Bei Wintergerste, Roggen und Triticale gab es 2016 nur sehr vereinzelt Winterschäden. Jedoch führte der Kälteeinbruch Ende April bei diesen Arten an einigen Orten zu teilweise sterilen Ähren. Während der unbeständigen Wetterphase ab Mitte Mai fielen im Alpenvorland Niederschlagsmengen, die besonders bei Wintergerste zu Schäden und zum vorzeitigen Absterben der Wurzeln führten. Es trat auch deutlich mehr Lagerfrucht auf als in den vergangenen Jahren. Bei Wintergerste dominierten im Alpenvorland die Ramularia-Sprenkelkrankheit, Nichtparasitäre Blattflecken sowie Zwergrost. Im Trockengebiet war die Krankheitsbelastung geringer. Bei Roggen schädigte mitunter Braunrost. Schwarzrost kam hingegen erst recht spät und wirkte sich wenig aus. Bei Triticale waren die bedeutendsten Krankheiten sorten- und standortabhängig Mehltau, Gelbrost und Rhynchosporium-Blattflecken.
Zweizeilige Futtergersten weiter von Interesse
Die spätreifende Caribic kombiniert Blattgesundheit und Standfestigkeit (Note 2). Ertraglich führt sie das zweizeilige Sortiment an, hat jedoch eine etwas schwächere Kornsortierung. SU Vireni (Lagerung 3) konnte besonders heuer ihre gute Strohstabilität und hohe Ertragsleistung ausspielen. Valentina (Lagerung 4) reift mittelfrüh bei kurzem Wuchs. Keine andere Zweizeilige übertrifft sie in der Widerstandskraft gegen Mehltau, Zwergrost und Rhynchosporium. Im Trockengebiet reichen ihre Erträge an manche Mehrzeilige heran. Die kurzwüchsige Anemone kombiniert gute Standfestigkeit (Note 3), hohe Strohstabilität mit guten Ertragsleistungen. Sandra (Lagerung 4) wird weniger durch viröse Verzwergung und Mehltau geschädigt, Zwergrost kann aber vermehrt auftreten. Sie zeichnet sich durch einen hohen energetischen Futterwert aus. Arcanda (Lagerung 4,5) hat den Vorteil der frühen Reife, auf Netzflecken ist zu achten. Ihr Hektolitergewicht ist ähnlich hoch wie bei Caribic. Die weniger auswinterungsgefährdete Estoria (Lagerung 3) ist für das Mühl- und Waldviertel sowie für Oberösterreich vorgesehen. Hannelore (Lagerung 2) und Reni (Lagerung 5) sind aufgrund ihrer guten Kornausbildung und guten Strohstabilität nach wie vor verbreitet. Ertraglich erreichen sie neuere Sorten oft nicht.
Klares Bekenntnis zur Winterbraugerste
Bei Winterbraugerste verlief die Saison 2016 wie die vorangegangenen zwei Saisonen meist positiv. Die Erträge waren mehrheitlich gut und, auch die Eiweißgrenze von zwölf Prozent wurde großteils unterschritten. Teilweise waren die Proteingehalte sogar zu niedrig und lagen unter 9,5 Prozent. Zu Beginn der heurigen Ernte gab es große Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklung von Winterbraugerste, da ein großer Teil der Ernte 2015 noch nicht vermälzt war. Die Lage entspannte sich, da durch die geringere Braugerstenernte in Frankreich großer Bedarf an geeigneter Ware besteht. Vonseiten der Mälzereien und Brauereien gibt es weiterhin ein klares Bekenntnis zur Winterbraugerste. Für 2017 will die Stadlauer Malzfabrik rund 46.000 t Winterbraugerste übernehmen. Verträge soll es auf dem Niveau des Vorjahres geben.Neben den EU-Sorten Malwinta und SY Tepee werden folgende, in Österreich zugelassene Sorten angeboten: Bei der blattgesunden und gut sortierenden KWS Scala sollte auf die knappe Standfestigkeit (Note 7) geachtet werden. Monroe reift etwas später, ist etwas längerhalmig, aber standfester (Note 6). Ertraglich liegt sie mehrjährig um sieben Prozent über KWS Scala und Malwinta. Von der Neuzüchtung Axioma (Lagerung 7) werden derzeit Großbrauversuche durchgeführt.
