Kommentar von Martin Kugler,
Martin Kugler, Wissenschaftskommunikator am Austrian institute of Technology
Wie gewonnen, so zerronnen. So könnte man das Bild beschreiben, das die Landwirtschaft derzeit in der Öffentlichkeit abgibt.
Während der Corona-Krise bemerkten viele Menschen, wie wichtig eine funktionierende Landwirtschaft ist. Das ganze Land fühlte mit Bäuerinnen und Bauern mit, die verzweifelt versuchten, genügend Erntehelferinnen und Erntehelfer ins Land zu bringen.
Und dann das: Berichte über schlimme Arbeits- und Lebensbedingungen des Personals auf einem Gemüsebaubetrieb ließen die Wogen hochgehen – völlig zurecht, denn solche Bilder würde man aus Entwicklungsländern erwarten, aber nicht im zehntreichsten Staat der Welt.
Was geschieht hier vor unseren Augen? Einerseits spielt, wie es scheint, individuelles Fehlverhalten eine Rolle (und wohl auch mangelnde Kontrolle). Andererseits herrschen unhaltbare Rahmenbedingungen: Lebensmittel sind nach wie vor zu wenig wert, der wirtschaftliche Druck ist enorm, an allen Ecken und Enden müssen Kosten reduziert werden.
Dennoch muss klar gesagt werden: Das darf nicht passieren! Ein System, das solche Auswüchse zulässt, muss sich die Frage gefallen lassen, wofür es mit Milliarden an Steuergeldern unterstützt wird. Wenn man die Förderungen auf das Argument der Nachhaltigkeit gründet, muss man dieses auch ernst nehmen. Nachhaltigkeit hat nämlich drei Dimensionen: eine wirtschaftliche, eine ökologische UND eine soziale.
Wer nun mit dem Ausdruck des Bedauerns zur Tagesordnung übergeht, tut der heimischen Landwirtschaft keinen guten Dienst.