In den vergangenen Jahren sind Landwirte immer wieder als Klimasünder kritisiert worden. Dabei wird vielfach übersehen, dass die Landwirtschaft massiv unter dem Klimawandel leidet und auch wesentlich an dessen Abfederung mitwirkt. Zukünftig könnte sie das in noch größerem Umfang.

„Wenn es gelingt, Humus in Böden nachhaltig anzureichern, kann man CO2 aus der Luft langfristig speichern. So kann die Bodenfruchtbarkeit verbessert und gleichzeitig die Klimastabilisierung begünstigt werden“, betont Sophie Zechmeister-Boltenstern vom Institut für Bodenforschung an der Universität für Bodenkultur Wien.

Durch die 4-Promille-Initiative im Zuge der UN-Klimakonferenz in Paris ist die Umsetzungsmöglichkeit von Klimaschutz durch Humusaufbau erstmals in den Fokus gerückt. „Wenn wir den Kohlenstoffgehalt in unseren Böden um 4 Promille jährlich erhöhen könnten, wäre es möglich, den jährlichen von Menschen verursachten CO2-Ausstoß einzufangen“ so Zechmeister-Boltenstern.

80 Millionen Euro für den Boden

Die EU fördert jetzt die Bodenforschung und die dazu notwendige gemeinsame Infrastruktur im Joint-Programm EJP SOIL mit 80 Millionen Euro. Für Österreich arbeiten fünf gut vernetzte Bodeninstitutionen (BOKU, AGES, Umweltbundesamt, BFW, BAW) als Partner mit. Zechmeister-Boltenstern sitzt auf EU-Ebene in der Steuerungsgruppe: „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren viel Vorarbeit geleistet und diskutiert, wer sich wo engagiert, welche Themen zur Ausschreibung kommen und welche Institution dabei eine führende Rolle übernehmen könnte.“

Wissenslücken müssen geschlossen werden

Ein Ziel dieser riesigen, europäischen Bodenforschungs-Infrastruktur ist, ein Verständnis zu schaffen, wie man unter verschiedenen Klima-, Boden- und Grundgesteinsbedingungen am besten Humus im Boden speichern kann. Dafür soll ein Netzwerk von Versuchsflächen und Bodenuntersuchungslaboren in Europa aufgebaut werden, das nach gleichen Prinzipien arbeiten und eine europaweite Datenbank erstellen soll. „Ich glaube, dass sich die Landwirtschaft durch dieses Projekt grundlegend ändern wird“, gibt sich Zechmeister-Boltenstern zuversichtlich. Wenn es in den ersten fünf Jahren gelänge, nur ein Drittel von den aktuellen Wissenslücken zu füllen, könnte die Forschung den Landwirten neue Methoden zur Verfügung stellen, die ihnen für ihre Bodenbewirtschaftung Vorteile bringen und gleichzeitig die Umwelt und das Klima schützen würde – vom Anbau über Maßnahmen, die Böden klimaresilienter machen bis hin zu finanziellen Überlegungen.

Drei vielversprechende Projekte

Das Team um Sophie Zechmeister-Boltenstern arbeitet bereits an drei in diesem EU-Programm beteiligten Projekten für Bodengesundheit und Ernährung, die von den Instituten für Bodenforschung, Ingenieurbiologie und Pflanzenbau interdisziplinär durchgeführt werden. Im Projekt CarboSeq werden Karten des SOC-Sequestrierungspotenzials (SOC= Soil Organic Carbon, also organisch gebundener Kohlenstoff im Boden) für verschiedene Bewirtschaftungsoptionen erstellt. Das Projekt SCALE soll Datensätze, Beobachtungs- und Modellierungstechniken harmonisieren und Lücken schließen. Im Projekt ∑OMMIT werden Lösungsansätze für die Erhöhung von Bodenkohlenstoffvorräte und für die Reduktion von Treibhausgasemissionen und Nitratauswaschungen verschiedener Bodenbewirtschaftungsoptionen verglichen und bewertet.

Kommenden Freitag, den 16. April, veranstalten die österreichischen B5-Partner BOKU, AGES, Umweltbundesamt, BFW und BAW einen Online-Informationstag zum EU-Programm EJP SOIL und den österreichischen Aktivitäten. Programm: https://boku.ac.at/wabo/ibf/aktuelles
Registrierung: https://www.termino.gv.at/meet/de/b/409f1a2ac25bd365379bb7caf15bbc9b-61448

Red. MS

- Bildquellen -

  • Boden: agrarfoto.com
- Werbung -
Vorheriger ArtikelTipp: Webinarreihe „Das ist Innovation Farm. Digitalisierung kompakt erklärt.“
Nächster ArtikelNahversorger mit Vorreiterrolle