Wie werden Österreichs Wälder in 100 Jahren aussehen? Palmen im Waldviertel und Pinien an der Donau? „Mit dem Klimawandel werden sich auch unsere Wälder verändern“, prognostiziert Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) und fügt hinzu: „Wir können unsere Wälder nicht mehr so bewirtschaften wie bisher, es ist höchste Zeit, umzudenken. Daher haben wir reagiert und neue Strategien entwickelt.“
Bereits vor einigen Jahren haben die Bundesforste begonnen, sich mit Klimaszenarien zu beschäftigen und die Wälder an den Klimawandel anzupassen. „Die Anpassung der Waldbewirtschaftung ist ein Gebot der Stunde, denn bei Produktionszyklen von 120 Jahren und mehr – so das durchschnittliche Erntealter einer Fichte – drängt die Zeit“, betont der ÖBf-Vorstand.
Mischwälder haben sich in den letzten Jahrzehnten als wesentlich resilienter gegen negative Umwelteinflüsse erwiesen als etwa Monokulturen. „Die Baumartenzusammensetzung wird dabei eine große Rolle spielen. Der Fokus wird auf dem richtigen Baumarten-Mix und der Auswahl geeigneter Baumarten liegen“, unterstreicht Freidhager das Konzept. Grundlage für die zukünftigen Planungen ist das Pariser Abkommen.
Österreichs Wälder in 100 Jahren
„Das Waldbild wird sich verändern, doch es wird bunter und vielfältiger werden! Durch die Klimaerwärmung wird sich auch die Baumgrenze verschieben und nach oben steigen.“ Österreichs häufigste Baumart, die Fichte – oft auch als „Brotbaum“ der Forstwirtschaft bezeichnet -, kommt als Flachwurzler mit Stürmen und Trockenheit zunehmend schlechter zurecht, sie gerät unter Trockenstress. Die Fichte wird deshalb stark zurückgehen, ihr Anteil wird von derzeit rund 60 % langfristig auf etwa 40 % sinken. Trotz ihres Rückgangs wird sie Österreichs häufigste Nadelbaumart bleiben, da sie entlang des Alpenbogens ein ideales Verbreitungsgebiet vorfindet.
Die Lärche hingegen gilt als sturmstabiler. Mit ihren speziellen Herzwurzeln kann sie Windwürfen besser standhalten als die Fichte, ihr Anteil wird sich zukünftig deutlich erhöhen.
Mehr als verdoppeln wird sich auch der Anteil der Weißtanne, die mit ihren zwei bis drei Meter tiefen Wurzeln zu den am tiefsten wurzelnden Nadelhölzern zählt, und mit Trockenheit ebenso besser zurecht kommt als Fichten oder Lärchen. Ursprünglich in heimischen Wäldern weit verbreitet, ist die Tanne in den letzten Jahren stark zurückgegangen, nun wird sie wieder gefördert.
Auch die Buche (Rotbuche), Österreichs häufigste Laubbaumart, verträgt Trockenheit besser – jedoch auch nur in einem gewissen Rahmen. Aufgrund der Klimaerwärmung wird sie sich bis auf 1.500 Meter Seehöhe stärker ausbreiten können, braucht jedoch ein feuchtes Klima.
Insgesamt werden unterschiedlichste Baumarten, die bisher weniger stark vertreten waren, zukünftig eine größere Rolle spielen wie etwa die Zirbe, Eiche oder auch typische Mischbaumarten wie Ahorn oder Linde, da Artenvielfalt im Wald der Zukunft eine größere Rolle spielen wird. „Artenvielfalt ist die beste Risikovorsorge“, unterstreicht Rudolf Freidhager.
Große regionale Unterschiede
Wald ist nicht gleich Wald: Je nach Region, Bodenbeschaffenheit, Mikroklima und Höhenlage können die Veränderungen sehr unterschiedlich sein. Während die Fichte in nicht standortgerechten Verbreitungsgebieten wie dem Wienerwald, Waldviertel oder Pannonikum stark zurückgeht, wird die Eiche im Osten des Landes an Bedeutung gewinnen. Dank Klimaerwärmung wird die Fichte jedoch in höhere Lagen hinaufwachsen und sich nach oben stärker ausbreiten können.
Im niederschlagsärmeren Waldviertel, im Wienerwald, aber auch im Kobernaußer Wald (OÖ) werden Lärchen und Douglasien zunehmen, da sie mit Trockenheit besser zurechtkommen. Die Douglasie gilt als „alter Newcomer“ unter den Baumarten. Ursprünglich heimisch und vor allem in Nordamerika verbreitet, stellt sie an geeigneten Standorten eine schnellwüchsige forstliche Alternative dar, die gewaltige Dimensionen erreichen kann.
In den inneralpinen Regionen wie dem Salzkammergut, in Salzburg, Tirol oder Kärnten werden neben den Lärchen die Tannen als Mischbaumart eine größere Rolle spielen, in manchen Gegenden wie Oberkärnten auch die Zirbe. Aber auch Laubhölzer, allen voran die Buche, werden in gebirgigen Lagen wie dem Oberinntal, der Hochsteiermark oder dem Pongau zunehmen.
Neue Waldbewirtschaftungspläne 2050/2100
Rund 160.000 Waldstandorte wurden genau untersucht – nach Baumarten, Alter, Zustand, Waldboden, Hangneigung, Störereignissen und Seehöhe. Diese wurden mit Klimamodellen verschnitten und daraus neue Bewirtschaftungspläne entwickelt. „Für jedes unserer 120 Forstreviere gibt es Bewirtschaftungspläne bis 2100, die vorgeben, wie die Wälder klimagerecht bewirtschaftet werden“, erläutert Freidhager. Mit diesen langfristigen Plänen sind die Bundesforste auch im europäischen Vergleich zukunftsweisend unterwegs.
Jagd als Schlüssel für Wald der Zukunft
„Die Jagd ist ein wesentliches Element für den Wald der Zukunft – ohne Jagd kein Wald“, bekräftigt Freidhager, „denn junge Bäume können nur dann in ihrer natürlichen Vielfalt wachsen, wenn sie nicht zu sehr von Wildtieren verbissen werden.“
Investitionen in den Wald der Zukunft
Die Investitionen in den Waldbau sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen und betrugen zuletzt rund 14,5 Millionen Euro pro Jahr. Gestiegen sind zusätzlich die Mehrkosten durch den Klimawandel. „Allein 2018 hat uns der Klimawandel durch Schädlingsbekämpfung sowie höhere Ernte- und Logistikkosten rund 23 Millionen Euro gekostet“, stellt Bundesforste-Vorstand Georg Schöppl fest. Bis 2025 sind Aufwendungen von rund 100 Millionen Euro in den Wald der Zukunft geplant“, so Schöppl.