Neue unabhängige Versuche zeigen, dass durch ausgeklügelte Fahrspurplanung und RTK-gestützte Steuerung der Kraftstoffverbrauch und die zurückgelegte Fahrtstrecke reduziert werden. Ein weiterer erkennbarer Vorteil in der Praxis: Steigerung von Komfort und Arbeitsqualität.
In der Landwirtschaft nehmen Lenksysteme einen immer höheren Stellenwert ein. Die bessere Ausnützung der Arbeitsbreite hat auf kleinen Flächen in Österreich im Vergleich zu sehr großen Flächenstrukturen weniger Auswirkung. Ein höherer Arbeitskomfort beim Parallelfahren reicht damit nicht immer aus, um eine Anschaffung zu argumentieren. Es braucht somit mehr als nur die Nutzung einer AB-Linie, um auch einen wirtschaftlichen Mehrwert zu generieren. Ziel des „Use Cases “ der Innovation Farm war daher, die Auswirkungen auf Arbeitskomfort, Ressourceneinsatz sowie Wirtschaftlichkeit durch eine umfangreichere Nutzung des Lenksystems aufzuzeigen.
Aufnahme der Schläge und Spurplanung
Die Basis für einen effizienten Einsatz von Lenksystemen bilden Feldgrenzen. Die Grenzen müssen mit dem Traktor oder einem RTK-Messstab aufgenommen werden. Generell empfiehlt es sich, die Schläge am Terminal geordnet abzulegen und durchgängig zu benennen, was die Arbeit mit einem Spurführungssystem deutlich vereinfacht. Werden die Fahrspuren im Vorfeld geplant, ergeben sich weitere Vorteile. Sind auch die Anbaugeräte am Traktorterminal abgespeichert, kann die Breite und die Anzahl der Vorgewendespuren automatisch erstellt werden. Das Lenksystem kann dann auch am Vorgewende noch besser eingesetzt werden. Auch die exakten Ein- und Ausschaltzeitpunkte sind dadurch leichter zu definieren.
„mySteyr“: Hilfreiches Tool
Bei den Versuchen auf Pilotbetrieben war das frühzeitige Aufnehmen von Feldgrenzen und Fahrspuren mit dem Traktor nicht immer möglich. Hier bietet seitens CNH Industrial das
„mySteyr“-Portal mit „S-Fleet“ eine Möglichkeit. Dabei handel es sich um eine Web-Anwendung mit Farm Management Charakter, in der neben der Flächen- und Fahrspurverwaltung auch Maschinendaten des Traktors ersichtlich sind. Im vorliegenden Fall war etwa eine Karte mit Treibstoffverbrauch sehr aufschlussreich. Weiters dient „mySteyr“ als Schnittstelle für den Import und Export für schlagbezogene Daten. Auch Applikationskarten können im „S-Fleet“ erstellt werden, was jedoch nicht Gegenstand dieser Untersuchungen war. Bei der Umsetzung am Partnerbetrieb kam es bei den Feldgrenzen zu Abweichungen, welche für den Vorversuch beim Stoppelsturz nicht relevant waren. Für Exaktversuche oder die Aussaat wären diese Abweichungen jedoch zu groß gewesen. Grund dafür sind die hinterlegten Orthofotos, welche nicht zu 100 % georeferenziert sind. Orientiert man sich beim Zeichnen der Feldgrenzen nach der Umgebung, kann es zu Abweichungen kommen.
Die Varianten im Test
Um das Potenzial von Lenksystemen und der Fahrspurplanung bei kleinen Flächenstrukturen zu bewerten, wurde ein Stoppelsturz durchgeführt. Dafür wurden auf einem abgeernteten Getreideschlag trapezförmige Flächen mit einer Größe von 0,6 ha angelegt. Die dreifache Wiederholung der zwei Versuchsvarianten sowie die Kontrolle der Abmessungen war für eine Absicherung der Ergebnisse notwendig.
Bei der Versuchsserie wurden zwei Varianten verglichen:
„Basic“: eine durchschnittliche Anwendungstiefe der Lenksystemnutzer, wo zu Beginn eine AB-Linie angelegt, die interne Hauptfläche bearbeitet und zum Schluss die beiden Vorgewendeseiten von außen nach innen vervollständigt wurden.
„High End“: Hier wurden die Feldgrenzen der Parzellen mit einem Hand-RTK-Messstab aufgenommen, die Auftragsplanung erfolgte im mySteyr-
Portal und die Übertragung erfolgte mittels USB Stick. Aufgrund der vorgeplanten Fahrspuren für die interne Fläche und das Vorgewende, entfiel die Aufnahme der AB-Linie und es konnte sofort mit der internen Fläche begonnen werden. Das Vorgewende wurde dank vordefinierter Fahrspuren mit aktivem Lenksystem bearbeitet. Es wurde auf allen vier Seiten der Parzelle die Vorgewendebreite freigelassen, somit war ein kreisförmiges Schließen der Vorgewendefläche von innen nach außen möglich. Die interne Fläche wurde bei beiden Varianten mit aktivem Lenksystem mit RTK-Genauigkeit und gängiger Fahrstrategie bearbeitet.
