Mit dem Amt des Zweiten Landtagspräsidenten, das er seit 9. Dezember 2021 innehatte, hat Karl Moser seine politische Karriere gekrönt. Nun geht der überzeugte Bauernbündler in den wohlverdienten Ruhestand und zieht zufrieden Bilanz.
Abschied nach mehr als 40 Jahren in der Politik: Was überwiegt, Wehmut oder Freude auf den neuen Lebensabschnitt?
MOSER: Ich habe mir den Zeitpunkt meines Rückzuges selber ausgesucht, weil es für mich einfach passt. Ich darf auf eine schöne und erfolgreiche Zeit zurückblicken und zufrieden Bilanz ziehen. Dadurch überwiegt eher die Freude auf einen neuen Lebensabschnitt, auch wenn ich immer mit ganzem Herzen und vollem Engagement Politik gemacht und mitgestaltet habe.
Was hat Sie damals bewegt in die Politik zu gehen? Kann man diesen Schritt planen?
Planen kann man das nicht. Ich habe in meinem ganzen Leben niemals eine Funktion oder ein Amt angestrebt, sondern bin jedes Mal gefragt worden, weil es Menschen gab, die mir etwas zutrauten.
Beginnend mit der Gründung des Betriebsleiterringes, einer Vorläuferorganisation des heutigen Maschinenringes, habe ich mich in verschiedenen Genossenschaften sehr stark für die Anliegen der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt und mir bald einen Ruf als „Stimme für die Bauern“ erarbeitet. Der Einstieg in die Politik ist dann als Landeskammerrat in der bäuerlichen Interessensvertretung gekommen. Schon bald darauf kam der Ruf aus der Gemeindepolitik und ich bin als geschäftsführender Gemeinderat und später als Bürgermeister meiner Heimatgemeinde auch auf kommunaler Ebene aktiv geworden.
1993 wurden Sie schließlich in den NÖ Landtag gewählt.
Die Volkspartei hat damals über eine Vorwahl, bei der nicht nur Parteimitglieder, sondern alle Wählerinnen und Wähler mitmachen durften, die Kandidatinnen und Kandidaten für den Landtag ausgewählt. In meinem Wahlkreis habe ich viel Zuspruch auch über die Parteigrenzen hinaus erhalten und habe schließlich am 9. Juni 1993 mein Mandat im NÖ Landtag angetreten.
30 Jahre aktiv in der Gemeindepolitik, 30 Jahre im NÖ Landtag:
Gibt es Themen, die sich durch all diese Jahren ziehen?
Mir war in meiner politischen Arbeit immer besonders wichtig, die Interessen der Land- und Forstwirtschaft mit Nachdruck zu vertreten, damit unsere Bäuerinnen und Bauern auf allen Ebenen und allen Gremien eine starke Stimme haben. Und darüber hinaus war es für mich von großer Bedeutung, Kooperationen und damit die Zusammenarbeit unter den Betrieben zu fördern, um Synergien zu nutzen und Kosten zu sparen. Und nicht zuletzt haben mich über die ganzen Jahre hinweg die Themen Energiewirtschaft und Erneuerbare Energien sowie Nachhaltigkeit beschäftigt.
Unter ihrer Ägide ist ja bereits 1986 die erste eingetragenen bäuerliche Fernwärmegenossenschaft Niederösterreichs in Yspertal entstanden und viel an Pionierarbeit geleistet worden.
Damals gab es diese Anlagen noch nicht fertig zu kaufen. Da haben wir maßgeblich an deren Entwicklung beigetragen. Dazu ist gekommen, dass sich niemand vorstellen konnte, dass ganze Gebäudekomplexe wie Schulen oder Hallenbäder mit Holz aus der Region beheizt werden können. Trotzdem haben wir damals schon gesagt „Raus aus Öl“ und neben der technischen Umsetzung der Anlage viel an Meinungsbildung und Überzeugungsarbeit in der Gesellschaft geleistet. Wir haben trotz aller Risken an diese Technik geglaubt und Recht behalten. Das Thema ist aktueller denn je.
Was würden Sie als Ihren größten politischen Erfolg sehen?
Ich möchte da nicht ein einzelnes Projekt hervorheben. Ich freue mich, dass bei vielen Projekten, die maßgeblich zur Weiterentwicklung in Niederösterreich und in meiner Region beigetragen haben, meine Handschrift zu erkennen ist.
