Klausur des Tiroler Bauernbundes: Bodensparen und Wahlgeschehen im Fokus

Ende vergangener Woche fand die Klausur des Tiroler Bauernbundes im Bildungshaus St. Michael in Matrei am Brenner statt. Fachvorträge zum Thema Boden und der Zukunft der Berglandwirtschaft sowie politische Aussichten standen an der Tagesordnung.

Gemeinsam diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Zukunft und Herausforderungen der Tiroler Landwirtschaft.

Was passiert, wenn man nicht mehr mitten im politischen Geschehen ist, sondern nur mehr auf den Zuschauerrängen sitzt, sehe man an den Bauernprotesten in Deutschland, führte Bauernbundobmann LH-Stv. Josef Geisler in seiner Rede vor der Bundesvorstehung des Tiroler Bauernbundes aus. Gerade deshalb sei das Jahr 2024 für die Landwirtschaft so entscheidend: „Die EU-Wahl und Nationalratswahl sind Richtungswahlen. In diesen Gremien werden wesentliche Entscheidungen für die heimische Land-, Forst- und Almwirtschaft getroffen, was auch im Krisenjahr 2023 gerade bei den Themen Wiederherstellung der Natur oder Wolf bewiesen wurde. Daher ist es für uns umso wichtiger, dass Gesinnungsgenossen gewählt werden und uns als Abgeordnete vertreten.“

Versorgungssicherheit und Qualitätsstandards

Neben den Wahlen wolle sich der Tiroler Bauernbund auch Themen wie der Regionalität widmen. Bauernbundobmann Geisler: „Die Bewusstseinsbildung für regionale Lebensmittel stärkt nicht nur die Landwirtschaft, sondern schafft von Arbeitsplätzen bis zur Versorgungssicherheit einen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft.“ 

„Nicht die Produktion von Nischenprodukten muss im Fokus stehen,
sondern die Produktion von Qualitätslebensmitteln für die gesamte
österreichische Bevölkerung.“

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig meint zur regionalen Lebensmittelherstellung: „Natürlich will die österreichische Landwirtschaft hochqualitative Lebensmittel produzieren. Doch unsere Produktionsstandards liegen ohnehin schon über dem EU-Schnitt. Die Forderungen nach noch höheren Standards für die Landwirtschaft widersprechen der Bereitschaft des Konsumenten, die entsprechenden Produktpreise auch abzugelten. Qualität, ja – sie muss aber auch verkaufbar sein. Die besten Produkte bringen uns nichts, wenn sie unleistbar für die heimische Bevölkerung sind und die Herstellungskosten die Bauernfamilien in den Ruin treiben“, stellt Totschnig klar. Die Versorgungssicherheit dürfe in der Debatte nicht vergessen werden. „Nicht die Produktion von Nischenprodukten muss im Fokus stehen, sondern die Produktion von Qualitätslebensmitteln für die gesamte österreichische Bevölkerung“, schließt Totschnig.

Bodensparen versus Flächenverbrauch

Dipl.-Ing. Robert Ortner, Vorstand der Abteilung Raumordnung und Statistik beim Amt der Tiroler Landesregierung, informierte die Funktionäre über einen Jahresschwerpunkt des Tiroler Bauernbundes: den Umgang mit Grund und Boden. Tirol attestierte er einen guten Weg im Österreich-Vergleich – die Flä-cheninanspruchnahme sei z. B. im Burgenland dreimal so hoch. Zusätzlich betrage die Flächenversiegelung mit weniger als zwei Prozent der Landesfläche bzw. rund 14 Prozent des knappen Dauersiedlungsraums. Im Vergleich seien 24 Prozent des Dauersiedlungsraums durch die Ausweisung landwirtschaftlicher Vorsorgeflächen dauerhaft der Lebensmittelversorgung
vorbehalten. Als die Herausforderungen und Themen der Zukunft sieht der Experte den Umgang mit Photovoltaikanlagen im Freiland, die Flächeninanspruchnahme durch den Verkehr und die Nutzung unproduktiver Flächen für den Bau.

Der für Raumordnung zuständige LH-Stv. Josef Geisler führt aus: „Der sorgsame Umgang mit Grund und Boden wird Bauern schon über Generationen weitergegeben – schließlich handelt es sich bei der knappen Ressource um die Grundlage der Landwirtschaft.“ PV-Anlagen im Freiland sieht der Bauernbundobmann kritisch: „Auch im Zuge der Energiestrategie des Landes halten wir uns bei der Aufstellung von PV-Anlagen erst an bereits versiegelte Flächen wie Dächer. Am Beispiel anderer Bundesländer sieht man bereits den Kampf der Bauern mit den Energieproduzenten um Pachtflächen. Um nicht verdrängt zu werden, müssen wir uns gegen die Nutzung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen stellen.“

Bäuerliche Zukunft aus Tiroler Sicht

Eingebunden wurden die Funktionäre auch in den Strategieprozess „VISION 2028+“ von Landwirtschaftsminister Totschnig. Agrarwirtschaftsprofessor Dr. Leopold Kirner stellte die Erarbeitung von Lösungsansätzen für die Zukunft der Alm- und Berglandwirtschaft in den Fokus. „Die Möglichkeit, die Perspektive der Tiroler Bäuerinnen und Bauern einzubringen, wird von uns sehr geschätzt. Gemeinsam konnten Herausforderungen, aber auch Entwicklungschancen herausgearbeitet werden“, resümiert Bauernbunddirektor Peter Raggl.

Als dringliche Themen kristallisierten sich in der Diskussion der Teilnehmer die Tierwohl-Debatte, Energiegemeinschaften und die Rolle der Landwirtschaft in der Gesellschaft heraus.

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AUTORHannah Pixner
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