Mehrzeilige beim Ertrag voran
KWS Tonic (Lagerung 4) bewies heuer in allen Gebieten ihr enormes Ertragspotenzial. Sie reift mittelspät und besitzt eine ausgewogene Blattgesundheit. Azrah ist trotz eines mittellangen Wuchses gut standfest (Note 3) und blattgesund. Nur von Mehltau kann sie etwas mehr befallen werden. Ertraglich überzeugte sie in allen Regionen. KWS Meridian ging in diesem Jahr öfter ins Lager (Note 5,5) und blieb etwas unter ihrem Potenzial. Sie besitzt eine überdurchschnittliche Widerstandskraft gegen Blattkrankheiten und eine mittlere Reife. Carmina (Lagerung 6) hat aufgrund ihrer frühen Reife den Schwerpunkt im Trockengebiet. Sie kann Blattkrankheiten gut widerstehen, ist jedoch nur mäßig halmstabil. Die mittel standfeste (Note 5) Henriette brachte vielerorts hohe Erträge mit guter Kornausbildung. Sie besitzt eine ausgewogene Krankheitstoleranz. Die etwas später reifende Semper zeichnet sich durch Standfestigkeit (Note 3) und eine geringere Anfälligkeit für Ramularia aus. Auch von den anderen Blattkrankheiten wird sie weniger befallen. Christelle (Lagerung 4,5) hat ihren Schwerpunkt in weniger auswinterungsgefährdeten Anbaulagen. Sie erzielt ihre Erträge mit einer geringen Bestandesdichte von 500 bis 600 Ähren/m2 und einer hohen Kornzahl pro Ähre. Fridericus (Lagerung 5) punktet durch eine besondere Winterhärte.
Bei Hybridgersten besteht noch Züchtungspotenzial
Bei Wintergerste ist der Ertragsvorteil von Hybridsorten im Vergleich zu Liniensorten ganz anders als bei Roggen. In der österreichischen Wertprüfung zeigt sich seit vielen Jahren, dass Hybridgersten die leistungsstarken mehrzeiligen Liniensorten nur vereinzelt übertreffen. Auch bei einer an die Hybridgersten angepassten Bestandsführung (mittlere bis spätere Saatzeit, Fungizid- und Wachstumsreglereinsatz) ändert sich daran wenig. Als Kaufanreiz wurde teilweise der Saatgutpreis gesenkt; die zusätzlichen Betriebsmittelkosten müssen jedoch bei der Sortenwahl mitberücksichtigt werden. Züchter arbeiten aber an der Hybridgerste, und so sind neuere Sorten bereits besser als die vor ein paar Jahren eingeführten Sorten. Die Hybridgerste SY Leoo (Lagerung 5) sollte in der Totreife möglichst bald geerntet werden, um Ertragsverluste durch Ährenknicken zu vermeiden. Wootan liegt zwar ertraglich etwas über SY Leoo, geht aber leichter ins Lager (Note 6). Bei beiden Hybridgersten ist auf Zwergrost zu achten. Daneben wird auch Saatgut der EU-Sorten Hobbit und Trooper angeboten.
Populationsroggen versus Hybridroggen
Roggen wird vorrangig im Mühl- und Waldviertel sowie im pannonischen Trockengebiet angebaut. Aufgrund niedriger Preise sinken seit mehreren Jahren die Anbauflächen.In der Gruppe der Populationsroggen ist Dukato (Lagerung 5) ertragstreu und für alle Regionen geeignet. Dankowskie Opal ist mittelstandfest (Note 5) und zeichnet sich durch seine mittelgute Blattgesundheit aus. Der winterfeste Conduct erzielt seine Erträge aus dichteren Beständen und ist weniger standfest (Note 6). Bei ihm tritt Mutterkorn seltener auf. Marcelo (Lagerung 6) kann von Schwarzrost stärker geschädigt werden. Der mittelfrüh reifende Elego (Lagerung 6) liefert in allen Anbaugebieten relativ stabile Erträge. Amilo (Lagerung 5) besticht mit guter Auswuchsfestigkeit und Kornqualität. Von der Neuzüchtung Elias (Lagerung 6) gibt es noch wenig Saatgut.Die Hybridroggenzüchtung macht weiter Fortschritte. Hybridroggen bringen bei gleicher Bewirtschaftung auf mittleren bis guten Standorten durchschnittlich zehn bis 22 Prozent höhere Erträge als Populationssorten. Die spätreifen Sorten KWS Binntto, KWS Eterno und KWS Florano wurden im Dezember 2015 zugelassen. Mit Ausnahme von KWS Eterno (Lagerung 6) sind sie gut bis mittelgut standfest (Note 3 bzw. 4) und haben ein enormes Ertragspotenzial. Bei KWS Bono (Lagerung 5) ist wie auch bei den älteren Hybriden auf Braunrost zu achten. Er wird vorrangig im pannonischen Trockengebiet angebaut.KWS Gatano ist mäßig standfest (Note 7), erzielt seine hohen Erträge mit sehr dichten Beständen und hat eine gute Blattgesundheit. Mutterkorn tritt bei ihm seltener auf. Der etwas früher reife SU Performer zeichnet sich durch hohe Fallzahlen und gute Amylogrammeigenschaften aus. Bei den mittelgut bis mittel standfesten (Note 4 bzw. 5) KWS Rhavo, Guttino, Bellami, Brasetto und Gonello besteht eine höhere Infektionsgefahr durch Braun- und Schwarzrost. Die älteren Hybriden können ertraglich mit den neueren Sorten nicht mehr mithalten. Bellami, Gonello und Guttino glänzen jedoch durch gute Fallzahlen und hohe Amylogrammwerte.