Gerade das Thema Nachhaltigkeit hat bei der Gründung der HLUW (Anmerkung der Redaktion: Höhere Lehranstalt für Umwelt und Wirtschaft) in Yspertal eine große Rolle gespielt. Von Null weg konnte ich gemeinsam mit dem Stift Zwettl diesen neuen unikaten Schultyp entwickeln. Es ist eine Schwerpunktschule für Umwelt und Wirtschaft, die europaweit Beachtung findet. Rund 400 Schülerinnen und Schüler werden ausgebildet und die Absolventen sind am Arbeitsmarkt gefragt. Das zeigt uns, dass wir auch hier mit unserer Einschätzung richtig gelegen sind.
Nicht weniger wichtig war es aber auch, die Landesausstellung nach Pöggstall und damit in unsere Region zu bringen. Da ist so viel an Regionalentwicklung geschehen, von der Restaurierung des Schlosses über Investitionen in die Infrastruktur bis hin zu Impulsen im nachhaltigen Tourismus. Die Errichtung der Donaubrücke in Pöchlarn hat maßgeblich zur Erschließung unserer Region und damit zum wirtschaftlichen Aufschwung beigetragen. Und nicht zu vergessen, die vielen Kulturprojekte, beispielsweise die Schallaburg, um nur ein Highlight zu nennen, die umgesetzt wurden.
Sie waren damit in vielen Themen Ihrer Zeit voraus und sind somit, wie es eine Zeitung schon vor Jahren genannt hat, zum „Mister Ländlicher Raum“ avanciert. Und trotzdem hört man viel von Landflucht und wachsenden Städten. Hat der Ländliche Raum überhaupt Zukunft?
Ich war immer ein Verfechter des Ländlichen Raumes, der Regionen und der regionalen Wirtschaft. Die Pandemie der vergangenen Jahre hat hier eine klare Gegenbewegung zur Landflucht ausgelöst, wie die starke Nachfrage nach Wohnungen in unserer Region zeigt. Die Digitalisierung birgt großes Potential, damit die Menschen nicht nur bei uns leben, sondern auch arbeiten können. Die Zukunft liegt für mich im Ländlichen Raum und nicht in der Stadt.
In welchem Bereich hat sich Niederösterreich am meisten geändert
in den 30 Jahren, die Sie politisch mitgestaltet haben?
Das Land ist in allen Bereichen viel moderner geworden – von Landwirtschaft über die Wirtschaft bis in die Gesellschaft. Als Beispiel möchte ich nur die Bauwirtschaft anführen, wo moderne Architektur gepaart mit Energieeffizienz großen Einfluss auf die weitere Entwicklung genommen hat.
Oder auch die Mobilität: Wer hätte sich vor 40 Jahren vorstellen können, welche Bedeutung E-Mobilität für uns gewonnen hat. Gerade hier wird sich vieles noch weiterentwickeln.
Sie waren knapp 30 Jahre alt, als sie in die Politik eingestiegen sind. Mittlerweile hört man so viel über Politikverdrossenheit der Jugend. Würden Sie die Entscheidung heute wieder so treffen?
Ja, auf alle Fälle. Ich möchte keinen Tag meiner politischen Arbeit missen und würde die Herausforderung wieder annehmen.
Wenn sich ein junger Mensch heute für Politik interessiert. Was muss er mitbringen, um erfolgreich zu sein?
Vernunft, Hausverstand, starke Wurzeln und Mut, Entscheidungen zu treffen und Neues zu wagen. Denn die Vergangenheit zu verwalten ist zu wenig, um die Zukunft zu meistern.
KARL MOSER GANZ PRIVAT
Politik bedeutet für mich … miteinander und für die Menschen zu arbeiten
Niederösterreich ist für mich … eine Modellregion in Europa
Weiß- oder Rotwein? Grün (lacht), Weißwein, es muss unbedingt ein Grüner Veltliner sein
Diese drei Eigenschaften schätze ich besonders … Ehrlichkeit, Offenheit, Weitblick
Darauf freue ich am meisten im neuen Lebensabschnitt … mehr Freizeit und Sport
Das letzte Buch, dass ich gelesen habe … „Gespräche zwischen Metaversum und Hobelbank“ von Stephan Pernkopf
Was ich auf alle Fälle wieder so machen würde, müsste ich mein Leben noch einmal leben … fast alles
Diese drei Dinge würde ich auf eine einsame Insel mitnehmen … ein Taschenmesser, ein Feuerzeug und ein Radio. Anreisen würde ich mit einem Segelboot.
- Bildquellen -
- Karl Moser: NÖ BB/Erich Marschik