pferdezüchter fordern daher die Anhebung der möglichen Einstellpferde nach praxistauglichen Bedingungen.

Vollblüter ist nicht gleich Reit-Ponny ist nicht gleich Jungtier

„Einige Vorgaben und Rahmenbedingungen machen es schwierig für bäuerliche Betriebe, die Pferdehaltung als Einkommensmöglichkeit optimal zu nutzen. Dabei ist dieses Standbein eine gute Form der Diversifizierung in der Landwirtschaft“, betonte LK NÖ-Vizepräsidentin Andrea Wagner. Auch für Reiter und Pferdebesitzer ist die Einstellung von Pferden auf landwirtschaftlichen Betrieben sehr attraktiv. Einerseits durch den umfangreichen Service, der den Einstellern geboten werden kann. Anderseits können landwirtschaftliche Betriebe die Pferdeeinstellung zu moderaten Konditionen anbieten.

Die Einstellpferdehaltung im Rahmen der Landwirtschaft ist jedoch auf zwei Pferde je Hektar und in Summe 25 Einstellpferde pro Betrieb begrenzt. Innerhalb dieser Grenzen zählt die Pferdeeinstellung zur landwirtschaftlichen Urproduktion. Auch, wenn ein Betrieb mehr Fläche zur Verfügung hat, dürfen nicht mehr als 25 Pferde eingestellt werden, sonst wird aus der Landwirtschaft ein Gewerbebetrieb. Um als bäuerlicher Familienbetrieb davon leben zu können, bedarf es einer höheren Zahl an Einstellpferden.

Es darf hier keine „Milchmädchenrechnung“ aufgestellt werden – die monatliche Einstellgebühr ist nicht automatisch der Gewinn des Betriebs. Wie in allen anderen Sparten auch hat landwirtschaftliche Pferdeeinstellbetrieb einen entsprechenden Mitteleinsatz und damit Ausgaben: von Futter und Einstreu über Kraftstoff und Energie bis hin zur Infrastruktur und Arbeitskraft.

Einstellbetriebe produzieren keine Milch und kein Fleisch – ihr Produkt ist die Pferdeeinstellung. Daher fordern die LK NÖ und der Verband der NÖ Pferdezüchter eine Erhöhung der möglichen Einstellpferde.

Eine sinnvolle Lösung wäre der Entfall der Obergrenze von maximal 25 Einstellpferden sowie die Änderung von zwei Pferden je Hektar auf zwei Großvieheinheiten (GVE) pro Hektar – angelehnt an den GVE-Schlüssel bei Rindern im ÖPUL-Programm. So können auch Größe, Gewicht und der dementsprechende Futterbedarf der Pferde berücksichtigt werden.

Dies wäre auch eine praxistaugliche Lösung für die Jungpferdeaufzucht, die ein wesentliches Element der Pferdezucht ist. „Bietet ein landwirtschaftlicher Betrieb dies an, kann oft nur eine marginale Einstellgebühr verlangt werden. Die Grenze von 25 Einstellpferden macht ein Auskommen unmöglich. Pferdezucht und Jungpferdeaufzucht sind aber die Basis unseres Pferdebestands – das sind die nachfolgenden Generationen“, sagte der Obmann der NÖ Pferdezüchter Johann Reisenthaler.

Pferde, Recht und Umsatzsteuer

Eine weitere notwendige Maßnahme betrifft die Umsatzsteuer für die Pferdeeinstellung. Umsätze unterliegen grundsätzlich dem Normalsteuersatz von 20 Prozent. Durch die Pferdepauschalierungsverordnung wurde die Möglichkeit geschaffen, sich optional einen Durchschnittssatz für den Vorsteuerbetrag pro eingestelltem Pferd und Monat abzuziehen.

Die Landwirte produzieren Futtermittel, Heu, Getreide und Stroh als Einstreu hauptsächlich selbst, kaufen weder diese Mittel noch Dienstleistungen zu und können daher auch keine Vorsteuer geltend machen. Der pauschale Vorsteuersatz liegt derzeit bei 27 Euro. In Zeiten der Teuerungswelle bedarf es einer Entlastung der Betriebe, weshalb eine entsprechende Anpassung und Erhöhung der Vorsteuerpauschale gefordert wird.

„Die Pferdewirtschaft ist sehr facettenreich und unsere landwirtschaftlichen Betriebe haben dadurch vielfältige Einkommensmöglichkeiten. Daher ist es wichtig, die Rahmenbedingungen mit Weitblick zu gestalten“, sind sich Kammer und Pferdezüchter-Verband einig.

Bäuerliche Pferdehalter geben Trend ein Zuhause

60 Prozent der Bevölkerung haben eine positive Einstellung zu Pferden, obwohl sie selbst nicht reiten. 25 Prozent sind schon einmal geritten, 6 Prozent reiten.

„Der Wert von Pferden ist beachtlich – für die Gesellschaft und die Volkswirtschaft. Auch für die Landwirtschaft. Schließlich steht die Pferdewirtschaft für ein komplexes und breitgefächertes Feld an Wirtschaftsaktivitäten“, erklärte LK NÖ-Präsident NAbg. Johannes Schmuckenschlager.

Von der Herstellung von Futtermitteln über die Leder- beziehungsweise Metallerzeugung bis zum Versicherungswesen profitiert eine breite Bandbreite im vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereich. In Österreichs Volkswirtschaft erwirkt der Wirtschaftsfaktor „Pferd“ eine Produktion in der Höhe von rund 2,3 Milliarden Euro, hinsichtlich der Wertschöpfung werden rund 1,1 Milliarden Euro generiert.

Der Wirtschaftsfaktor „Pferd“ schafft rund 24.000 Arbeitsplätze und in Österreich bewirken fünf Pferde einen Arbeitsplatz. Die soziale Bedeutung des Pferdes in Österreich umfasst etwa gesundheitliche und therapeutische Aspekte. Die umfangreiche Palette an reittouristischen Angeboten wie Reiturlaub, geführte Ausritte, Wanderreiten, offene Stalltüren auf Reiterhöfen oder Reit- und Fahrturniere machen das Pferd zu einem bedeutenden Tourismus- und Freizeitfaktor.

 

- Bildquellen -

  • Pferdeeinstellung: BZ/Artur Riegler
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AUTORArtur Riegler
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