Die Ergebnisse im Detail
Die Auswertung der Messdaten für den Zeitbedarf der Bearbeitung ergab bei der „High-End“-Variante keinen signifikanten Vorteil. Bei der Analyse der aufgezeichneten Maschinendaten aus dem Traktorterminal kam es jedoch zu einer Überraschung. Der Dieselverbrauch war auf den 0,6 ha großen Parzellen der „High End“-Variante um 1,23 Liter geringer als bei jenen der Basic Variante. Dies entspricht einer Reduktion des Kraftstoffverbrauchs von 15 %. Möglicher Grund für die Einsparung ist die Reduktion der bearbeiteten Fläche. 0,68 ha bzw. 113 % (13% Überlappung der 0,6ha Parzelle) wurden bei Basic und 0,66 ha bzw. 109 % (9% Überlappung) bei “High End” bearbeitet. Dieser Unterschied resultiert aus der Überlappung am Vorgewende. Der optimale Zeitpunkt für das Ausheben oder Absenken des Grubbers am Vorgewende ist bei der „High End“-Variante am Terminal ersichtlich und die Distanz zum Feldrand muss für die optimale Vorgewendebreite nicht geschätzt werden. Um unbearbeitete Fläche zu vermeiden, geht der Praktiker oft auf Nummer sicher und bearbeitet lieber einige Meter doppelt.
Der Innovation Farm-Testfahrer konnte auf viel Erfahrung mit dem Traktor-Grubber-Gespann zurückgreifen. Allerdings sank auch bei ihm bei vorgeplanten Spuren nicht nur die gefahrene Wegstrecke mit abgesenktem Grubber, sondern auch der Leerweg am Vorgewende. Generell war mit steigender Wiederholungszahl bei „High End“ ein Abwärtstrend der überfahrenen Fläche zu erkennen. Gerade am Vorgewende, an dem Bodenverdichtung ein großes Problem darstellen kann, stellt dies einen positiven Nebeneffekt dar.
Test-Fazit: Spurplanung lohnt sich
Ist die „High End“-Fahrstrategie perfektioniert und wird diese auf unförmigen Flächen angewendet, kann sich ein noch höheres Potenzial ergeben. Die Einschätzung der Distanz zum Feldrand wird speziell für ungeübte Fahrer und bei einem breit angelegten Vorgewende zunehmend schwieriger. Hier kann die angezeigte Fahrspur des Vorgewendes am Terminal helfen. Beim Piloteinsatz war der erste Arbeitsschritt die Bearbeitung der innersten Vorgewendespur. Damit konnte auch ohne Blick zum Terminal der optimale Zeitpunkt für Heben und Senken gewählt werden. Bei modernen Traktoren können Arbeitsgeräte auch positionsbezogen automatisch abgesenkt werden.
Die Fahrspurplanung und -verwaltung ist bei einmaliger Betrachtung natürlich mehr Aufwand, als eine AB-Linie anzulegen. Allerdings kann diese Tätigkeit außerhalb stressiger Erntetage erledigt werden und ist der Grundstein für weitere Vorteile, die sich möglicherweise erst später einstellen. Sind nämlich alle Schläge, Feldgrenzen, Hindernisse und Fahrspuren vorgeplant und am Terminal gespeichert, können sie auf mehreren Traktoren genutzt werden. Auch das Anlegen von Arbeitsgeräten führt gleich zu einem zusätzlichen Mehrwert, da sich das Vorgewende und die Fahrspuren automatisch an die eingestellte Arbeitsbreite anpassen. So können auch Aushilfsfahrer rasch das Optimum aus der Maschine und speziell aus dem Lenksystem herausholen und das bei gleichzeitiger Schonung von Material und Ressourcen. Damit ist „S-Fleet“ im „mySteyr“-Portal eine Lösung, um kostenlos die Fahrspurplanung am eigenen Betrieb zu optimieren. Lässt man zusätzlich eigene Erfahrung in die Fahrspurplanung einfließen, kann man noch mehr Diesel und Betriebsmittel einsparen, Bodenverdichtung reduzieren und den Arbeitsalltag erleichtern. Die Anschaffung eines Lenksystems rentiert sich somit rascher.
Test-Projekte der Innovation Farm wie dieses werden von Bund, Ländern und der EU unterstützt. Mehr dazu unter innovationfarm.at
- Bildquellen -
- Bildschirmfoto 2023 08 25 Um 11.59.11: IF Wieselburg
- Traktor mit Ausruestung: IF Wieselburg