Es trifft einen unerwartet. Auf einmal schlägt das Schicksal zu und das bisherige Leben ändert sich radikal. „Das ist menschlich eine große Aufgabe und psychisch eine starke Belastung“, sagen Brigitte und Josef Resch. Ihr 31-jähriger Sohn Reinhard leidet seit Jänner an einer schweren Krankheit. Zusätzlich zum persönlichen Leid stellte sein Schicksal den landwirtschaftlichen Betrieb vor enorme Herausforderungen. Denn Reinhard Resch fällt seither auch als Arbeitskraft am Betrieb aus. Seit dem Abschluss der landwirtschaftlichen Schule war er am Milchviehbetrieb der Eltern in Schörfling am Attersee (OÖ) beschäftigt und sollte den Hof einmal übernehmen. „Eine ständige Hilfe, die immer da ist, bricht auf einmal weg“, versucht es Brigitte Resch zu beschreiben. „Da hat man dann schon Existenzsorgen und man überlegt, wie es weitergehen soll“, fügt ihr Gatte hinzu. Zumindest betrieblich konnte ihnen Dominik Niedermayr ein paar Sorgen nehmen. Seit März ist er als Zivildiener bei Familie Resch beschäftigt. „Sein Einsatz war für den Betrieb eine Überlebensfrage“, bringt es Josef Resch auf den Punkt.
Dominiks Arbeit:„Alles, was anfällt“
Der Einsatz von Zivildienern auf landwirtschaftlichen Betrieben ist seit 35 Jahren möglich und wird über die Landwirtschaftskammer Oberösterreich organisiert. „Derzeit arbeiten 26 Zivildiener auf 50 bäuerlichen Betrieben“, erklärt Johannes Riegler von der Landwirtschaftskammer. Er koordiniert die Bewerbungen der Zivildiener und die Anträge der Betriebe, fährt zu den Höfen hin und sorgt für eine unbürokratische und rasche Vermittlung (siehe Info untenstehend).
Viele der Zivildiener kommen selbst von einem Hof und wissen, was es heißt, anzupacken. So wie Dominik Niedermayr. Der gelernte Mechaniker aus Schwanenstadt arbeitet seit jeher auf dem Schweinezucht- und mastbetrieb seines Großvaters mit. Warum er sich für den Zivildienst entschieden hat und diesen schließlich auf einem Bauernhof leisten wollte? „Ich wollte etwas Sinnvolles machen und hier kann ich jemanden unterstützen, der Hilfe braucht. Die Landwirtschaft hat mich immer schon interessiert“, sagt der 21-Jährige.
“Ich wollte etwas Sinnvolles machen und hier kann ich jemanden unterstützen, der Hilfe braucht.”
Um halb sieben beginnt Dominiks Arbeitstag im Stall bei den Milchkühen, später sitzt er am Traktor und bearbeitet Grünland und Acker. Genauso erledigt er aber auch die Holzarbeit am Hof und im Wald. Eben „alles was anfällt“, sagt Dominik Niedermayr. Arbeit gibt es genug. Im Stall stehen 45 Milchkühe samt Nachzucht und Stiermast, zum Betrieb gehören 30 Hektar Grünland, 50 Hektar Acker und 20 Hektar Wald. Am Beginn seines Einsatzes war Dominik nur zu 50 Prozent dem Betrieb Resch zugeteilt. Die meisten Betriebe müssen sich einen Zivildiener mit einem zweiten Betrieb teilen, weil die Nachfrage groß ist. Mittlerweile ist er aber zu 80 Prozent den Reschs zugeteilt, weil der zweite Betrieb weniger Mithilfe erfordert.
„Alleine hätten wir es nicht geschafft“
„Mit Dominik haben wir ein riesiges Glück“, sind Brigitte und Josef Resch froh über ihren Zivildiener. „Er kennt sich in der Landwirtschaft aus, ist lernwillig und sieht, wo Arbeit anfällt. Man merkt es einfach, dass er wirklich helfen will“, erzählen die Betriebleiter. „Alleine hätten wir die Arbeit nicht geschafft“, sagt Josef Resch: „Da wäre der Betrieb zum Stehen gekommen.“
Kurz nachdem ihr Sohn ins Krankenhaus musste, hatte Josef Resch nämlich auch noch einen Leistenbruch und seine Frau wurde von einer Kuh verletzt. Beide waren somit ebenso nur bedingt arbeitsfähig. „Am Anfang hilft natürlich der ganze Familienkreis mit“, sagt Josef Resch. Auch die beiden Töchter können zeitweise aushelfen. Langfristig wäre das Arbeitspensum aber zuviel gewesen. „Da gilt der Bauernvertretung ein großer Dank, dass es den Einsatz der Zivildiener gibt“, sagt Josef Resch anerkennend und fügt hinzu: „In einer solch schwierigen Zeit muss man schon stark sein. Wenn man dann einen Zivildiener hat, auf den man sich verlassen kann, fällt ein wenig Druck weg.“
„Die Chemie passt gut zwischen uns“
Neun Monate dauert der Einsatz der Zivildiener – in der Landwirtschaft stehen sie in den arbeitsintensiveren Monaten von März bis November zur Verfügung. Vom Einsatzbetrieb ist neben Unterkunft und Verpflegung der Zivildiener eine Geldleistung von 2,20 Euro je Arbeitsstunde – die Zivildiener sind 45 Wochenstunden beschäftigt – an die LK OÖ zu entrichten. Diese wird etwa für die Einkleidung und Ausrüstung der Zivildiener, deren Verpflegung außerhalb der Dienstzeiten, für Verwaltungs- oder Schulungskosten verwendet.
Dominik Niedermayr sieht in seinem Einsatz auch eine wertvolle Lernzeit: „Man lernt viel Neues kennen, was man zukünftig wieder irgendwo anwenden kann“, sagt er. Und er fühlt sich wohl bei den Reschs. „Wir bemühen uns, ihn wie ein Familienmitglied zu behandeln“, sagt Brigitte Resch und betont, wie wichtig die zwischenmenschliche Beziehung ist. „Die Chemie zwischen uns passt sehr gut“, sind sich alle einig.
Bis November wird Dominik Niedermayr noch am Betrieb helfen. Wie es dann weiter geht, wissen die Reschs noch nicht. Nur eines können sie nach all dem Erlebten sagen: „Man kann nicht alles planen und muss versuchen, das Beste aus der Situation machen.“
Der Zivildienst-Einsatz: Koordination über LK
Junge Männer, die bei der Stellung für tauglich erklärt wurden, können eine Zivildiensterklärung abgeben. Nach dem Bescheid über die Zivildienstpflicht können sich die Männer bei der Landwirtschaftskammer Oberösterreich bewerben. Voraussetzung, um den Zivildienst auf einem landwirtschaftlichen Betrieb machen zu können, ist der Traktorführerschein und Erfahrungen in der Land- und Forstwirschaft. Aufgrund hoher Nachfrage müssen die Zivildiener meist mit einer Wartezeit bis zum Einsatz rechnen
Wird auf einem landwirtschaftlichen Betrieb ein Zivildiener benötigt, muss bei der LK ein Antrag auf Zuteilung gestellt werden. Die Zivildienstkommission in der LK OÖ entscheidet über das Ausmaß und die Dauer der Zuteilung eines Zivildieners.
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