NÖ: VP/FP-Arbeitsübereinkommen schlägt auch agrarische Pflöcke ein

In St. Pölten haben sich die Volkspartei und die Freiheitliche Partei nach gut einwöchigen Verhandlungen auf ein Arbeitsübereinkommen in der künftigen Landesregierung geeinigt. Dabei wurden auch agrarpolitische Vorhaben und Standpunkte festgezurrt.

Bauernbundobmann Stephan Pernkopf bleibt wie bereits im Februar angekündigt Regierungsmitglied und erster Stellvertreter von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Als Landesrat ist Pernkopf weiterhin zuständig für die Agenden Landwirtschaft, Umwelt, Energie, Wasser, Jagd und Fischerei. Erweitert wird dessen Ressort diesmal um die Bereiche Wissenschaft und Regionalentwicklung wie Dorf- und Stadterneuerung, bisherige Agenden der Landeshauptfrau. Als Agrarlandesrat amtiert Pernkopf seit dem Jahr 2009.

Auch der Bauernbündler Ludwig Schleritzko bleibt Finanzlandesrat in der Regierung, künftig auch zuständig für die Landeskliniken und die Landesgesundheitsagentur. Er bekleidet dieses Amt seit 2018, Mitglied der Landesregierung ist er seit 2017

Agrarpolitisches Programm

Für die Landwirtschaft wurden folgende Vereinbarungen getroffen: die Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen für Bauern (Stichwort Agrardiesel, Energiekosten); ein klares Bekenntnis zum Pflanzenschutz zur Sicherstellung der Lebensmittelversorgungssicherheit; ein klares Nein zum EU-Freihandelsabkommen mit dem Mercosur und Anreize für mehr Tierwohl allen voran bei Tiertransporten.

Im Arbeitsübereinkommen festgeschrieben wurde auch der Vorrang für heimische Lebensmittel in öffentlichen Küchen, der Ausbau der Herkunftskennzeichnung, konsequente Managementmaßnahmen für Wolf und Biber, der Ausbau der landwirtschaftlichen Bewässerung und keine generelle Öffnung von Forststraßen für Mountainbiker und Freizeitnutzer. Ein weiteres Anliegen ist Schwarz und Blau die Stärkung der Entwicklungsmöglichkeiten im ländlichen Raum sowie der Schutz der Agrarräume in der Raumordnung

Ausbau von Ökostrom und E10

Im Energiebereich soll der Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter vorangetrieben werden: Dabei gelte das Motto „Dächer vor Äcker“ als Grundsatz beim Photovoltaikausbau; der massive Ausbau der Netzinfrastruktur soll eine sichere und dezentrale Energieversorgung in den Regionen gewährleisten. Ziel in der nächsten blau-gelben Legislaturperiode ist weiters die Einführung von E10, also die erhöhte Beimischung von Biosprit in Treibstoffe sowie eine Offensive für Biogas und Biomasse.

Eine klare Absage erteilen die beiden Parteien in der Proporzregierung mit der SPÖ immer wieder diskutierten Vermögens- und Erbschaftssteuern. Betreffend die Corona-Politik der vergangenen Jahre, die auch unter Landwirten auf Kritik gestoßen war, heißt es im Arbeitsübereinkommen: „Verantwortungsvolle Politik bedeutet, kritisch zurückzublicken, Fehler einzugestehen und aus ihnen zu lernen.“ Zur Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen wird die künftige Landesregierung, die am 23. März in der konstituierenden Sitzung des Landtages angelobt werden soll, einen Fonds einrichten.

Arbeitsvereinbarung trotz Proporz

Was aber bedeutet das Arbeitsübereinkommen dieser beiden Parteien konkret? Niederösterreichs Landesregierung wird seit 1945 nach dem Proporzsystem gebildet. Das bedeutet, dass allen im Landtag vertretenen Parteien ein Regierungssitz zusteht, wenn sie bei den Landtagswahlen eine bestimmte Stärke erreicht haben. Die neue Proporzregierung
(9 Mitglieder) ergibt entsprechend dem Wahlergebnis vom 29. Jänner vier Regierungssitze für die ÖVP, drei für die FPÖ und zwei für die SPÖ.

In der Praxis schließen mit dem Arbeitsübereinkommen zwei Parteien, die sich auf eine Mehrheit im Landtag stützen können, ein Arbeitsübereinkommen, bestimmen damit die Verteilung der Ressorts und die Politikgestaltung. Als Gegensatz zu diesem Übereinkommen stünde das „Spiel der freien Kräfte“.

Bis 1999 hatten alle Bundesländer mit Ausnahme von Vorarlberg eine solche Regelung, seither nur mehr in Wien, Nieder- und Oberösterreich. Auch in Oberösterreichs Proporzregierung gibt es seit 2015 ein Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ.

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  • NÖ Landtag: NLK
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AUTORBernhard Weber
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