Mit Mut zum Nischenprodukt

Mit Erfolg auf eine Nische gesetzt hat Matthias Kollnig in der Gemeinde Nussdorf-Debant in Osttirol: Gemeinsam mit seiner Freundin Theresa bewirtschaftet er den Kollnighof am Nussdorferberg auf 977 Metern Seehöhe als Milchschafbetrieb im Vollerwerb und vermarktet Joghurt und Käse in der Region.

Sie haben mit den Milchschafen ihre Nische gefunden: Matthias Kollnig und Freundin Theresa. Foto: profer und partner

Matthias Kollnig hat eigentlich den Tischlerberuf erlernt. Doch nachdem sein Vater vor fünf Jahren bei einem Arbeitsunfall tragisch ums Leben kam, musste sich die Familie neu orientieren. Während Matthias’ Bruder Lukas den elterlichen Hof in der Nähe übernahm, suchte sich Matthias ein neues Standbein auf dem Hof, auf dem früher das Jungvieh für den elterlichen Milchkuhbetrieb heranwuchs. „Ich hab’ mich auch schon immer für die Landwirtschaft interessiert. So habe ich eine Möglichkeit gesucht, auch einen kleinen Betrieb im Vollerwerb zu führen“, erzählt Matthias.
Nach reiflicher Überlegung entschied er sich, den Stall umzubauen und mit der Milchschafhaltung zu beginnen. Dass es dann die hierzulande eher seltene Rasse Lacaune wurde, hatte mit einem Zufall zu tun: Ende 2015 übernahm ein befreundeter Bauer aus Nussdorf 200 Schafe dieser Rasse aus Nordtirol, Matthias half bei der Übersiedlung. Das brachte ihn auf den Gedanken, die Lämmer aufzuziehen – gesagt, getan: Im Februar zogen 95 Lacaune-Lämmer in den Stall. Dieser wurde für die Schafe adaptiert und ein Melkstand dazugebaut. „Lacaune-Schafe geben zwar etwas weniger Milch als andere Milchschafe, dafür sind sie aber äußerst robust“, erklärt Matthias.

Gut 80 Lacaune-Schafe werden derzeit am Kollnighof gehalten.
Foto: bluepuma/sebastian lackner

Lämmer mit der Flasche aufgezogen
Nach nervenaufreibenden Wochen, die Schafe an den Melkstand zu gewöhnen, lammten ca. 80 Schafe im Februar und März des Vorjahres ab, und eine Schar von Lämmern besiedelte den Stall. In den ersten Tagen zogen Matthias und seine Freundin Theresa – sie studiert daneben Archäologie – die Lämmer mit der Flasche auf. Dann stellte sich allerdings ein Tränkautomat als wertvoll heraus.
Da im ersten Jahr mit Suffolkwiddern gekreuzt wurde, verließen sämtliche Lämmer in einem Alter von acht bis zehn Wochen den Betrieb. Dann entschieden sich Matthias und Theresa, die Fleischrassen-Widder gegen Lacaune-Widder zu tauschen, um so die Nachzucht zu sichern. Die Heuwerbung findet in Zusammenarbeit mit Matthias’ Bruder Lukas statt. Auf Silage wird gänzlich verzichtet, da es ihnen wichtig ist, Heumilch zu produzieren.

Matthias am Zwölfer-Melkstand: Die Lacaune-Schafe geben rund eineinhalb Liter pro Tag.
Foto: bluepuma/sebastian lackner

Im Zwölfer-Melkstand werden die Schafe, die etwa 1,5 Liter Milch pro Tag geben, von Matthias und seiner Freundin gemolken. Die Milch wurde im ersten Jahr an die ErlebnisSennerei Zillertal geliefert. Dazu musste der Milchtank zwei Mal pro Woche um 6 Uhr früh zum Felbertauerntunnel gebracht werden. Dass war allerdings sehr aufwendig, und so entstand der Wunsch, die Milch am Hof zu veredeln und in der Region zu verkaufen. Im leer stehenden Keller des Wohnhauses wurde ein rund 40 Quadratmeter großer Raum zu einem Milchverarbeitungsraum umgebaut.

Gesamte Milch verarbeiten und vermarkten
Heuer möchten die jungen Betriebsführer bereits die gesamte Milch am Hof verarbeiten und vermarkten. Dazu wird die Milch zu Natur- und Fruchtjoghurt sowie Käseprodukten verarbeitet. Das Können haben sich die beiden selber angeeignet. Vor allem Theresa ist in der Milchverarbeitung inzwischen topfit – obwohl sie selbst nicht aus der Landwirtschaft kommt. Das Hauptaugenmerk liegt auf Joghurt, das als Naturjoghurt sowie als Fruchtjoghurt in den Sorten Erdbeere, Himbeere und Zwetschke verarbeitet wird. „Die Fruchtzubereitung machen wir selber aus österreichischen Früchten“, bemerkt Matthias stolz. Das Ergebnis ist ein stichfestes Joghurt, natürlich ohne Konservierungs- und Farbstoffe, das händisch in Gläser abgefüllt wird.

Handarbeit: Theresa beim Abfüllen
Foto: bluepuma/sebastian lackner
Matthias verteilt die eigene Fruchtzubereitung.
Foto: bluepuma/sebastian lackner
Die Joghurtgläser sind fertig zum Verkauf.
Foto: bluepuma/sebastian lackner

Dass die noch jungen Produkte hohe Qualität haben, zeigen eine Goldmedaille für das Naturjoghurt und eine Silbermedaille für das Himbeerjoghurt bei der 1. Salzburger Milchprodukteprämierung. Bei der Wieselburger Messe erzielte man für das Naturjoghurt das „Kasermandl“ in Silber bzw. für das Erdbeerjoghurt in Bronze. Im Gange ist nun auch die Schnittkäseproduktion, und nach der Reifezeit kann eine weitere Spezialität vom Kollnighof genossen werden.
Vermarket werden die Produkte in einigen Top-Gastronomiebetrieben, im lokalen Lebensmittelhandel, im Talmarkt Matrei, seit Kurzem auch am Stadtmarkt Lienz und direkt ab Hof.

Wichtig: die sorgfältige Käsepflege
Foto: bluepuma/sebastian lackner

Zahlen & Fakten zum Kollnighof

Betrieb:
Matthias Kollnig (23), gelernter Tischler, Jungbauer,
Theresa Unterluggauer (24), Studentin,
4,2 Hektar mehrmähdiges Grünland im Berggebiet,
81 Milchschafe und zwei Widder Lacaune
Kontakt:
Obernussdorf 37, 9990 Nussdorf-Debant
info@kollnighof.com, www.kollnighof.com
Produkte:
Schafheumilch (pur), Schafmilchnatur- und Frucht-joghurt, Camembert, Weichkäse, Topfen, Schnittkäse

Andreas Humer

Anmerkung: Grundlage der Reportage war eine Praktikumsarbeit von Clemens Wendlinger, Student an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in Wien. Herzlichen Dank für die perfekte Aufbereitung!

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