Löblich, aber zu spät

Kommentar von Clemens Wieltsch,
Redakteur

Die für den Vorschlag zur Nutzung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) zuständige EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides ließ vergangene Woche Landwirte die Ohren spitzen. Eine Landwirtschaft, die auf chemischem Pflanzenschutz basiert, stellt „wahrscheinlich eine Bedrohung für die Ernährungssicherheit“ dar, teilte die Zypriotin auf Anfrage polnischer EVP-Abgeordneter mit. Diese hatten sich bei ihr erkundigt, ob die Auswirkungen der Pflanzenschutzreduktion auf eben diese Ernährungssicherheit geprüft worden seien. Kyriakides begründet ihre Aussage mit einer hauseigenen Folgenabschätzung, eine weitere Studie sei in Arbeit. In Übersee dagegen liegen bereits Zahlen dazu seit Langem auf dem Tisch. Schon vor zwei Jahren hatte das US-Agrarministerium versucht, die Auswirkungen des Green Deals zu beziffern, PS-Reduktion inklusive. Ernüchternde Prognose: Ein Rückgang der Agrarproduktion in Europa um 12 Prozent, weniger Angebot und steigende Preise. Fataler jedoch: Auch weniger globaler Handel sei zu erwarten, mit Konsequenzen für die Ärmsten der Welt. Man geht von weiteren 22 Millionen Hungernden aus. Zwar befasst sich die von Kyriakides erwähnte Studie löblicherweise mit der Verfügbarkeit von agrochemischen Alternativen. Für den Umweltausschuss des Parlaments kommt sie aber zu spät. Dort ist die Frist für Änderungsanträge zur SUR-Stellungnahme bereits abgelaufen.

Fazit: Die EU-Exekutive täte gut daran, künftig bei Entscheidungen vorab deren Auswirkungen prüfen zu lassen und eigene Überzeugungen hintanzustellen. Auch das liegt neben der notwendigen Ökologisierung in der Verantwortung der satten EU.

wieltsch@bauernzeitung.at

- Werbung -
Vorheriger ArtikelGemeinsames Auftreten für mehr Klimaschutz
Nächster ArtikelGroßer Erfolg bei grenzüberschreitender Weinkost