Kommentar von Prof. Hubert Wachter,
Publizist.
Eigentlich ist die Sache zum Genieren. Nein, damit ist nicht die hochpolitische Causa Kurz/Schmid gemeint, und nein, auch nicht die Bekämpfung multipler Krisen durch die Regierenden – jene des Krieges in mittelbarer Nachbarschaft bis hin zu Energieängsten der Bevölkerung vor einem kalten Winter plus ihrer Finanz- und Existenzsorgen.
Nein, zum Genieren ist es für eine angeblich höchst entwickelte Demokratie wie Österreich, dass die Regierung ihre weltweit älteste Tageszeitung, die amtliche „Wiener Zeitung”, einstellen beziehungsweise ihrem schleichenden Untergang preisgeben will.
Die „Wiener Zeitung”, einst das „Wienerische Diarium”, Gründungsdatum 1703, hat seit 320 Jahren alle politischen Stürme überstanden. Nun soll sie zum Wiener „Digitalium” werden, sprich: Weil sie die staatlichen Pflichtinserate, ebenda abgedruckt, wegen einer EU-Richtlinie verliert, ist ihr bisheriges Jahres-budget von 20 Millionen Euro perdu. Ausweg: Die Wiener Zeitung gibt es künftig nur mehr online und das auch nur höchstens einmal im Monat.
So riskiert man den Untergang eines Weltkulturerbes, abgesehen davon, dass die Redaktion der Wiener Zeitung seit jeher für Qualitätsjournalismus bekannt war und ist.
Ja, der Philosoph Konrad Paul Liessmann hat recht: Die größten Feinde der Kultur waren, laut Nietzsche, nie die Barbaren, sondern die Krämerseelen.
Liessmann ist empört. Zu Recht.
So wie die Medienbranche Österreichs mehrheitlich auch. Die ist jetzt öffentlich angetreten, diesen regierungspolitischen Unfug in letzter Sekunde vielleicht noch zu stoppen. Hoffentlich.