Benzin, Diesel und Erdgas werden teurer, das ist der Haupteffekt der von der Bundesregierung geplanten CO2-Lenkungsabgabe. Wie man bei dieser im Regierungsprogramm enthaltenen Maßnahme den Spagat zwischen “ökologisch” und “sozial verträglich” schaffen kann, das haben der Erfinder der Ökosozialen Marktwirtschaft, Josef Riegler, und Wifo-Umweltökonomin Angela Köppl am 29. Juni im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung des Ökosozialen Forums erläutert. Wie sehr die Frage “Kann ein CO2-Preis das Klima retten?” von allgemeinem Interesse ist, das hat die Anzahl von rund 150 Teilnehmern gezeigt.
Klimaneutralität bis 2040
In den vergangenen Wochen wurden – auch bekräftigt durch die Wetterextreme – erneut Forderungen nach einer Bepreisung von CO2-Emissionen laut. Die österreichische Bundesregierung hat diese ab 2022 als Bestandteil einer „Ökosozialen Steuerreform“ angekündigt, um bis 2040 die Klimaneutralität zu erreichen – doch über das Wie ist man sich nach wie vor nicht einig.
Riegler: „Es braucht Berechenbarkeit und Planbarkeit“
Laut Josef Riegler ist eine allgemeine CO2-Bepreisung „nicht mehr eine Frage des Ob, sondern nur noch des Wie“. Das Ökosoziale Forum wolle ermuntern und einladen, Lösungen zu formulieren und diese auch umzusetzen. Zu den Kosten der Maßnahme merkte Riegler an, dass ein Anfangspreis von beispielsweise 50 Euro je Tonne emittiertem CO2 eine Erhöhung der Treibstoffpreise um etwa 50 (!) Cent je Liter bedeuten würde. Zu den Dimensionen, in welche die CO2-Bepreisung gehen könnte, nannte Riegler einen Zielwert von 120 Euro je Tonne CO2.
Das erfodere Maßnahmen, um „das Vorhaben einigermaßen in Akzeptanz für die Bürgerinnen und Bürger zu gestalten“. Um diese Akzeptanz zu erreichen, brauche es:
• Berechenbarkeit, das heißt beispielsweise konkrete Zeitpläne sowie mehrere Stufen, um bis zum Zielwert zu kommen.
• Eine Einbeziehung aller fossilen Energieträger, insbesondere auch von Flugzeugkraftstoffen.
• Planbarkeit, das heißt es müsse klar sein, welche Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt kommen, damit PKW-Besitzer, Heizungsbetreiber und Unternehmen die Chance haben, sich darauf einzustellen.
• Und schließlich brauche es eine gezielte und zweckgebundene Verwendung der Einnahmen aus dem CO2-Preis, damit man die ökologischen Lenkungseffekte auch tatsächlich erreicht.
Ökobonus für Pendler und Land- und Forstwirte
Gezielt angeregte Innovation und Investitionen würden auch die Akzeptanz verbessern. Vor allem sei zu vermeiden, so Riegler, dass Private wie beispielsweise Pendler sowie bestimmte Wirtschaftsbereiche, wie etwa Land- und Forstwirte nicht überdimensioniert belastet werden. Hier müsse es Kompensationen geben, beispielsweise in Form eines entlastenden Ökobonus.
Köppl: Anfangspreis könnte 50 Euro pro Tonne CO2 sein
Angela Köppl betonte, dass Österreich mit einer Bepreisung klimaschädlicher Emissionen nicht allein sei. In mehr als 60 Ländern gebe es bereits unterschiedliche Ansätze. Als möglichen Anfangspreis nannte die Wirtschaftsforscherin einen Betrag von ca. 50 Euro pro Tonne CO2, mit einem Pfad in Hinblick auf die zeitliche Entwicklung.
Zur Frage, ob statt einer Abgabe ein nationales Emissionshandelssystem vorteilhafter sei, meinte Köppl, dass die Abgabe leichter umsetzbar sei, da diese in ein bestehendes Steuersystem eingebettet werden könne. Wichtig sei, eine Signal- und Lenkungswirkung zu erzielen. Gleichzeitig sei aber zu bedenken, dass ein CO2-Preis alleine das Klima nicht retten könne. Er sollte in eine Ökosoziale Steuerreform eingebettet sein, zudem sei ein breiterer Mix an Instrumenten zu entwickeln, um die Klimaziele zu erreichen.
Eine Aufzeichnung der Veranstaltung kann hier nachgesehen werden. Das Ökosoziale Forum wird die Diskussion zur CO2-Lenkungsabgabe in weiteren Veranstaltungen fortführen.
CO2-Emissionshandel in der EU
Verbindliche Grenzwerte für die Emission von Treibhausgasen wie CO2 gibt es in der EU seit Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls im Jahr 1997. Damit die Grenzwerte von allen Unternehmen eingehalten werden können, wurde 2005 ein Handelssystem für CO2 Emissionsrechte gestartet. Die Emissionsrechte werden auch EUA (European Union Allowance) genannt. Eine EUA berechtigt zum Ausstoß von einer Tonne CO2. Andere Treibhausgase werden zur einfacheren Handhabung ebenfalls in CO2-Äquivalente umgerechnet.
Die Erstzuteilung an Emissionsrechten erfolgte ohne Kostenbelastung. Umweltfreundliche Unternehmen können nicht benötigte CO2 Emissionsrechte verkaufen. Andere Unternehmen, die mehr Carbon EUAs brauchen als sie besitzen, müssen Strafzahlungen leisten oder können Emissionsrechte zukaufen. Die Rechte werden an speziellen Börsen gehandelt, wie z. B. an der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig.
Der Preis für CO2-Emissionsrechte in der EU hielt sich jahrelang unter der Marke von 30 Euro je Tonne. Seit Beginn des laufenden Jahres ist ein starker Anstieg zu verzeichnen. Per 1. Juli belief sich die EUA-Spotnotierung an der EEX in Leipzig auf 57,80 Euro je Tonne CO2.
Einbezogen in das System sind Großanlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme sowie auch Industrieanlagen der Eisen- und Stahlverhüttung, Kokereien, Raffinerien und Cracker, Zement- und Kalkherstellung, Glas-, Keramik- und Ziegelindustrie sowie Papier- und Zelluloseproduktion. Seit 2012 ist auch der innereuropäische Flugverkehr mit einbezogen. Europaweit sind laut Europäischer Umweltagentur mehr als 15.000 Industrieanlagen und 1.500 Airlines vom Handel erfasst. Er deckt rund 50 Prozent aller Emissionen in der EU ab.
In Österreich sind rund 200 stationäre Anlagen vom Emissionshandel erfasst. Die drei Unternehmen mit den meisten CO2-Emissionen in Österreich sind Voestalpine (12,3 Mio. t), OMV (3,0) und Wien Energie (2,5). Der Emissionshandel deckt in Österreich rund 36 Prozent aller nationalen Treibhausgas-Emissionen ab.
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