Wintertriticale ertraglich vor Weizen
Triticale erzielte im direkten Vergleich mit ertragsstarken Weizensorten im Mittel um vier bis sechs Prozent höhere Erträge. Die einzelnen Triticalesorten unterscheiden sich in ihren Eigenschaften jedoch stark. In der derzeit noch anhaltenden Gelbrostepidemie ist das Verhalten der Sorten gegenüber dieser Krankheit entscheidend. Während Elpaso, Trimmer und die EU-Sorte SW Talentro stark bis sehr stark von Gelbrost infiziert werden können, wird Agostino nur wenig befallen. Der kurzwüchsige Agostino (Lagerung 4) wird neben Gelbrost auch wenig von Braunrost und Mehltau befallen, litt 2016 aber mehr unter Rhynchosporium. Seine Erträge erzielt er aus dichten Beständen. Der spätreife Borowik ist trotz des hohen Wuchses mittelgut standfest (Note 4) und eignet sich für alle Lagen. Claudius führt trotz seiner mäßigen Standfestigkeit (Note 6) ertraglich das Sortiment an. Er erzielt seine Erträge aus einer sehr hohen Kornzahl je Ähre. Seit vergangener Saison reagiert er auf Gelbrost etwas stärker; auf seine erhöhte Auswuchsneigung ist zu achten. Cosinus (Lagerung 5) ist widerstandsfähig gegen Schneeschimmel. Er erwies sich heuer als besonders leistungsstark, obwohl seine Blattgesundheit in den letzten Jahren geringer geworden ist. Der frostresistente Elpaso (Lagerung 5) kann sehr stark von Mehltau befallen werden. Die Neuzüchtung Kaulos kombiniert kurzen Wuchs und mittelgute Standfestigkeit (Note 4) mit hohen Erträgen. Zu lange Schneebedeckung verträgt er weniger gut. Der standfeste Mungis (Note 3) verlangt aufgrund der hohen Mehltauanfälligkeit eine angepasste Fungizidstrategie. Polego und Presto glänzen durch ihre beachtliche Winterhärte, bleiben ertraglich gegenüber neueren Sorten jedoch zurück. Triamant (Lagerung 4) bringt verlässlich gute Erträge in allen Anbaulagen. Der langhalmige Tricanto eignet sich für weniger N-intensiv geführte Standorte (Lagerung 6). Eine ähnlich geringe Standfestigkeit (Note 6) besitzt der frühreife Trimmer. Auf Mehltau und Gelbrost ist zu achten. Tulus überzeugt mit guter Winterhärte und guter Halmstabilität (Note 4). Die EU-Sorten Adverdo und Remiko wurden zweijährig an sechs Standorten (mit und ohne Fungizid bzw. biologisch) getestet. Dabei zeigte sich, dass sie den in Österreich zugelassenen und geprüften leistungsfähigen Sorten im Mittel um 24 Prozent unterlegen waren. Dies unterstreicht die Bedeutung österreichischer Ergebnisse für die Anbauempfehlung.
Verfügbare Sorten für Biobetriebe
timent steht für Biobetriebe Saatgut von Arcanda, Estoria, Reni und Sandra zur Verfügung. Für die Produktion von Biomalz gibt es die Sorten KWS Scala und Monroe. Im mehrzeiligen Sortiment steht Biosaatgut von Carmina, Christelle, Henriette, KWS Meridian, KWS Tonic und Semper bereit. Bei Roggen ist Biosaatgut von Amilo, Conduct, Dankowskie Opal, Dukato, Elego, Lungauer Tauern 2, Marcelo, Oberkärntner und Schlägler vorhanden. Die Grünschnittroggen Beskyd und Protector können auch in Bioqualität bezogen werden. Für die Erzeugung von Biotriticale steht Saatgut von Borowik, Claudius, Cosinus, Mungis, Presto, Triamant, Tricanto, Trimmer, Tulus und von der EU Sorte SW Talentro bereit. Die aktuelle Verfügbarkeit ist im Internet in der Biosaatgutdatenbank abrufbar:
www.ages.at/service/ service-landwirtschaft/agrar-online-tools/bio-saatgutdatenbank/
Richtige Sortenwahl
Bei niedrigen Produktpreisen ist genau zu überlegen, ob eine Fungizidbehandlung wirtschaftlich sinnvoll ist. Im Trockengebiet zahlt sich bei Wintergerste mit einer gesunden, standortangepassten Sorte ein Fungizideinsatz oft nicht aus. Bei Roggen und Triticale hängt die Wirtschaftlichkeit stark von der Rostanfälligkeit der Sorte und dem Krankheitsdruck ab. Als interaktive Möglichkeit, um die richtige Sorte zu finden, stellt die Ages im Internet den Sortenfinder zur Verfügung: www.ages.at/service/service-landwirtschaft/agrar-online-tools/sortenfinder. Mit verschiedenen Auswahlkriterien lassen sich die für die jeweilige Region bzw. den Betrieb passenden Sorten herausfiltern und vergleichen.
Dipl.-Ing. Clemens Flamm,
Ing. Willibald Prieler (Ages Wien),
Dipl.-Ing. Wolfgang Deix (Lako Tulln)