Noch immer stehen weite Teile der Nutzfläche unter Wasser. Allein die Landwirtschaft verzeichnet Schäden in Milliardenhöhe.

Binnen eines Tages fiel in der Adria-Region vergangene Woche so viel Regen wie sonst in einem halben Jahr. Massive Erdrutsche, mehr als 36.000 Evakuierungen und mindestens 14 Todesopfer lautet die traurige Bilanz. Wie der italienische Bauernverband Coldiretti mitteilte, zählen auch rund 5.000 Betriebe zu den Leidtragenden. Den in der Region bedeutenden Obstbau traf es besonders hart. Die Obsternte um Ravenna könnte nach den Unwettern für die nächsten vier bis fünf Jahre stark beeinträchtigt werden, befürchtet man bei Coldiretti. Der Grund: Das in den Obstplantagen zurückgebliebene Wasser habe die Wurzeln der Pflanzen „erstickt“, weshalb diese nun verfaulen. Ganze Plantagen müssten wohl gerodet und neu ausgepflanzt werden: „Mindestens zehn Millionen Bäume“, schätzt auch der Landwirtschaftsverband Confagricoltura in einer ersten Kalkulation. Sowohl Plantagen mit Marillen, Nektarinen und Pflaumen als auch Äpfeln und Birnen seien betroffen. Die Kosten für die Neuanpflanzung eines Hektars schlagen sich laut Confagricoltura mit bis zu 50.000 Euro zu Buche.

Tausende Tiere verendet

Nicht minder betroffen ist der Ackerbau. Dicke Schlammschichten blieben nach den Fluten auf Mais-, Sonnenblumen-, Soja- und Getreidefeldern zurück. Die Bauernverbände sehen die Ernte von zumindest 400.000 Tonnen Weizen als gefährdet an. Auch viele Tierhalter stehen vor dem Nichts. Am Sonntag war die Evakuierung von rund 250.000 Rindern, Schafen und Schweinen noch ausständig, Tausende Nutztiere waren den Überschwemmungen und Muren bereits zum Opfer gefallen. Laut Coldiretti gibt es auch etwa 400 Geflügelfarmen im betroffenen Gebiet. Viele Höfe seien derzeit noch unerreichbar, bräuchten aber dringend Futter und sauberes Tränkewasser. Die Regionalregierung in Bologna geht von Schäden in Milliardenhöhe aus. Confagricoltura- Präsident Carlo Carli schätzt allein die Schäden der Landwirtschaft auf 1,5 Milliarden Euro.

Rasche Hilfe von Nöten

Italiens Agrarminister Francesco Lollobrigida versicherte bereits, dass die Regierung den Bauern rasch helfen werde. Er versprach ein Regierungsdekret und die Bereitstellung angemessener Mittel zur Bewältigung der Schäden. Den Agrarverbänden geht das indes nicht schnell genug.

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Wenn das Wasser zurückweicht bleiben verschlämmte Ackerflächen.

Carlo Carli sagte, es gehe darum, „all jenen, die verzweifelt versuchen, die Schäden in den Lagern und Verarbeitungsbetrieben, Ställen, Gewächshäusern und Baumschulen zu begrenzen, schnellstmöglich zu helfen“. Man benötigt „jede Art von Hilfe“, von Lebensmitteln, dort, wo sie knapp sind, in Dörfern, die nicht erreichbar sind, aber auch Futtermittel, Bagger und Hochdruckreiniger. Die italienische Regierung in Rom rund um Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will daher einen Zugang zum EU-Solidaritätsfonds erwirken. Die entsprechenden Beschlüsse im Ministerrat waren bei Redaktionsschluss der BauernZeitung allerdings noch ausständig. In Bologna wird derweil bereits der Ruf nach einem Sondergesetz laut, um speziell den Landwirten rascher unter die Arme greifen zu können.

- Bildquellen -

  • Verschlämmte Flächen: FOTO: BIB-BILDER - STOCK.ADOBE.COM
  • Überflutung Emilia-Romagna: ANDREAS SOLARO/AFP/PICTUREDESK.COM
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AUTORClemens Wieltsch
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