Die verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern auch für die Gastronomie fordern Umwelt- und Tierschützer sowie der Verein „Land schafft Leben“ in einem „offenen Brief“ an die Landwirtschaftsministerin. Elisabeth Köstinger und der Bauernbund wären schon zufrieden, wenn die vor einem Jahr im türkis-grünen Regierungsprogamm festgehaltene Pflicht-Deklaration von Milch, Fleisch und Eiern in Großküchen und in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021 rasch umgesetzt wird, nachdem das Gesundheitsministerium dazu vor Kurzem seinen Widerstand dagegen aufgegeben hat.
Anschober-Vorstoß vorschnell
Der lange erwartete und nun doch vom scheidenden Gesundheitsminister Rudolf Anschober noch Anfang April in der Karwoche vorgelegte Gesetzesentwurf sieht zwar auch eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für die Gastronomie vor, dieser wird von Köstinger und auch vom Bauernbund kritisch gesehen, weil vorschnell. Schon jetzt würden viele Wirte und Hoteliers bei ihren Speiseangeboten Wert auf eine transparente Herkunftskennzeichnung und insbesondere auf die Verwendung von regionalen Lebensmitteln legen. Allein das AMA-Genussregion-Siegel werde bereits von gut 1.000 Gastronomen österreichweit geführt.
„Wenn wir eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung in zwei von drei Bereichen – in Gemeinschaftsküchen und Lebensmittelverarbeitung – schaffen, bedeutet das eine enorme Nachfrage- und damit Absatzsteigerung heimischer Lebensmittel.“
Eine sofortige Inkludierung auch der gesamten Gastronomie würde dagegen die landwirtschaftliche Produktion vor die Herausforderung stellen, auch diese Nachfrage sofort und durchgängig übers Jahr zu bedienen, gibt man im Bauernbund zu bedenken.Daher plädiere man weiterhin auf die freiwillige Kennzeichnung heimischer Agrarprodukte in der Gastronomie, wenn auch „mit attraktiven Anreizen“, um noch mehr Gastronomen und Hoteliers von der Sinnhaftigkeit transparenter Deklaration zu überzeugen.
Gastro-Pflicht nicht vorrangig
Die Pflichtkennzeichnung heimischer Agrarprodukte in der Gastronomie sieht man erst als nächsten „zweiten Schritt“ in die richtige Richtung. „Jetzt müssen Taten folgen, um die Herkunftskennzeichnung – wie im Regierungsprogramm vereinbart – so rasch wie möglich umsetzen zu können“, lautet die Bauernbund-Vorgehensweise.
Denn sowohl Köstinger auch als Tourismusministerin wie der Bauernbund sind überzeugt: „Wir brauchen jedes Dorfgasthaus. Die Gastronomie und der Tourismus durchleiden derzeit durch die Covid-bedingte Schließung eine historische Krise. Es bleibt zu hoffen, dass mittels der aufgelegten Wirtschaftshilfen der Bundesregierung möglich viele Betriebe und damit auch Arbeitsplätze gerettet werden können.“
Das Obwexer-Gutachten
Das Landwirtschafts- und das Gesundheitsministerium haben zur rechtskonformen Umsetzung der verpflichtenden Herkunftskennzeichung in der Gemeinschaftsverpflegung und der Lebensmittelindustrie ein gemeinsames Rechtsgutachten beim Europarechtsexperten der Universität Innsbruck, Univ.-Prof. Walter Obwexer, in Auftrag gegeben. Aus dessen Einschätzung geht hervor, dass in diesen zwei Bereichen eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung möglich ist.
Im Landwirtschaftsmisterium, im Bauernbund und auch in der Landwirtschaftskammer bleibt man daher bei der mehrfach geäußerten Forderung: In einem ersten Schritt sollte jetzt ohne weitere Zeitverzögerung umgesetzt werden, was im Regierungsprogramm 2020 vereinbart wurde. In einem zweiten Schritt können auch Maßnahmen folgen, damit eine transparente Herkunftskennzeichnung – auf freiwilliger Basis – auch in der heimischen Gastronomie verstärkt Anwendung findet. Die durchgängige Versorgung mit heimischen Lebensmitteln sei eine Herausforderung, man sei aber guter Dinge, das zu schaffen.