Mit Bioethanol raus aus der Fossilabhängigkeit

Erdgas und Erdöl und werden zunehmend knapp und teurer. Bioethanol und seine Kuppelprodukte aus der Agrana-Bioraffinerie in Pischelsdorf sind eine großteils noch ungenutzte Fossil-Alternative.

In Pischelsdorf wird Bioethanol aus landwirtschaftlichen Überschüssen und unter Einhaltung strenger Nachhaltigkeitskriterien erzeugt.

Zehn Jahre seit Einführung von E10 in Österreich“ – dieses runde Jubiläum hätten wir am 1. Oktober 2022 begehen können. Doch es ist anders gekommen, denn Österreich hat zwei Wochen vor der geplanten E10-Einführung eine Vollbremsung hingelegt. Die Beimischung von nur fünf Prozent Bioethanol im Ottokraftstoff blieb hierzulande Standard.

Zweite Chance nützen für mehr Energie-Versorgungssicherheit

Bioethanol, das aus nachwachsendem Rohstoff im Agrana-Werk in Pischelsdorf (NÖ) produziert wird, macht uns von Erdöl ein Stück unabhängig und verbrennt weitestgehend CO2-neutral. Für das klimafreundliche Substitut wird kein Brotgetreide verbraucht und es werden keine Mehrmengen an Weizen oder Mais benötigt.
Die Bioraffinerie, die im Jahr 2006 in Betrieb gegangen ist, erzeugt jährlich etwa 260.000 Kubikmeter Bioethanol. Derzeit werden davon rund 60 Prozent exportiert. Rein von der Produktion her wäre eine Umstellung auf E10 in Österreich rasch möglich. Damit könnte man hierzulande jährlich rund 200.000 Tonnen an Treibhausgasäquivalenten einsparen. Bei einer CO2-Bepreisung von 70 Euro pro Tonne könnten sich die Österreicher künftig rund 14 Millionen Euro pro Jahr ersparen.
Agrana-Technik-Vorstand (CTO) Norbert Harringer berichtete vergangene Woche in Pischelsdorf vor Journalisten, dass als Rohstoff für die Bioethanolproduktion ausschließlich strukturelle Überschussmengen an Getreide niedrigerer Qualität aus dem Donauraum verwendet werden. Zusätzlich zum Bio-Ethanol fällt als Kuppelprodukt ein hochwertiges, gentechnikfreies Eiweißfuttermittel an. Damit können Importe von GVO-Soja aus Südamerika ersetzt werden, was wiederum viele Treibhausgasemissionen einspart. Außerdem wird in der Bioraffinerie nichtfossiles CO2 für die Industrie erzeugt.

Quelle: BZ / A.Riegler
Werksleiter Josef Schuberth erklärt die technischen Abläufe in der Bioraffenerie.

Nachhaltiger Luftfahrttreibstoff als Chance für Agrana

Voraussichtlich ab dem Jahr 2035 könnte in der EU ein Verbot der Neuzulassung von PKWs mit Verbrennungsmotor in Kraft treten. Bei Agrana stellt man deshalb schon strategische Überlegungen an über neue und innovative Produkte im Segment der erneuerbaren Energie. Harringer: „Im Verkehrssektor ist besonders der Bereich Flugverkehr sehr schwer zu dekarbonisieren.“ Für Flüge über kurze oder mittellange Strecken können in Zukunft Brennstoffzellen und Batterien an Bedeutung gewinnen. Für Langstreckenflüge sieht Harringer einem „Nachhaltigen Luftfahrttreibstoff“ (Sustainable Aviation Fuel, SAF) die vielversprechendste Möglichkeit der Dekarbonisierung.
Herstellen ließe sich das alternative Kerosin durch die direkte Umwandlung von Bioethanol und großen Mengen an Wasserstoff. Eine andere Methode wäre die Transformation von biogenem CO2, das in Fermentationsvorgängen anfällt, ebenfalls mit Hilfe von Wasserstoff. Die notwendige Menge an Wasserstoff könnte in der Nähe von Pischelsdorf erzeugt werden, die elektrische Energie dafür kann das Donau-Laufkraftwerk Altenwörth bereitstellen. Das technische Know-how und die Produktionsanlagen sind verfügbar. Sollte dieser Weg beschritten werden, dann könnte die Bioraffinerie Pischelsdorf zu einer maßgeblichen Reduktion klimaschädlicher Abgase beitragen.

Agrana-Bioraffinerie ist für den Energienotfall gewappnet

Nahezu 90 Prozent der benötigten Wärmeenergie werden von der nahegelegenen Abfallverbrennungsanlage Dürnrohr entlang zweier „Dampf-Pipelines“ in die Produktionsanlage Pischelsdorf angeliefert. Für einzelne Produktionseinheiten wird jedoch Gas benötigt. Um dem Risiko von Gaslieferungsschwierigkeiten entgegenzuwirken, ist Agrana in den kommenden Monaten dabei, die Gasbrenner im Notfall auf Bioethanol umzurüsten.
Bezüglich der Energiekosten hat auch die Bioraffinerie mit einer Verdrei- bis Vervierfachung des Preises zu kämpfen. Was die Rohstoffpreise an den Börsen betrifft, so haben sich diese von dem realen Angebot völlig entkoppelt, so Harringer. Bisher ist es noch gelungen, die Preise am Markt unterzubringen. Im technischen Anwendungsbereich habe vor rund zwei Monaten die Papierindustrie die Bestellungen für Weizenstärke reduziert, erklärte Norbert Harringer, was er als ein Vorzeichen einer abflauenden Konjunktur interpretiert.

Operatives Zwischenergebnis ist gut, trotz Abschreibungen

Der Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern Agrana veröffentlichte vergangene Woche das Betriebsergebnis für das zweite Quartal im aktuellen Geschäftsjahr. Der weiter andauernde Krieg in der Ukraine und die Verwerfungen an den Energie- und Rohstoffmärkten sowie die hohe Kapitalkosten hatten zu einer außerplanmäßigen Wertminderung in der Höhe von 91,3 Millionen Euro geführt. Die neuesten Abschreibungen stammen aus dem Frucht-Segment des Konzerns.
Trotz hoher Preise hat das Unternehmen erfolgreich gewirtschaftet. So fiel das operative Ergebnis im ersten Halbjahr sogar besser als erwartet aus. Mit erfreulichen 86,5 Millionen Euro verdoppelte sich das operative Betriebsergebnis im Vergleich zum Vorjahreswert mit 41 Millionen Euro. Ein Treiber für die starke operative Performance war das verbesserte Ethanolgeschäft. Zudem konnte das Segment Zucker wieder aus der Verlustzone geführt werden.
Die Konzernumsatzerlöse stiegen im Berechnungszeitraum um knapp 26 Prozent auf rund 1,8 Milliarden Euro. Die Ergebnisse im Detail wird die Agrana Beteiligungs-AG am 13. Oktober 2022 präsentieren.

Autor: Artur Riegler

- Bildquellen -

  • 2239 W02 Agrana Schuberth: BZ / A.Riegler
  • 2239 W01 Wirtschaft Agrana02: BZ/A.Riegler
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AUTORH.M.
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