Die Vermutung, dass sich auch ein zweites Wolfsrudel in Kärnten etabliert hat, wurde mittlerweile von Experten bestätigt.

Vor über einem Jahr ist die Kärntner Wolfsverordnung erstmals in Kraft getreten. Damit gelang es Kärnten, unter Federführung von Agrarlandesrat Martin Gruber, österreichweit eine Pionierrolle einzunehmen. Kein anderes Bundesland hatte vorher Vergrämung und Entnahme von Problemwölfen in dieser Form ermöglicht, nahezu überall sind langwierige Bescheidverfahren die Regel. Mittlerweile wurde auch in Tirol ein ähnlich strenges Pendant umgesetzt, welches voraussichtlich Ende April in Kraft treten soll.

Rudelbildung nimmt an Fahrt auf

Auf Basis der bestehenden Verordnung ist hierzulande Ende Jänner auch der Abschuss einer weiteren „Risikowölfin“ im Lesachtal gelungen, die sich in unmittelbarer Nähe zu bewohntem Gebiet aufgehalten hatte. Vergangene Woche erlangte dann traurige Gewissheit, was vor Ort schon länger vermutet wurde: Mittlerweile ist im Bereich der Kreuzeckgruppe im Mölltal ein weiteres Wolfsrudel aktiv. Das Wolfspärchen, welches mit seinen zwei über zehn Monate alten Jungtieren gemeinsam auftritt, wurde durch den Wolfsbeauftragten des Landes, Roman Kirnbauer, anhand von DNA-Proben an Nutztierrissen und aufgrund ihrer Losung identifiziert. Damit hat Kärnten nach der ersten bestätigten Rudelbildung im September nun sein zweites Rudel, weitere dürften folgen. So wird bei einem Vorfall in Nölbling (Gailtal), bei dem 30 Schafe auf einer geschützten Heimweide getötet wurden, ebenfalls von der Beteiligung von zumindest drei Wölfen ausgegangen. Die Rudelbildung sei laut Experten absehbar gewesen, heißt es. „Dass es so schnell geht, hat aber doch jeden verblüfft“, lautet der Tenor in Klagenfurt.

Praxisorientierte Novelle

Die Nachschärfung der Wolfsverordnung gelang Gruber wohl zur rechten Zeit. „Die rechtlichen Möglichkeiten sind schon sehr weit ausgeschöpft. Um auf Erfahrungen des ersten Umsetzungsjahres zu reagieren, haben wir trotzdem noch ein paar Schrauben strammer angedreht“, so der Landesrat. Das Grundkonzept der Verordnung bliebe aber gleich, denn sie funktioniere, wie Gruber betont. Seit Jänner dürfen in Kärnten Vergrämungsschritte durch optische und akustische Signale durch jedermann gesetzt werden, nicht mehr nur von Grundeigentümern und Jägern. „Wir wollten der Bevölkerung die Möglichkeit geben, noch rascher zu reagieren, deshalb diese Änderung“, hält Gruber fest.
Weiters wurden die Risszahlen angepasst, die für die Einstufung als Schadwolf notwendig sind. Hier wird nun je nach Tierart differenziert und auch die jeweils durchschnittliche Herdengröße herangezogen. Außerdem wurde die Zahl der insgesamt gerissenen Nutztiere, ab der ein Wolf als Schadwolf gilt und damit zum Abschuss freigegeben werden kann, nach unten korrigiert.

LR GruberQuelle: Büro LR Gruber
Martin Gruber sieht den rechtlichen Rahmen nun ausgeschöpft.
Risikowolf ab Riss eins

Eine Besonderheit der Verordnungsnovelle ist, dass nun auch auf Extremereignisse, wie sie sich im Vorjahr im Gailtal ereigneten, prompt reagiert werden kann. „In einem solchen Fall kann der Wolf nun sofort vom Rissbegutachter als Risikowolf eingestuft werden, der dann zu erlegen ist“, erklärt Gruber. Zuvor musste ein Wolf mehrmals auffällig werden, damit er offiziell als Risikowolf galt. Bei solchen Ausnahmefällen, wie eben im Gailtal, gilt ein Wolf aber nun auch dann als Risikowolf, wenn er erstmalig Nutztiere tötet, die sachgerecht geschützt waren.

Evaluierung noch 2023

Auf Landesebene habe man mit der Novellierung der Verordnung nun den Plafond erreicht, so der Agrarreferent und ergänzt: „Alles Weitere muss jetzt auf EU-Ebene passieren.“ Eben dort sorgte ein – vergangene Woche öffentlich gewordenes – internes Papier der EU-Kommission für einen Hoffnungsschimmer. Dem Schreiben zufolge soll der Schutzstatus des Wolfs gemäß der EU-Fauna-Flora- Habitat-Richtlinie (FFHRichtlinie) bereits heuer mittels Tiefenanalyse evaluiert werden. Stein des Anstoßes war unter anderem die von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig im November initiierte Resolution zur Thematik. „Vielleicht führt all das dann zu einem Umdenken auf europäischer Ebene – es wäre dringend notwendig“, so Agrar- und Jagdreferent Gruber .  

- Bildquellen -

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AUTORRed. CW
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